Sturm auf mein Herz

habe.«
    Äußerst behutsam berührte sie seine Brust. Unter der krausen Haarmatte war ein mächtiger Bluterguss zu erkennen.
    »Wohl kaum, Kätzchen. Da müsstest du mir schon mit einem Hammer kommen, um eine solche Delle zu verursachen.«
    »Was ist es dann?«
    »Wie ich sagte, ein Hammer.« »Du machst Witze.«
    »Würd ich ja gern.«
    Der Gedanke, dass jemand ihm wehgetan hatte, durchschnitt sie wie ein Messer. »Was ist passiert?«
    »Eine kleine Meinungsverschiedenheit.«
    »Worüber?«
    »Das Übliche. Ein Karussellpferdchen.«
    »Ein Karussellpferdchen?«
    »Eine Frau. Die Art, die jeder reiten kann.«
    Shelley zuckte zusammen. »Warst du bei einem Arzt?«
    »Sinnlos.«
    »Wieso?«
    Er streichelte ihre Haare, denn er fühlte die Anspannung, die sie gepackt hatte. Als das nichts half, zog er ihr Gesicht zu sich und küsste sie.
    »Ist nicht weiter schlimm«, sagte er.
    »Aber wieso willst du dann nicht darüber reden?«
    »Weil mich die Dummheit der Menschen einfach auf die Palme bringt.«
    »Wenn das so ist, dann müsstest du mindestens dein halbes Leben auf einer Palme verbringen.«
    Lachend lehnte er sich wieder zurück.
    Sie schmiegte sich an ihn und wartete.
    »Weißt du noch, der Geologe und der Ingenieur, mit denen ich Schwierigkeiten hatte?«, fragte er schließlich.
    »Die zwei, die um das, äh, Karussellpferdchen streiten?«
    »Genau. Ich bin gerade rechtzeitig aufgetaucht, um eine kleine Schlägerei zu beenden.«
    »Und da hat einer mit dem Hammer nach dir geschlagen?«
    »Meine eigene verdammte Schuld«, erwiderte er gähnend. »Ich war mehr wegen des Typs mit der Pistole besorgt. Betrunkene können ganz schön unberechenbar sein.«
    Ihr Mund wurde trocken.
    »Als ich ihm die Pistole entrang, haben mich Joe und das Weib von hinten angesprungen. Ich konnte Ken die Waffe entwinden und den Hammerschlag weitgehend abblocken. Danach hab ich ein bisschen Vernunft in die beiden geprügelt.«
    Shelley hielt erschrocken den Atem an.
    »Passiert so was oft?«, fragte sie schwach.
    »Nö. Und wenn, dann meist zwischen Minenarbeitern, nicht Ingenieuren. Meistens lasse ich sie gewähren, solange sie ungefähr gleich stark sind. Aber Ken war, bevor er Ingenieur wurde, ein Minenarbeiter. Zwei Bier und ein knackiger Arsch, und er rastet total aus.«
    »Gab’s denn dort keine Polizei?«
    »Wie viele Cops gibt’s in der Sahara?«, lautete Cains trockene Antwort.
    Erinnerungen schossen in ihr hoch, und sie schloss unwillkürlich die Augen. Es hatte Zeiten gegeben, da mussten sie und ihre Mutter Zuflucht in ihrem Zelt suchen. Ihre Mutter holte dann immer eine gut geölte Pistole aus einem Geheimfach in einem Koffer. Und danach warteten sie in stummer Angst hinter den Zeltwänden.
    Mit der Zeit lernte auch Shelley, zu schießen und die Pistole zu pflegen. Doch schon vorher hatte sie oft durch den Zeltschlitz am Eingang gespäht und zugesehen, wie ihr Vater mit dem Gewehr in der Armbeuge zu einer aufgebrachten Männergruppe sprach.
    »Keine Polizei vor Ort und normalerweise nicht einmal eine Nachuntersuchung«, sagte sie. »Dad musste die Dinge selbst in die Hand nehmen.«
    »Genauso ist es in einem Minenarbeitercamp. Nur der Boss kann Ordnung halten.«
    »Bist du der Boss?«
    »Nein, das ist Ken. Leider hat das fragliche Karussellpferdchen -« »Lulu?«
    »Ja, Joes Frau. Sie war die mit dem Hammer.«
    »Ach du meine Güte.«
    »Wenn sie ein Mann gewesen wäre, hätte ich ihr den Arm gebrochen.« Er zuckte mit den Schultern. »Wie die Dinge standen, hab ich Lulu gesagt, wenn sie je wieder auf mich losgeht, schlag ich sie nieder wie einen Mann.«
    »Und Ken?«
    »Der wird sich nach ’nem neuen Job umsehen, sobald sein Arm wieder heil ist.«
    »Sein Arm?«
    »Ich hab ihn gebrochen. Ich mag keine Knarren, besonders nicht, wenn man damit auf mich zielt.«
    »Ach - ach so. Und der Ehemann?«
    »Joe ist mit Lulu in seine Blockhütte gegangen. Ich weiß nicht, was danach passiert ist.«
    »Wohl keiner der Beteiligten wird noch viel Spaß gehabt haben.«
    »Hoffe nicht«, knurrte Cain. »Hab Lulu danach nicht mehr gesehen, was auch gut war. Hatte viel zu viel damit zu tun, wieder alles in Gang zu bringen, um mir den Kopf über eine geile Nutte zu zerbrechen.«
    Shelley lief es kalt über den Rücken, als sie hörte, wie verächtlich er klang. Dieselbe eisige Verachtung zeigte er, wenn er seine Ex-Frau oder JoLynn erwähnte.
    Karussellpferdchen.
    Selbst Shelley hatte bei ihrer ersten Begegnung seine scharfe Zunge zu spüren