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Stimmen aus dem Nichts

Stimmen aus dem Nichts

Titel: Stimmen aus dem Nichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andre Minninger
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nicht das Gegenteil bewiesen ist«, gab der Erste Detektiv zurück. »Wer geht denn sonst noch so in diesem Haus ein und aus? Ich meine, haben Sie ein Dienstmädchen oder beschäftigen Sie vielleicht eine Putzfrau?«
    »Wie käme ich denn dazu?«, fragte Mrs Holligan entrüstet. »Ich bin zwar alt, jedoch nicht so alt, dass ich mich um meinen Haushalt nicht mehr alleine kümmern könnte.«
    »Kommen denn hin und wieder Freunde zu Besuch?« Justus blieb hartnäckig.
    »Die Freunde, die ich hatte, leben nicht mehr.« Die Stimme der alten Dame wurde leiser. »Richard schickt zweimal im Jahr eine Postkarte aus Italien. Das ist alles. Mit dem Alter zieht die Einsamkeit in die Seele und man schließt auch so leicht keine neuen Freundschaften mehr. Ich bin misstrauisch geworden und habe mich zurückgezogen. Der Preis, den ich dafür zahlen muss, sind zum Teil große Depressionen.«
    »Depressionen?«, fragte Peter interessiert. »Wie äußert sich das?«
    »Einsamkeit. Stille. Eine tief sitzende Traurigkeit, die einen innerlich verbittert. Und das Schlimmste daran ist die Machtlosigkeit, nichts Konkretes gegen diese Krankheit unternehmen zu können. Ich sitze oft nur da und weine. Und meist weiß ich noch nicht einmal, wieso. Diese Stille. . . und dieses leere Haus. . .« Mrs Holligan schluckte. »Ich hatte gehofft, ein Ortswechsel würde mir gut tun. Aber das war wohl ein Trugschluss. Manchmal erscheint mir alles so sinnlos. . . da möchte ich gar nicht mehr leben. . .«
    Justus, Peter und Bob waren betroffen und wussten nicht, wie sie sich verhalten sollten. Sie konnten den Gemütszustand der alten Dame nicht so recht einordnen. Zum einen Teil wirkte sie so energisch und voller Tatendrang. Doch dann schien sich irgendetwas in ihr zu ändern und plötzlich war sie nur noch ein Häufchen Elend, das man in den Arm nehmen wollte, um es zu beschützen.
    Plötzlich klingelte das Telefon. Es schrillte so laut, dass Mrs Holligan erschrocken zusammenfuhr und schlagartig aus ihren melancholischen Gedanken gerissen wurde. »Metzla!«, stieß sie hervor. »Das ist sie! Ich spüre es!« Der Unterkiefer der alten Dame zitterte jetzt unaufhörlich, während es zum zweiten Mal durchdringend klingelte. Obwohl sich ihre Ahnung noch nicht bestätigt hatte, schien Mrs Holligan einem Herzanfall nahe und fasste sich mit schmerzverzerrtem Gesicht an ihr Herz. Aus ihrer Schürzentasche zog sie ein kleines Fläschchen hervor, öffnete es und träufelte sich einige Tropfen davon auf die Zunge. Als die Jungs ihr zu Hilfe eilen wollten, hatte sich die alte Dame schon wieder in der Gewalt und deutete auf das immer noch klingelnde Telefon. »Ich will jetzt wissen, wer dran ist!«
    Justus sprang auf und griff mit beiden Händen nach dem Apparat. Er stellte ihn auf den Tisch und deutete auf einen Schalter. »Dann gehen Sie ran, Mrs Holligan. Das Telefon hat eine Lautsprechertaste. Wenn Metzla tatsächlich dran sein sollte, drücken Sie hier auf diesen Knopf!«
    Die alte Dame hatte verstanden und nickte. Dann griff ihre runzelige Hand nach dem Hörer.

Der verschollene Sohn
    Zuerst geschah gar nichts. Doch dann weiteten sich Mrs Holligans Augen vor Entsetzen, während sie laut und hysterisch in den Hörer schrie. »Lass mich in Ruhe, Metzla!« Ihre Stimme überschlug sich. »Du sollst mich endlich in Ruhe lassen! Hörst du? Was habe ich dir getan, verdammt?«
    Justus versuchte Mrs Holligan mit Handzeichen klarzumachen, die Mithörtaste zu drücken. Doch die alte Dame schien alles um sich herum vergessen zu haben. Energisch drückte er den Knopf und fuhr sogleich erschrocken zusammen. Die drei ??? vernahmen ein irres, überdrehtes Lachen einer alten Frau, das kein Ende nehmen wollte. Peter bekam eine Gänsehaut und blickte angespannt auf den Lautsprecher.
    Dann beruhigte sich das Lachen und ging in ein schnelles und heftiges Atmen über. »Ich werde nicht eher ruhen, bis du das Zeitliche gesegnet hast, du alte Schlampe! Ich werde mich rächen, für das, was du mir angetan hast.« Wieder lachte die Stimme. »Weglaufen nützt dir gar nichts, hörst du? Du kannst dich verkriechen, wie eine Küchenschabe im Gebälk. Ich werde dich aufspüren und dich mit meinen Fingern zerquetschen! Das hast du dir alles selbst zuzuschreiben!«
    Mrs Holligan stöhnte auf und krallte ihre linke Hand in die Sessellehne. »Wie kannst du mich nur so abgrundtief hassen? Anworte!«
    Die unheimliche Stimme reagierte nicht auf die Aufforderung. Sie klang nun mehr nach einem Röcheln.

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