Stimmt's?
zugeschrieben wird. Doch soll, so heißt es in anderen Quellen, schon der amerikanische Psychologe und Philosoph William James Ende des 19. Jahrhunderts eine entsprechende Bemerkung gemacht haben, und der Anthropologin Margaret Mead wird nachgesagt, sie sei sogar der Meinung gewesen, wir benutzten lediglich sechs Prozent unseres Denkvermögens.
Beginnen wir mit Einstein: Hat er’s nun gesagt oder nicht? Alice Calaprice von der Princeton University in New Jersey, die Herausgeberin der Zitatensammlung «Einstein sagt», ist schon öfter danach gefragt worden. «Ich persönlich bezweifle, dass diese Äußerung von ihm stammt», erklärt sie, «denn bestimmt hätte jemand widersprochen, und es hätte eine Diskussion gegeben. Aber natürlich wurde auch nicht jedes Wort, das je aus seinem Munde kam, aufgeschrieben.» Auch die anderen Quellen sind nicht zweifelsfrei zu belegen.
Aber selbst wenn Einstein den Satz fallengelassen hätte: Was könnte er gemeint haben? Sollte die Bemerkung «Nur zehn Prozent des Gehirns werden genutzt» wirklich eine quantitative Aussage gewesen sein, dann bieten sich mehrere Interpretationen an.
Erstens: Neunzig Prozent der Hirnzellen liegen nutzlos im Schädel herum und haben keine Funktion. Aber soweit die Wissenschaft es beurteilen kann, sind alle gesunden Zellen in irgendeiner Weise an den Prozessen im Gehirn beteiligt. Ein Indiz dafür ist, dass beim Ausfall einer Hirnfunktion, beim Verlust eines Auges zum Beispiel, die zuständigen Neuronen zugrunde gehen. Und wenn andere Hirnregionen die Funktion der ausgefallenen Zellen übernehmen, dann scheinen sie das gewissermaßen durch «Mehrarbeit» zu bewerkstelligen und nicht durch die Aktivierung bisher womöglich nicht genutzter Neuronen.
Zweitens: Zu jedem gegebenen Zeitpunkt ist lediglich jede zehnte Gehirnzelle aktiv. Da kann man nur sagen: Gut, dass es nicht alle sind, denn das wäre gleichbedeutend mit einem epileptischen Anfall.
Überhaupt ist die Vorstellung irrig, mehr Hirnaktivität sei gleichbedeutend mit «besserem» Denken. Detlef Linke, verstorbener Hirnforscher an der Universität Bonn, wies darauf hin, dass unsere intellektuelle Leistung oft darin besteht, viele Einzelerfahrungen in einem «Superzeichen» zusammenzufassen – Abstraktion macht das Denken ökonomischer. Linke schätzte, dass fünfzig Prozent aller Hirnfunktionen inhibitorisch sind, dass sie also die Aktivität der grauen Zellen verringern und nicht verstärken. Mehr «Flackern» im Schädel bedeutet also nicht, dass wir es mit einem klügeren Kopf zu tun haben.
Eine dritte Interpretation: Wir nutzen nur einen Bruchteil unseres Erinnerungsvermögens, könnten uns also eigentlich viel mehr Dinge merken. Aber das Gehirn hat keine «Speicherzellen» wie ein Computer. Erinnerungen sind Muster, an denen viele Zellen beteiligt sind, und die Zahl dieser Muster ist unbegrenzt. Niemand weiß, wie viel Information man dem Gedächtnis maximal eintrichtern kann.
Die Vorstellung, die Natur schaffe ein Organ wie das Gehirn, das sehr viel Energie verbraucht, und nutze dann nur ein Zehntel davon, ist für Biologen überhaupt sehr fremd. Der Anpassungsdruck der Evolution hat immer für sehr große Effektivität gesorgt. Oder, wie der kanadische Psychologe Barry Beyerstein sagt: «Wie lange würden Sie eine riesige Stromrechnung in Kauf nehmen, um zehn Zimmer in Ihrem Haus zu heizen, wenn Sie ohnehin nie die Küche verließen?»
Bleibt noch die Erklärung, dass Einstein die Äußerung, wenn sie denn von ihm stammt, metaphorisch gemeint hat: Wir alle würden gut daran tun, unseren Grips ein wenig mehr einzusetzen. Und wer wollte ihm da widersprechen?
Man kann einen Menschen ohne Spuren umbringen, indem man ihm unbemerkt fein gemahlenes Glas ins Essen mischt
Stimmt nicht. «Wenn ich jemanden umbringen wollte», sagt der Rechtsmediziner Alfred Du Chesne von der Universität Münster, «dann würde ich mir etwas anderes überlegen.»
Vorab: Natürlich sind größere Glassplitter gefährlich, wenn man sie verschluckt. Sie können die Speiseröhre oder die Verdauungsorgane verletzen und zu inneren Blutungen führen, die unter Umständen tödlich enden. Die Rede ist hier aber von «fein gemahlenem Glas». Irgendwie hat sich die Legende verbreitet, dass dieses Glasmehl, überlängere Zeit eingenommen, wie ein Gift wirkt und Menschen töten kann. Meist wird dann noch hinzugefügt, dass ein solcher heimtückischer Anschlag im Nachhinein nicht nachweisbar sei.
Glas hat aber
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