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Strom der Sehnsucht

Titel: Strom der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Blake
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aufging, daß das alles Beutestücke der Räuber waren, Haushaltsgegenstände von ausgeraubten und ermordeten Siedlern, die im Niemandsland überfallen worden waren. Sie hatte ein flaues Gefühl in der Magengrube.
    »O Gott«, flüsterte Claire gepreßt, schlurfte zum nächsten Bett, warf sich darauf und vergrub das Gesicht in den Armen. Angeline setzte sich mit langsamen, steifen Bewegungen daneben und legte ihr die Hand auf die Schulter. Ein Schauer nach dem anderen durchlief Claire, daß das ganze Bett heftig erbebte. Angeline erschrak, wie dünn Claire war, und wie scharf ihre Knochen unter der Haut hervortraten. Sie beugte sich über sie und deckte sie sorgfältig zu.
    Der Spanier brüllte einen Befehl, als er eintrat. Hinter ihm kam eine Handvoll Männer herein. Sie lungerten um das Feuer herum, rieben sich die Hände und ließen Korbflaschen mit Fusel kreisen. Einige versorgten ihre Wunden, die mit blutdurchtränkten Notverbänden umwickelt waren.
    Angeline saß an Claires Seite und versuchte, ihrem Körper Wärme zu verschaffen. Sie spürte die Blicke der Männer, die auf sie gerichtet waren. Sie bekam eine Gänsehaut und spannte die Bauchmuskeln, versuchte aber, sich nichts anmerken zu lassen. Die Sekunden verstrichen. Claires Körper wurde immer noch von krampfhaften Zuckungen geschüttelt. Das Nichtstun, das Warten auf eine Entscheidung, auf eine Tätlichkeit der Männer gegen sie wurde Angeline immer unerträglicher. Sie warf einen Blick auf eine der Korbflaschen. Entschlossen ließ sie sich von dem hohen Bett gleiten und ging auf die Gruppe um den Kamin zu.
    »Könnte ich einen Becher davon haben?« fragte sie leise und deutete kurz auf das Gefäß.
    Der Spanier starrte sie an, und in den eng zusammenstehenden Augen stieg allmählich Heiterkeit auf. »Aber natürlich, Senorita .«
    Angeline sah sich um, ergriff einen Zinnbecher und streckte ihn aus. Ein kleiner Glatzkopf, dem zwei Schneidezähne fehlten, schenkte ihr Whisky ein.
    »Danke.« Sie ging zu Claire zurück, stützte sie und hielt ihr den Becher beim Trinken. Die Kusine mußte bei diesem starken Getränk zwar husten, aber zu ihrer Erleichterung sah Angeline, daß wieder ein wenig Farbe in die blassen Wangen geschossen war.
    »Wollt Ihr nicht auch etwas davon, Senorita ?«
    Angeline betrachtete den spanischen Räuberhauptmann mit argwöhnischem Gesichtsausdruck. »Ich habe noch genug in meinem Glas.«
    »Ihr müßt noch mehr trinken. Ich, Don Pedro Alvarez y Cazrola, bestehe darauf.«
    »Nein, danke.«
    »Eine vorsichtige Frau, eine Frau von Charakter. Ich bin ent-zückt.« Er lehnte sich in seinem elegant geschwungenen Hepplewhitestuhl zurück und streckte die lederbekleideten Beine aus. Die Männer am Kamin wieherten vor Lachen und musterten Angeline mit gierigen Blicken.
    Es ist ein Katz-und-Maus-Spiel, dachte Angeline, und ich bin die Maus. Ohne eine Antwort zu geben, stellte sie den Becher weg und tat, als nehme Claire ihre ganze Aufmerksamkeit in Anspruch. Die Kusine sah sie mit weit aufgerissenen Augen verzweifelt an.
    »Laßt einmal Eure Freundin, Senorita. Kommt her.«
    Angeline würdigte ihn kaum eines Blickes. »Sie ist meine Kusine.«
    »Dann laßt eben Eure Kusine. Kommt her. Sofort.«
    Sie konnte den Befehl mißachten. Dann müßte er kommen und sie zwingen, oder sie konnte gehorchen. Statt ihm die Gelegenheit zur Gewaltanwendung zu geben, stand sie lieber auf und trat mit anmutigem Stolz auf ihn zu. Kurz vor seinem Stuhl blieb sie stehen und schob herausfordernd das Kinn vor. »Was wünscht Ihr?«
    »Euch besser betrachten zu können, natürlich. Wie heißt Ihr?« Er hatte hellbraune, fast gelbe Augen mit einem schwarzen Ring darum, beinahe wie ein Raubvogel.
    Sie antwortete ihm so ruhig und kühl, wie sie konnte. Sie schaute zu den anderen Männern, ließ den Blick über das schmutzige Geschirr und Besteck schweifen und suchte nach einem Messer - gleich welcher Größe und Form - nach irgendeiner Waffe. Es war nichts dabei, kein Fleischerbeil, kein Küchenmesser, nicht einmal eine gußeiserne Kelle, die groß und schwer genug gewesen wäre, um damit zuschlagen zu können. Oder doch? Der Spanier trug immer noch die Scheide mit dem verzierten Dolch am Gürtel.
    Don Pedro gab dem Kahlen einen Wink. »Wo bleiben deine Manieren, Sanchez? Reiche der Dame eine Erfrischung.«
    Der Mann grinste breit, griff nach einer henkellosen Prozellantasse und goß Whisky hinein. Don Pedro nahm ihm das Gefäß ab und hielt seinen Pokal hin, um

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