Stürmisches Herz
einen Indianer machen willst, dann werde ich die Rolle gern spielen.«
»Dann bist du gar kein –«
»Nein, aber man muß ja nicht Indianer sein, um ein Wilder zu sein. Soll ich es dir beweisen?«
Courtney sprang auf und lief an die andere Seite des Feuers. Dort stemmte sie die Hände in die Hüften und funkelte Chandos wütend an. »Es bereitet dir offenbar perverse Freude, mir Angst einzujagen.«
»Habe ich dir Angst eingejagt?« fragte er unschuldig.
»Natürlich nicht. Aber du hast es versucht, nicht wahr?«
»Natürlich nicht«, ahmte er sie nach.
Er genoß ihren Wutausbruch, er konnte nicht anders. Sie war so verdammt schön, wenn ihre honigbraunen Augen wütend blitzten, sie den Kopf zurückwarf, daß die Haare flogen, und sich würdevoll zu ihrer vollen Größe aufrichtete.
Sein Kosename paßte zu ihr, denn sein Kätzchen konnte eine Tigerin sein. Diese Reise war gut für sie. Sie hatte sich selbst gefunden. Wer weiß, wieviel sie noch über sich herausfinden würde, bis sie Texas erreichten. Noch vor einer Woche war sie so schüchtern gewesen, daß sie in seiner Gegenwart gestottert hatte. Jetzt würde sie nicht einmal dann in Ohnmacht fallen, wenn Springender Wolf vor ihr auftauchte.
»Glaubst du wirklich, daß du mir etwas antun kannst, Chandos, wenn du kaum imstande bist, den Kopf so weit zu heben, daß du deine Suppe trinken kannst?«
Das saß. »Sei vorsichtig, Lady. Du wärst erstaunt darüber, was ein Mann alles fertig bringt, wenn man ihn reizt.«
Courtney zuckte die Schultern. »Ich war nur neugierig.«
»Dann komm zu mir herüber, und ich werde deine Neugierde befriedigen.« Ihre Augen blitzten auf.
»Du machst dir vielleicht wegen deines Zustands keine Sorgen, aber ich tue es. Du sollst deine Kräfte schonen, nicht kämpfen. Und jetzt trink bitte deine Suppe. Dann kannst du dich ausruhen, während ich ein nahrhaftes Abendessen zubereite.«
Er nickte. Warum sollte er sie noch mehr reizen?
26. KAPITEL
Es würde regnen. Die dunklen, drohenden Wolken konnten sogar ein Hinweis auf ein Gewitter sein.
Das war das erste, was Courtney bemerkte, als sie aufwachte. Als nächstes bemerkte sie, daß Chandos noch schlief, deshalb benützte sie die Gelegenheit, um die Feldflaschen am Fluß zu füllen, weil sie den Kaffee aufsetzen wollte, bevor er erwachte.
Der Pfad zum Fluß war dunkler als sonst, weil die Sonne nicht schien. Die Düsternis bedrückte sie; außerdem hatte sie keine Lust, den ganzen Tag im Regen zu reiten, selbst wenn Chandos dazu imstande war. Doch es war andererseits auch nicht sehr verlockend, einen Tag lang im Regen zu sitzen, wenn der einzige Schutz, den man besaß, ein Regenmantel war. Aber sie wollte sich nicht beklagen. Das gehörte dazu, wenn man auf einem Trail unterwegs war.
Courtney warf einen vorwurfsvollen Blick zum Himmel, bevor sie sich bückte, um die Feldflaschen zu füllen.
Regen war gar nicht so schlimm, sagte sie sich. Sie sollte dankbar sein, daß es Chandos besser ging. Es gab so vieles, wofür sie dankbar sein mußte, also sollte sie wegen ein wenig Regen nicht gleich Trübsinn blasen.
»Bist du Courtney Harte?«
Sie erstarrte und vergaß, die gefüllte Flasche aus dem Wasser zu heben. Sie vergaß auch, Luft zu holen.
»Bist du taub, Süße?«
»Er hat gesagt, daß Sie nicht Englisch sprechen«, jammerte sie.
»Wer? Von wem sprichst du, zum Teufel?«
Sie drehte sich um, sah den Mann und wurde vor Erleichterung fast ohnmächtig. »Ich habe geglaubt, daß sie ein Komantsche sind. Hier treibt sich nämlich einer rum.«
»Woher willst du das wissen? Hast du ihn gesehen?«
»Nein, eigentlich nicht.«
»Na also, ich auch nicht. Wahrscheinlich ist er gar nicht mehr hier. Wirst du mir jetzt verraten, wer du bist?«
Was war hier los? Der Mann sah nicht furchteinflößend aus. Er hatte ein fröhliches Gesicht, mit Lachfalten um Mund und Augen. Es war ein angenehmes Gesicht, mit leicht geröteten Wangen und hellen grauen Augen. Er war mittelgroß, etwas rundlich und etwa fünfunddreißig Jahre alt.
»Wer sind Sie denn?« fragte sie.
»Jim Evans. Kopfgeldjäger.«
»Aber Sie sehen nicht so aus – ich meine –«
»Ja, ich weiß.« Er grinste breit. »Das ist ein Vorteil für mich, ich passe nicht in die allgemeine Vorstellung. Bist du nun Courtney Harte oder nicht?«
Wenn er ihr nicht verraten hätte, daß er Kopfgeldjäger war, dann hätte sie es vielleicht zugegeben. So konnte sie nur annehmen, daß er auf der Suche nach Chandos war.
»Ich bin
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