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Stille Seele (German Edition)

Stille Seele (German Edition)

Titel: Stille Seele (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leonie Lastella
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reagierte, wie Jakob es vermutet hatte. Er err ötete und fuhr sich fahrig über die Nasenspitze, wobei er seine Brille zurechtrückte. „Ich werde das gleich überprüfen. Wenn das Konto gedeckt ist, dürfte es sich um ein Missverständnis handeln, das wir natürlich umgehend klären werden. Warten Sie einen Moment!“ Er wandte sich um, huschte zu seinem Schreibtisch und suchte im Computer nach einer Telefonnummer, die er nur Sekunden später in die Tastatur seines schnurlosen Telefons hackte.
    Jakob hörte, wie er die Daten von Jakobs fehlgeschlagenem Ve rsuch, an Geld zu kommen, auf seinem Computer auslas, durchgab und dann übertrieben nickte. Ein Danke, wieder ein Nicken, bevor er auflegte und mit einem süffisanten Lächeln an den Tresen zurückkehrte.
    „Mr. Atwood, Ihre Karte ist eingezogen worden, weil die Konten eingefroren wurden. Ein Problem mit Ihrem ehemaligen Arbeitgeber, der der einzige Einzahler auf diesem Konto war und damit das Recht hat, bis zur Klärung des Sachverhalts seine Leistungen einzufrieren oder auch zurückzufordern. Es tut mir leid!“
    Nein, tut es nicht. Das hat dir gerade den heutigen Kick für dein unterentwickeltes Ego gegeben! Jakob knirschte mit den Zähnen, nickte mit vorgeschobener Lippe und verließ die Bank. Er stieg in den nächsten Zug und blickte nicht zurück. Dieser Ort war nicht mehr sicher. Die Army konnte ihn bis hierher zurückverfolgen und sie hatten seine Flucht bereits bemerkt. Wenn er vertragsbrüchig wurde, hatte die US-Army das Recht, ihre Seite des Vertrags ebenfalls zurückzuziehen, und dazu gehörten auch sämtliche geleisteten Lohnzahlungen. Sein Konto war also eingefroren, eine gängige Methode und legal, nur hatte Jakob nicht mit der Geschwindigkeit der Behörden gerechnet. Warum hatte er nicht längst versucht, sein Geld abzuheben? Jakob schnaubte wütend auf und versuchte sich dann zu beruhigen. Er musste es auch so schaffen. Er war jung, körperlich wieder einigermaßen fit, er würde eben arbeiten. Auf jeden Fall musste er es schaffen!
     
     
     
     
     
    28. September 2005, nördliches Manitoba, Kanada
     
     
     
    Seit einer halben Stunde lehnte Jakob an dem Münzfernsprecher und drehte den Zettel mit der Nummer darauf in seinen Händen hin und her. Eine Seite von ihm schämte sich, seiner Großmutter zu sagen, was er getan hatte, und die andere sehnte sich nach einem freundlichen, liebevollen Wort. Undeutlich erinnerte er sich an das, was seine Großmutter ihm bei ihrem letzten Besuch gesagt hatte.
    „Manchmal ist es einfacher, mit jemandem zu sprechen, der etwas mehr Distanz hat!“
    Die Frage war nur, was zum Henker er sagen sollte. Die Wahrheit war wohl kaum eine gute Idee. Hör mal, Oma, ich bin im Krieg fast draufgegangen, und deshalb fliehe ich jetzt quer durch Kanada. Ach ja, und sag keinem etwas davon, denn Mama und Dad wissen nicht, was los ist.
    Er schnaubte verächtlich aus, gab sich einen Ruck und wählte ihre Nummer.
    „Hoffmann!“
    Jakob biss sich auf die Lippe und räusperte sich umständlich. „Oma, ich bin es, Jakob!“
    Sie schien sich zu freuen, denn ihre Stimme wurde warm und herzlich. „Jakob, ich habe so lange nichts von dir gehört. Wie geht es dir?“
    Ein Kloß verschloss ihm den Hals und er lehnte für einen Auge nblick seinen Kopf gegen das Metall des Münzfernsprechers. So leichthin, wie er konnte, erwiderte er: „Gut!“ Und etwas kräftiger: „Es geht mir gut!“
    „Deine Mutter sagte, du hättest Urlaub? Darf ich wieder mit einem Besuch von dir rechnen?“
    „Nein, ich werde es wohl nicht schaffen diesmal!“ Jakobs Hände umschlossen den Hörer, als könnte er mit bloßer Kraft die Distanz zwischen ihnen überwinden.
    „Ist alles in Ordnung bei dir?“
    Ein Truck fuhr donnernd an ihm vorbei und Jakob hielt sich mit einem Finger das freie Ohr zu. „Ja!“
    „Bist du sicher? Ich habe mit deiner Mutter gesprochen und sie macht sich wirklich Sorgen um dich! Bist du noch in Texas?“
    „Nein!“ Er hatte mit einem Mal das Bedürfnis, ehrlich zu sein. Auch wenn er wusste, dass er ihr nicht alles erzählen durfte, allein aus Rücksicht.
    „Deine Mutter sagte, du würdest nach Hause kommen, bevor du z urück musst!“
    Jakob holte tief Luft. „Ich werde nicht zurückgehen, Oma!“
    Eine Weile herrschte Stille am anderen Ende der Leitung. „Deine Mutter hatte so etwas befürchtet. Sie kennt dich gut! Was rede ich, natürlich kennt sie dich. Sie ist deine Mutter.“ Sie klang verwirrt und schockiert.

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