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Straße in die Hölle

Straße in die Hölle

Titel: Straße in die Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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standen allein. Zweitausend Menschen, Männer und Frauen, abgeschnitten von allem, allein auf einer halbfertigen Urwaldstraße, noch singend vor Begeisterung und sich damit selbst betäubend, sollten unter Ausschluß der Öffentlichkeit liquidiert werden.
    Noch wußten sie es nicht, noch glaubten sie alle an die große Revolution, an den Vulkan ihrer Heimatliebe.
    »Was werden Sie tun, Doktor?« fragte Gebbhardt niedergeschlagen.
    »Kämpfen«, schrie Norina Samasina wild. »Glaubst du, die kennen Erbarmen, wenn wir mit weißen Tüchern winken?«
    »Ich werde ihnen entgegenfahren und verhandeln«, sagte Gebbhardt.
    »Man wird Sie anhören, belügen und uns trotzdem vernichten.« Santaluz schüttelte den Kopf. »Uns stehen knapp vierhundert Mann gegenüber. Wir werden sie überrennen und uns dann im Land verteilen. Wir werden überall neue Gruppen bilden, bis uns der große Sieg gelingt.« Santaluz deutete auf die riesigen Sperren. »Sie können immer noch gehen, Carlos.«
    »Es wäre das Beste, wenn wir alle gingen, jeder an seinen Arbeitsplatz. Wenn jeder von uns seine Arbeit verrichtet, wenn das Militär heranrückt, so, als wäre nichts geschehen, dann wäre es zwar eine Demonstration, aber niemand könnte auf uns schießen.«
    »Zu spät, Carlos.« Santaluz wies mit einer Kopfbewegung auf die Männer, die vom Basislager gekommen waren: Die Transportfahrer, die Werkstättenarbeiter, die Kantinen-Kellner, die Huren, das ganze Menschengemisch der Etappe. »Sie haben aufgeräumt. Sie haben alle umgebracht, die einmal zu Luis Jesus Areras gehörten.« Und als Gebbhardt ihn entsetzt und stumm vor Grauen anstarrte, nickte er. »Die Leidenschaft der Revolution: Blut! Wer hätte das verhindern können? Niemand.«
    Über die Straße jagte ein Melder auf einem Motorrad heran. Ein Mestize. Er stoppte vor den ineinander verkeilten Wagen, sprang vom Rad, ließ es auf dem Boden liegen und kletterte über die Sperren. Ein Gewirr von Händen half ihm. »Sie kommen!« schrie er dabei. »Sie kommen! Sie haben vier leichte Kanonen bei sich. In einer halben Stunde könnt ihr sie sehen. Es sind knapp hundert Mann. Fallschirmjäger!«
    »Eine halbe Stunde.« Santaluz sah auf die Uhr. »Bis dahin wird auch Bandeira wieder zurück sein. Nur hundert Mann? Sie unterschätzen uns.«
    Er wandte sich schroff ab und ging hinüber zu den Barrikaden. Gebbhardt blickte ihm nach und hielt Norina fest, die ihm folgen wollte.
    »Es tut mir leid«, sagte er. »Von einer großen Idee, von aller Liebe zu seinem Land sind ihm leere Hände geblieben und ein Haufen johlender Mörder. Wir sollten ihn überreden. Man könnte sich durch den Urwald bis zur nächsten Siedlung schlagen und sich dort verstecken. Er … du … und ich.«
    »Er würde es nie tun.« Sie hob die nach Gewehröl riechende Hand und streichelte ihm übers Gesicht. »Aber ich danke dir, Carlito, daß du gesagt hast: Er, du und ich.« Sie schob den Stahlhelm tiefer in die Stirn und hakte die Finger um den Patronengurt, der zweimal ihre schlanke Taille umgürtete. »Ich liebe dich … und jetzt halte den Mund, oder ich schieße auf dich.«
    Die erste Gruppe der Fallschirmjäger hielt in Sichtweite der Straßensperren an. Gejohle und wilde Schreie empfingen sie, und dann begann einer zu singen. Nacheinander fielen alle ein, und schließlich sangen sie gemeinsam aus vollem Hals das Lied der Revolution: Faßt euch bei den Händen, seid Brüder in der Not …
    Dr. Santaluz stand mit Gebbhardt und Norina zwischen den aufgeschichteten Stämmen der Urwaldriesen und blickte durch ein Fernglas zur Kette der Fallschirmjäger hinüber. Sie hatten die vier leichten Geschütze mit ihren Spreizlafetten in Stellung gebracht, nicht ahnend, daß die Revolutionäre auch Granatwerfer besaßen, mit denen sie die Kanonen erreichen konnten. Es kam nur darauf an, wer zuerst das Feuer eröffnete.
    »Sie wissen, daß sie hier nicht durchkommen«, sagte Santaluz ruhig. »Auch nicht mit ihren Kanonen. Sie können die Wagen und Maschinen zusammenschießen, aber dadurch wird der Wall nur noch dichter.«
    »Und Sie wissen, daß Sie hier nicht mehr herauskommen.« Gebbhardt mußte schreien, um gegen den fanatischen Gesang der Menge anzukommen. »Was hat mehr Sinn?«
    Durch das Gewirr der Stämme, Dornenbüsche und Baumaschinen kletterte Alegre zu ihnen. Sein breites Gesicht, schweißglänzend und verdreckt, war wie eine wüste Fratze. »Sie haben Bandeira gebracht«, rief er Santaluz zu.
    »Gebracht?« Santaluz

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