Sturm der Verfuehrung
Switherton gegangen war, und zu fragen, ob er ihr, da der Earl abwesend war und sie zum Frühstück kaum etwas zu sich genommen hatte, einen Imbiss im Wohnzimmer servieren sollte.
»Danke, Crisp. Das wäre schön.« Er ging, und sie lächelte in sich hinein. Das gesamte Personal behandelte sie mit ausgesuchter Freundlichkeit. Aufmerksam, ohne aufdringlich zu sein, erleichterten die Leute es ihr, die Position der Countess auszufüllen. Zumindest, was den offiziellen Teil anging.
Was der private Teil dieser Stellung mit sich brachte, darüber dachte sie während des Essens nach. Durch die leichten Speisen, die die Küche für sie bereitet hatte, gestärkt - sie hatte in den letzten Tagen morgens nicht mehr als einen Toast und eine Tasse Tee heruntergebracht -, beschloss sie, im Rosengarten spazieren zu gehen.
Ermutigt durch die knospenden Zweige der Rosenstöcke entlang der gepflasterten Wege hatte sie es fast geschafft, die seltsamen Vorkommnisse im Waisenhaus und Mr Switherton mit seinem ebenfalls seltsamen Angebot aus ihrem Kopf zu verbannen, als ihr plötzlich ein Gedanke kam, der beides in Verbindung brachte.
»Großer Gott.« Sarah blieb abrupt stehen und schaute blicklos in die Ferne. Was, wenn ...
Was, wenn da tatsächlich eine Verbindung bestand? Es hatte bereits zwei Kaufangebote davor gegeben. Erst durch Haynes, dann war jemand mit einer Offerte an Charlie herangetreten, und danach hatten die Zwischenfälle auf der Quilley Farm begonnen. Was, wenn der anonyme Interessent beschlossen hatte, ihr und den Menschen im Waisenhaus das Leben schwer zu machen und sogar Charlie zu irritieren und zu beunruhigen, um ihn dann mit einer »offenkundig überhöhten« Summe zu veranlassen, sich das Ärgernis vom Hals zu schaffen, indem sie es verkaufte?
Nein. Sie schüttelte den Kopf. Das konnte nicht sein. Da spielte ihre Phantasie ihr einen Streich.
Doch der Verdacht setzte sich fest. Sie ging weiter, prüfte ihre Vermutung. Es war lediglich die zeitliche Abfolge der Vorfälle und Angebote, die sie auf die Idee gebracht hatte, dass da ein Zusammenhang bestehen könnte - es war gut möglich, dass sich die Angebote anders erklären ließen. Jemand, der sie nicht kannte, konnte durchaus annehmen, dass ihr Engagement für ihr »Steckenpferd« nach ein paar Wochen Ehe schwinden und sie sich einem Kaufangebot zugänglich zeigen würde.
Es musste nicht unbedingt eine Verbindung zwischen den Vorfällen und den Offerten geben.
16
Außer ... die Möglichkeit ging ihr einfach nicht aus dem Kopf.
Am Samstagnachmittag ging sie wieder in den Rosengarten. Hier hatte sie ihre Ruhe und konnte ungestört grübeln und vor sich hin murmeln. In ihrem Wohnzimmer bestand immer die Gefahr, dass Charlie, Crisp, einer der Lakaien oder eines der Dienstmädchen vorbeiging und sie sah und hörte und sich dann noch mehr um sie sorgte als ohnehin schon.
Seit ihrem erschreckenden Einfall am Tag zuvor war sie geistesabwesend, allein auf den Versuch konzentriert, die Idee einer Verbindung zwischen den Vorfällen und Kaufangeboten ad absurdum zu führen und somit zu verwerfen. Obwohl sie sich alle Mühe gab, war es ihr noch nicht gelungen.
Vielleicht sollte sie mit jemand sprechen. Mit ihrem Vater vielleicht? Wahrscheinlich würde er ihr dasselbe sagen, was ein Teil von ihr noch immer dachte - dass sie sich völlig grundlos sorgte.
Was war mit Gabriel Cynster? Als Geschäftsmann würde er zweifellos bestätigen, dass derlei Vorkommen konnte, aber er kannte sie nicht besonders gut, und ihr Bericht über die Ereignisse und ihr Verdacht würden für ihn vielleicht ... nun ja, leicht hysterisch klingen. Und er würde sich fragen, warum sie sich damit an ihn wandte und nicht an ihren Ehemann.
Womit nur ein Gesprächspartner übrig blieb - Charlie. Sarah hatte seine erste - und einzige - Nachfrage bezüglich des Waisenhauses mit einer vagen Erwiderung abgetan, weil sie glaubte, das »Gespenst« ein für alle Mal vertrieben zu haben. Das war ein Irrtum gewesen, doch Charlie hatte kein zweites Mal nachgefragt, und seine Erklärung, kein Interesse an ihrem Waisenhaus zu haben, klang ihr noch in den Ohren, schmerzte noch immer. Deshalb hatte sie nichts mehr gesagt, aber es war ihm nicht entgangen, dass sie etwas belastete.
Sie merkte ihm an, dass es ihn regelrecht quälte, nicht zu wissen, was es war, doch er schwieg hartnäckig.
Sarah schnitt eine Grimasse, machte kehrt und ging mit verschränkten Armen zum Haus zurück. Wenn sie ihn in der
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