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Stimmen der Angst

Stimmen der Angst

Titel: Stimmen der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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dieser rauchkrächzenden Stimme zu mir: ›He, Miss M.‹, und ich sage auch: ›He.‹ Er hat versucht zu lächeln, hatte aber solche Schmerzen dabei, dass es ein ganz schiefes Lächeln wurde, das mich alles andere als aufgemuntert hat. Er sagt: ›Ich möchte, dass du mir etwas versprichst‹, und ich nicke nur, weil, lieber Gott, ich würde ihm versprechen, mir den Arm für ihn abhakken zu lassen, das muss ihm doch klar gewesen sein. Unter ständigem Keuchen und Husten sagt er dann: ›Wenn du morgen zur Schule gehst, dann prahl ja nicht damit herum, dein Daddy hätte dies und das getan. Die anderen werden dich ausfragen, und sie werden bestimmt das nachplappern, was in den Nachrichten über mich gesagt wird, aber das soll kein Grund für dich sein, damit anzugeben. Hörst du! Sag ihnen, ich liege hier … löffle Eis, tyrannisiere die Krankenschwestern, amüsiere mich prächtig und sacke so viel Krankentagegeld ein, wie es geht, bevor sie merken, dass ich nur ein geschickter Simulant bin.‹«
    Diesen Teil der Geschichte kannte Dusty noch nicht. »Warum wollte er, dass du ihm so etwas versprichst?«
    »Das habe ich ihn auch gefragt. Er hat gesagt, die anderen Kinder in der Schule hätten auch Väter und alle würden sie ihre Väter für Helden halten oder wollten es zumindest unbedingt. Und wenn man Strahlebob glauben konnte, waren sie alle Helden oder wären es gewesen, wenn sich ihnen eine Gelegenheit dazu geboten hätte. Aber sie waren Buchhalter und Handelsvertreter, Automechaniker und Computerfachleute und hatten einfach nicht das Glück, wie er einen Beruf zu haben, in dem man immer zur richtigen Zeit am richtigen Ort für Heldentaten war. Er hat gesagt: ›Wenn auch nur ein Kind nach Hause geht und enttäuscht ist von seinem Vater, dann hast du etwas Unehrenhaftes getan, Miss M. Und ich weiß, dass du so etwas nie tun würdest. Du doch nicht. Du bist ein Schatz, Miss M., ein richtiger Goldschatz.‹«
    »Ein toller Vater«, sagte Dusty und wiegte bewundernd den Kopf.
    »Er war etwas ganz Besonderes.«
    »Das war er.«
    Die Auszeichnung, die ihm die Branddirektion für seinen mutigen Einsatz verlieh, den er in jener Nacht gezeigt hatte, war nicht die erste und sollte auch nicht die letzte bleiben. Bevor der Krebs ihm das antat, was die Flammen nicht geschafft hatten, brachte er es zum höchstdekorierten Feuerwehrmann in der ganzen Geschichte des Landes.
    Er bestand darauf, dass die Verleihung im kleinen Rahmen ohne Pomp und Presseerklärung vonstatten ging. In seinen Augen hatte er nur das getan, wofür er bezahlt wurde. Abgesehen davon, waren seine Verletzungen und die Gefahr, in die er sich begeben hatte, sicher nichts gegen das gewesen, was er im Krieg durchgemacht hatte.
    »Ich weiß nicht, was er in Vietnam erlebt hat«, sagte Martie. »Er hat nie darüber gesprochen. Mit elf habe ich auf dem Dachboden die Schachtel mit seiner Ordenssammlung entdeckt. Er hat mir erzählt, er hätte sie bekommen, weil in der Schreibstube des Kommandanten seiner Einheit keiner so schnell tippen konnte wie er, und als ich ihm das nicht abgenommen habe, meinte er, sie hätten in Vietnam immer Backwettbewerbe veranstaltet, und sein Streuselkuchen sei einfach unübertroffen. Aber selbst mit elf war mir klar, dass sie einem für Streuselkuchen keine Verdienstorden in Bronze verleihen. Ich weiß nicht, ob er zu dem Zeitpunkt, als er nach Vietnam geschickt wurde, schon derselbe großartige Mensch war, aber aus irgendeinem Grund glaube ich, dass ihn das Leid, das er dort gesehen hat, so bescheiden, so gütig und großzügig gemacht hat … dass er deshalb das Leben und die Menschen so sehr geliebt hat.«
    Die hängenden Zweige der Pfefferbäume und die zarten Blätter der Teebäume wiegten sich im Wind. Die Blüten der Jakarandabäume schimmerten purpurrot vor dem sich grau färbenden Himmel.
    »Er fehlt mir so sehr«, sagte sie.
    »Ich weiß.«
    »Und wovor ich am meisten Angst habe … wegen dieser merkwürdigen Dinge, die mit mir passieren …«
    »Du wirst damit fertig, Martie.«
    »Nein, ich meine, ich habe Angst, dass ich deswegen … etwas tun könnte, was seinem Andenken Schande macht.«
    »Ausgeschlossen.«
    »Wie willst du das wissen«, fragte sie mit einem Schaudern.
    »Nun, ich weiß es einfach. Es ist ausgeschlossen. Du bist nun mal niemand anders als die Tochter deines Vaters.«
    Martie war so überrascht, dass sie lächelte, auch wenn sie nur den Hauch eines Lächelns zustande brachte. Dusty verschwamm vor ihren

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