Sterntaler: Thriller (German Edition)
weh.«
Er wollte aufstehen, zu ihr gehen und sie in den Arm nehmen. Doch er blieb sitzen. Eine unbestimmbare Furcht hielt ihn zurück. Was würde geschehen, wenn er sie in seinen Armen halten würde?
Dann würde ich ihren Wunsch erfüllen und die ganze Nacht bleiben.
»Wieso bloß hat sie nicht erzählt, dass sie schwanger war?«
»Vielleicht hat sie sich geschämt?«
Diana setzte sich auf. »Das ergibt keinen Sinn. Wenn sie es nicht behalten wollte, hätte sie es doch abtreiben können.«
»Wir haben Grund zu der Annahme, dass sie eine Abtreibung in Erwägung gezogen hat.«
»Aber sie war doch schon im vierten Monat!«
Darauf hatte Alex keine Antwort.
»Wir haben ihren Tutor verhört«, sagte er stattdessen.
Diana zog die Augenbrauen hoch und wischte sich die Tränen ab. »Der, über den wir am Telefon gesprochen haben?«
»Ja.«
»Sie war sehr unzufrieden mit ihm.«
»Das wissen wir.«
»Glaubt ihr, dass er sie ermordet hat?«
»Nein, das glauben wir nicht. Zum einen hat er ein wasserdichtes Alibi, zum anderen gibt es kein plausibles Motiv.«
Diana ließ sich wieder auf ihre Kissen sinken. »Sie war von ihrem Thema besessen. Sie wollte um jeden Preis Thea Aldrins Namen reinwaschen.«
Alex versuchte, sich an die Geschichte von Thea Aldrin zu erinnern. »Sie ist wegen Mordes an ihrem Expartner verurteilt worden, war es nicht so?«
Diana nickte und sah bedauernd auf die leere Weinflasche.
»Es war sicher ungewöhnlich und auch anstrengend für eine Studentin der Literaturwissenschaft, einen dreißig Jahre alten Mord aufklären zu wollen, für den die Täterin längst verurteilt worden war.« Er lächelte, wollte nicht herablassend klingen.
Diana erwiderte sein Lächeln schwach. »Das habe ich auch gesagt. Aber da hat mir Rebecca nur entgegengehalten, ich wäre wie alle anderen und hätte nicht verstanden, dass eigentlich Thea Aldrin das Opfer war, die ihren Mann, ihre Ehre und ihre Karriere verloren hatte. Und ihren Sohn.«
»Das klingt nach einem typischen jungen Menschen. Sie wollen immer nur Gutes von allen denken.«
Diana holte tief Luft. »So hat unser Streit begonnen.«
»Mit Thea Aldrin?«
»Weil ich das gesagt habe, was du sagst. Dass es typisch für junge Leute ist… Da ist sie total ausgerastet. Sie meinte, Thea Aldrin sei einem der schlimmsten Rufmorde der schwedischen Geschichte zum Opfer gefallen, und das wäre nie geschehen, wenn sie nicht alleinstehend und eine Frau gewesen wäre.«
Alex legte den Kopf an die Rückenlehne des Sessels. Er sollte nach Hause gehen. Jetzt gleich. »Was hatte das denn mit der Sache zu tun? Dass sie alleinstehend und eine Frau war? Soweit ich weiß, waren die Beweise erdrückend.«
Diana machte eine resignierte Geste mit den Händen. Hübsche, weibliche Hände waren es, die sich sicher gut anfühlten, dachte er.
»Es war all das, was vorher passiert war, worauf Rebecca ansprang. Dass Thea Aldrin mit Merkurius und Asteroid zu tun gehabt haben soll. Man kann die zwei Schriften wohl kaum Bücher nennen. Eher die Wahnsinnsschilderungen ekelhafter Morde in Romanform.« Sie verzog das Gesicht.
Alex konnte ihr nicht mehr folgen. Müde schielte er auf seine Armbanduhr. »Ich fürchte, ich habe weder Pluto noch Venus gelesen, aber jetzt muss ich nach Hause.«
Diana lachte leise. »Merkurius und Asteroid hießen sie. Und es ehrt dich, dass du sie nicht gelesen hast.« Ihr Blick suchte den seinen. »Bist du ganz sicher, dass du gehen musst?«
»Ja.«
Sie wurde ernst. »Vielleicht bleibst du ja ein andermal.«
Er schluckte. »Ja, vielleicht.«
Sie brachte ihn zur Tür. »Ihr müsst ihn finden, Alex.«
»Natürlich. Du wirst nicht mehr lange warten müssen, bis du erfährst, wer es war.«
Als er sich ins Auto setzte, war sein Körper bleischwer. Das Versprechen Diana gegenüber hing ihm wie ein Joch über den Schultern. Er drehte den Zündschlüssel herum und fuhr rückwärts aus der Garageneinfahrt.
Es war fast zwei Uhr, bald würde es Morgen werden.
Dem Himmel sei Dank.
25
DIE PFLEGEHELFERIN WEIGERTE SICH , STILL ZU SEIN . Obwohl es erst früh am Morgen war, redete sie wie ein Wasserfall und so laut, dass Thea schon fürchtete, die Tapeten würden sich gleich von den Wänden lösen. Sie schloss die Augen.
»Oje, sind Sie müde?«, hörte sie die Helferin sagen. »Ojemine, und ich stehe hier und rede.«
Ohne darum gebeten worden zu sein, fing sie an, Theas Kopfkissen aufzuschütteln. »Soooo. Ist es jetzt besser?« Sie sah Thea an. »Es ist
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