Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Strom der Sehnsucht

Titel: Strom der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Blake
Vom Netzwerk:
wurden nachgefüllt, alle stießen auf Angelines Tapferkeit an, drehten sich fast gleichzeitig um und schleuderten die klirrenden Gefäße in die verlöschende Glut des Feuers. Die Frauen lachten und kreischten auf, als Männerhände sie überschwenglich und ausgelassen drückten und die willigen Körper spielerisch betatschten. Rolf zerschmetterte sein Glas an der geschwärzten Rückwand der Feuerstelle und drehte sich um. Er ging um die Tafel herum, bahnte sich einen Weg durch die Umstehenden und kämpfte sich zu Angeline durch.
    In diesem Moment wedelte Oskar mit der Karte, die er Angeline abgenommen hatte, und fragte in scherzhaftem Ton, hinter dem dennoch eine leise Herausforderung steckte: »Beansprucht Ihr alle beide Frauen, Rolf, oder gestattet Ihr mir ein zweites Wettschießen um meine Mitspielerin, die nicht so ruhig gehalten hat wie Eure. Soll dann der Gewinner seine Wahl treffen.«
    Das Gemurmel erstarb so schnell zu einer erwartungsvollen Stille, wie es sich erhoben hatte. Rolf trat neben Angeline und nahm ihre Hand. »Es gibt kein zweites Wettschießen«, antwortete er mit klingender Stimme. »Ich habe beim ersten ausschließlich deswegen mitgemacht, damit die Sache gerecht geregelt wird. Denkt meinetwegen, daß ich Angeline den Vorzug gebe oder daß ich, weil die Sache nicht aufgeht, auf meine Rechte an dem anderen Mädchen verzichte. Wie dem auch sei, diese Frau ist nicht Gegenstand irgendeiner Wette. Sie gehört mir.«
    Das waren Worte der Entlassung, die die Abendunterhaltung beendeten. Ohne auf Antwort oder Einwände zu warten, steuerte Rolf auf die Treppe zu und zog Angeline mit sich. Sie ließ sich einige Meter führen, und allmählich wuchs ihr Zorn; mit jedem Schritt kochte sie mehr vor Wut, vor Wut über diesen rohen Auftritt, über die Anmaßung, mit der Rolf sie als seinen Besitz bezeichnet hatte, und die Selbstverständlichkeit, mit der er sie in sein Schlafzimmer verfrachtete. Sie riß sich los.
    Er drehte abrupt den Kopf, und einen Augenblick lang haftete sein Blick auf ihren scharlachroten Wangen, dann sah er ihr in die Augen. »Ihr habt etwas einzuwenden? Das steht Euch frei, allerdings nicht jetzt.«
    »Ich wüßte keinen günstigeren Moment«, erwiderte sie und warf den Kopf zurück.
    »Auch dann, wenn die Frauen daraufhin ungleich verteilt wären? Wie Ihr seht, geht es so gerade gut auf, und dieses Arrangement ist ohne Blutvergießen oder Wutausbrüche zustande gekommen, wofür ich nicht mehr garantieren kann, wenn Ihr die Harmonie wieder stört.«
    »Wieder?« rief sie aus, wobei sie wie er die Stimme senkte. »Das nennt Ihr Harmonie, wenn Ihr so ein armes Geschöpf zu Tode erschreckt und mit Oskar ihretwegen einen Hahnenkampf bestreitet?«
    »Dieses >arme Geschöpf< war vor allem deswegen so erschrocken, weil sie Angst hatte, daß ich gewinnen könnte. Da sie die am zartesten Besaitete von allen war, hatte ich sie Oskar zugedacht, und es war an ihm, zu beweisen, daß es dabei mit rechten Dingen zugeht. Wenn Ihr nicht auf der Bildfläche erschienen wäret, hätte ich zu fast demselben Zeitpunkt die Wette abgebrochen und sie ihm überlassen. Ich kann in meinem Bett keine schniefende Heulsuse gebrauchen.«
    Plötzlich spürte sie in ihrer Brust eine merkwürdige Erleichterung. »Ihr... Ihr wolltet, daß Oskar sie bekommt?«
    »Ihr könntet Euch ruhig bemühen, Eure Verwunderung über dieses kleine Zeichen des Mitgefühls zu verbergen. Kommt Ihr jetzt, oder habt Ihr Euch dafür entschieden, die Freuden von Nähe und Gemeinsamkeit auszukosten? Wenn Ihr beabsichtigt, an der Orgie teilzunehmen, werde ich Euch einen Platz reservieren.«
    Zögernd richtete sie den Blick auf die Szene, auf die er sie mit heftigem Kopfnicken hinwies. Auf der einen Seite des Saals kniete Oskar neben dem jungen Mädchen, flüsterte auf sie ein und trocknete mit den Fingern ihre Tränen, auf der anderen Seite lagen umschlungene Paare auf den Sofas oder beugten sich gemeinsam über den Tisch. Angeline wandte hastig den Blick von diesem Schauspiel, ignorierte Rolfs gekünstelte Verneigung und stieg vor ihm die Treppe hinauf, als bewege sie sich an Fäden.
    Im Schlafzimmer ging Angeline zur Waschkommode und nahm eine seiner silbernen Bürsten in die Hand. Sie beugte sich aus der Taille nach vorn und bürstete sich den Gipsstaub aus der seidigen Haarfülle. Unter gesenkten Augenlidern sah sie im Spiegel, daß er direkt hinter ihr stand. Sie schwankte einen Moment lang und hielt in der Bewegung inne. Da drehte er

Weitere Kostenlose Bücher