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Strom der Sehnsucht

Titel: Strom der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Blake
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welchem Grund? Aus Stolz? Aus Eigensinn? Aus Unwissenheit? Manchmal, ja, sehr oft, hatte sie gar nicht mehr den Prinzen in ihm gesehen. Ihn hatte das nicht gestört, und doch kam es ihr bedeutsam vor. Ich gehöre eben nicht dazu, dachte Angeline. Ich kann mich noch so sehr danach sehnen, dem ruthenischen Thronfolger zu sagen, daß ich mich für ihn entschieden habe und für immer bei ihm bleiben will - es geht nicht.
    Unvorstellbar, daß ich mit ihm glücklich werden kann. Seine

Welt ist eine andere, und ich bliebe stets nur Zuschauerin. Ich wäre in jeder Hinsicht von ihm abhängig.
    Und wenn es vorbei ist, was dann? Wenn mich schon nach ein paar Wochen des Zusammenseins der Schmerz, ohne ihn zu sein, in Stücke reißt, wie werde ich mich erst fühlen, wenn ich mich nach Monaten oder Jahren von ihm trennen muß?
    Nein. Es war besser, ihn sofort aufzugeben, selbst zu bestimmen, was für sie beide das beste war, statt jemand anderen über sich bestimmen zu lassen.
    Angeline drehte sich um und ging eilig fort.

18
    Die Tür zu Angelines winzigem Zimmerchen wurde aufgestoßen. Maria trat mit einem Tablett ein, über das eine zerknitterte Serviette gebreitet war.
    »Tststs«, machte die Zofe und blieb stehen. »Warum habt Ihr keine Kerze angezündet? Ich hätte mir hier in der Dunkelheit ja den Hals brechen können.«
    »Es gibt nichts zu sehen.«
    »Ihr blast Trübsal? Vielleicht, weil Ihr heute abend nicht auf den Ball dürft?«
    »Ein Ball?« fragte Angeline. »Heute abend?«
    »Natürlich. Erzählt mir nicht, Ihr wüßtet von nichts. Seit Madame die Einladungen, die für sie und Euch gekommen sind, zurückgeschickt hat, war von nichts anderem die Rede. Jetzt ist sie sogar mit ihrer Schwester ausgegangen, um bei der Ankunft der Gäste zuzuschauen. Madame wollte eigentlich nicht - je weniger sie vom Prinzen sieht, desto besser. Aber ihre Schwester ist ausgehungert nach solchen Ereignissen und hat darauf bestanden, hinzulaufen und zu gaffen.«
    Angeline musterte die knochige Frau, die das Tablett mit einem Knall auf das wackelige Beistelltischchen stellte. »Ich habe eine Einladung erhalten?«
    »Ich habe es selbst gesehen, und es sind in letzter Zeit noch mehr Briefe gekommen, die an Euch adressiert waren. Madame hat die meisten ins Feuer geworfen. Die Einladungen hat sie dem Lakai aus der Gesandtschaft wieder mitgegeben, damit er Bescheid sagt, daß Ihr nicht kommt.«
    »Ich wäre sowieso nicht hingegangen«, erwiderte Angeline matt.
    »Wie klug von Euch«, höhnte die Zofe. »Die Damen von New Orleans wetteifern in der unwürdigsten Weise miteinander, wer das eleganteste Kleid tragen wird. Der Ball zu Ehren des Prinzen ist das Ereignis der Saison, und man wird noch jahrelang davon sprechen.«
    Offenbar hatte Rolf in den letzten Wochen großen Eindruck auf die Gesellschaft gemacht. Angeline fragte sich, was er mit seiner Zeit angefangen hatte, wenn er nicht Empfänge, Tees, Diners und Soireen besuchte, die man ihm zu Ehren gab. Hatte er ebenso sorgfältig nach Claire geforscht wie während seines Aufenthalts im Jagdschloß und mit ebensowenig Glück? Sie bezweifelte, daß das, was sie wußte, ihm weiterhalf. Wahrscheinlich ließ er das Haus seit Tagen beobachten; eine so offensichtliche Möglichkeit wie die, daß Claire sich mit ihrer Mutter in Verbindung gesetzt hatte, konnte er schwerlich übersehen. Damit redete Angeline sich zumindest ein, daß das, was sie erfahren hatte, nicht wichtig sei.
    Angeline warf einen flüchtigen Blick auf die schnippische Miene der Zofe, die Zunder schlug, um eine Kerze anzuzünden. Hatte man Maria bei der Überwachung außer acht gelassen? Sie hatte sich nur kurz mit Claire getroffen. Selbst wenn einer der Leibgardisten ihr gefolgt war, konnte ihm das im Gedränge entgangen sein. Ja, so mußte es sein. Denn wäre Claire gefunden worden, hätte Angeline irgendeinen Hinweis, ein Echo darauf im Haus der Witwe vernommen.
    Sie wünschte, sie könnte sich darüber Gewißheit verschaffen, Rolf eine Nachricht senden und Antwort darauf erhalten. Mehr wünschte sie sich nicht, mehr konnte sie im Augenblick nicht ertragen.
    Aus Enttäuschung darüber, daß Angeline auf ihre Sticheleien nicht einging, verzog sich die Zofe mit schwingenden Röcken. Angeline stand auf. Das Essen unter der Serviette, kaltes Hühnchen und Spargel in einer geronnenen Soße, war wahrhaftig nicht appetitanregend. Eher ekelte es sie davor. Sie trank das kleine Weinglas langsam und bedächtig leer und stellte das Tablett

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