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Stoff für viele Leichen

Stoff für viele Leichen

Titel: Stoff für viele Leichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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kommt auf dem unbebauten Gelände an der Porte de Chätillon zur Ruhe.“
    „Und Esther?“
    „Die wußte
bestimmt zuviel von... von dem Gangster.“
    „Also ist ihr
Bruder nicht der Täter?“
    „Nein. Wir
wissen jetzt, daß er keinen besonderen Grund hatte, seine Schwester
umzubringen. Esthers Verrat aus Rache hätte ihn sicher dazu getrieben, aber er
wußte ja nichts davon.“
    „Dann hat
Moreno mit Péronnet zusammengearbeitet?“
    „Moreno ist
tot. Sieh an, noch einer. Aber der zählt nicht. Der steht auf einer anderen Liste.“
    „Aber...die
vier Finger!“
    „Täuschung.“
    „Von
jemandem, der die alte Romanze von Esther kennt und glaubt, daß Moreno noch
lebt. Da sind wir wieder bei Lévyberg.“
    „Psst.“
    Wir befanden
uns nicht mehr weit von dem Gebäude der Firma Berglevy. Aus dem Haus trat ein
Mann und kam eilig die Rue des Jeûneurs hoch in unsere Richtung. Er ging zwar
auf der anderen Straßenseite, aber besser ist besser. Ich zog Hélène in eine
dunkle Häuserecke und tat so, als würde ich sie leidenschaftlich abknutschen.
Der Mann ging vorbei, ohne einen Blick zu uns rüberzuwerfen. Ich ließ Hélène
los.
    „Sie haben
mich befummelt“, sagte sie vorwurfsvoll.
    „Es sollte ja
echt aussehen“, rechtfertigte ich mich. „Passen Sie auf, wir wenden diesen
angenehmen Trick nochmal an. Wir werden ihm nämlich folgen.“
    „Wer ist das?
Lévyberg?“
    „Sagen Sie
mal, haben Sie was gegen Juden? Lassen Sie doch ein für allemal Lévyberg in
Ruhe.“
    Ecke Rue
Saint-Fiacre blieb ich stehen.
    „Ich werde
alleine hinterherrennen. Das ist nichts für kleine Mädchen. Ich hab meine
Kanone, das reicht. Aber die Fotos hier von Lévyberg, die brauch ich jetzt
nicht. Bei Ihnen sind sie besser aufgehoben. Hier, stecken Sie sie in Ihren
Strumpf.“
    „Ich hab doch
eine Tasche! “ antwortete sie schnippisch und ließ die Fotos darin verschwinden.
    „Gut. Also,
auf Wiedersehen und gute Nacht, mein Engel. Schlafen Sie gut und träumen Sie
was Schönes.“
    Sie zuckte
die Achseln. Ich ging weiter.
    Mein Mann bog
in die Rue de Mulhouse ein, dann in die Rue de Cléry, und kam auf die Place du
Caire. Hier hatte sich noch nichts verändert. Sphinxe, Pissoir, Bistro,
Lastwagen in der Rue du Nil. Im Moment noch keine Leiche, aber das kam sicher
noch. Hélène und ich hatten ja nur eine vorläufige Liste aufgestellt. Wie
neulich war das Klappern der Druckerei zu hören. Dazu kam der Krach der großen
Verkehrsadern in der Nähe Und die Kakophonie der Radios aus den Häusern. Ich
hatte meinen Mann in der Rue du Caire aus den Augen verloren. Ich stellte mich
in eine dunkle Ecke, auf jede Taktik gefaßt. Ganz in meiner Nähe, vor einem
Lagerhaus, in dem noch gearbeitet wurde, stand ein großer Lastwagen für
internationale Transporte. Spedition T.B.R.L. Lévyberg Nachf. Paris, France, stand auf der Rückseite. Das Klappern der Druckmaschinen verstummte.
Stattdessen drangen gedämpfte Stimmen an mein Ohr. Das Führerhaus des
Lastwagens wurde geöffnet. Zwei Männer stiegen aus. Einer davon war der Mann,
den ich verfolgte. Ohne Eile gingen sie ein paar Meter und verschwanden dann in
einem dunklen Hausflur. Ich wartete einen Moment, bevor ich mich
hinterherwagte. So eben konnte ich mich noch hinter einem Abfalleimer
verstecken. Eine niedrige Tür mit einem Emailschild — ich konnte nicht lesen,
was draufstand — öffnete sich leise. Zwei auffallend elegante Männer kamen
heraus. Heute abend ging man im Duett aus. Keiner von beiden interessierte
mich. Ich blieb in meinem übelriechenden Versteck. Ein Lastwagen fuhr weg. Dann
wieder Stille. Ich kam hinter meinem Abfalleimer hervor und ging zu der Tür.
Auf dem Emailschild stand: Druckerei. Ich horchte. Nichts. Ich betastete die
Tür. Metall. Hm... Etwas schwer aufzubrechen. War das überhaupt nötig? Und war
das ratsam? Und war das...
    Peng! machte
es in meinem Kopf. Ich begrüßte das Gefühl wie einen alten Bekannten. Verdammt!
Beinahe hätt’ ich’s vergessen. Der gute alte Schlag mit dem stumpfen
Gegenstand, der gute alte vertraute Schlag mit dem Hammer, der immer an einem
Punkt der Ermittlungen auf Nestor wartet. Ich hätte ihn beinahe vergessen.
Höchste Zeit...
     
    * * *
     
    Auf einem Haufen
Druckbögen kam ich wieder zu mir. Hand- und Fußgelenke waren gefesselt.
Vermischter Geruch kitzelte mir die Nase. Es roch nach Kellerfeuchtigkeit,
Druckerschwärze, Papier und fabrikneuem Tuch. Ich lag in einer Art Kabuff, der
einen Lagerkeller mit einer

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