Sturm auf mein Herz
mit jedem Lidschlag, jedem Blick des Auges wiederkehrend.
Begeisterung und frische Kraft durchströmten sie bei dieser Betrachtung, ähnlich dem Gefühl, das sie verspürte, als sie zum ersten Mal Billys unordentliches, trotzig-individuelles Zimmer betrat. Wer immer auch dieses Bild gemalt hatte, verstand das Geheimnisvolle und die Schönheit des unbekannten Universums einzufangen. Das Gemälde war wie ein Fenster, das einem die Sicht auf eine grenzenlose, außergewöhnliche Zukunft erschloss, eine Zukunft voller Herausforderungen, voller Verlockungen, die den Menschen dazu aufforderte, sich einmal von seinem bequemen Alltag loszusagen und zuzugeben, dass es da draußen ein unerschöpfliches Universum an Möglichkeiten gab.
Shelley fragte nach dem Ladenbesitzer und wurde prompt zu ihm geführt. Sie war fest entschlossen, das Gemälde zu kaufen, obwohl sie im ersten Moment nicht hätte sagen können, wo und ob es überhaupt in ihrem Haus Platz fand.
Den Drachen unter einem Arm, die Fantasy-Bücher unter dem anderen und das Universum fest in beiden Händen haltend, marschierte sie zum Parkplatz zurück. Dann stand sie neben ihrem Wagen, blinzelte in die grelle Sonne und wunderte sich darüber, dass die Welt noch genauso aussah wie vor knapp einer Stunde.
Ein paar Stunden später lagen die Geschenke lustig verpackt in ihrem Schlafzimmer versteckt, bereit für die von ihr geplante Überraschung. Nur ein paar Kleinigkeiten blieben noch zu tun übrig, und die erledigte sie auf die ihr eigene Weise und in dem ihr eigenen Tempo.
Im Moment aalte sie sich in einem bequemen Liegestuhl neben ihrem Pool. Eine Schüssel voll frischer Stangenbohnen ruhte auf ihrem Bauch. Träge nahm sie sich ein paar Bohnen, brach geschickt die Spitzen oben und unten ab und warf sie in die Schüssel zurück. Dann brach sie die langen Bohnen in mundgerechte Stücke und ließ sie in einen Topf neben ihrem Stuhl fallen.
Sie war kurz vorm Einnicken. Der Wasserfall am Ende des Pools fiel rauschend herab und verhieß Erlösung von der flirrenden Hitze, die aus dem buschbewachsenen Canyon unterhalb ihres Hauses hochwaberte.
Shelley, die Augen vor der Sonne ein wenig zusammengekniffen, beobachtete Cain und Billy, die einander im klaren blauen Wasser des Pools herumjagten und dabei silbrige Bahnen von Luftbläschen hinterließen. Jedes Mal, wenn der Junge hochschoss, schickte er mit der flachen Hand eine Wasserfontäne in die Richtung, in der er glaubte, dass sein Onkel sei. Dann, einen diebischen Freudenschrei über seinen gemeinen Hinterhalt ausstoßend, tauchte er wieder ab, um mit flinken
Bewegungen dem blitzschnellen, kraftvollen Mann auszuweichen, der ihn stets um ein Haar zu verpassen schien.
Shelley wusste, dass Cain seinen Neffen jederzeit hätte erwischen können. Aber es machte mehr Spaß, so zu tun, als würde ihm der bewegliche, fröhliche Junge ein Schnippchen schlagen.
Sie schloss die Augen ganz. Lächelnd, wie in einem warmen Dämmerzustand dahintreibend, der nur durch Billys ausgelassenes Kreischen akzentuiert wurde, fischte sie in der Schüssel nach neuen Bohnen. Sie wählte ganz nach Gefühl, brach die Enden ab und warf das Übrige in die jeweiligen Schüsseln.
Nach einer Weile fühlte sie, wie ihre Liegestuhlpolsterung leicht nachgab. Etwas hatte sich neben der Schüssel, die sie auf dem Bauch stehen hatte, niedergelassen.
»Stups?«
Das tat die Katze. Gleich zweimal. Eine Tatze, die Krallen höflich eingezogen, ruhte dann erwartungsvoll - oder warnend? - auf ihrem Oberschenkel.
Shelley, die Augen noch immer geschlossen, suchte seufzend nach einer U-förmigen Bohne. Stups mochte die richtig krummen am liebsten.
Die Katze stupste erneut mit dem Kopf gegen ihre Hand, wie um zu sagen: Mach schneller, ich hab nicht den ganzen Tag Zeit.
»Geduld, meine Süße. Ich bemühe mich. Ah, da haben wir ja eine.«
Sie hielt ihrem Haustiger die Bohne auf der Handfläche hin.
Stups nahm sie mit ihrem Maul, sprang leichtfüßig vom Stuhl und begann temperamentvoll, das wehrlose Gemüse über die Steinplatten der Terrasse zu tatzen.
Shelley lächelte mit geschlossenen Augen. Sie wusste, was die Katze gerade tat. Als Junges hatte Stups eine heiße Leiden-schaft für Stangenbohnen entwickelt, und die hielt nach wie vor an.
Wieder senkte sich ihr Polsterkissen. Die Bohnenschüssel verrutschte, weil erneut jemand daran stupste. Sie machte sich nicht die Mühe, die Augen zu öffnen.
»Schon wieder da? Was ist los? Hast du die arme Bohne
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