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Sturm der Verfuehrung

Titel: Sturm der Verfuehrung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Laurens
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störte ihn nicht. Er war in den vergangenen Wochen häufig in Watchet gewesen, und die Einheimischen wussten entweder, wer er war, oder hatten sich daran gewöhnt, ihm in ihrer Stadt zu begegnen.
    Er war zu dem Schluss gekommen, dass, mit seinem Handlanger zu sprechen, gegenwärtig wichtiger war als die Gefahr, mit ihm zusammen gesehen zu werden, und so machte er auf dem Absatz kehrt, ging weiter bergauf und bog schließlich in die letzte Seitenstraße zu seiner Rechten ein.
    Jennings hatte sich eine Fischerhütte am Ende der Gasse gemietet. Malcolm ging an dem Cottage vorbei und den schmalen, felsigen Weg die Steigung hinauf. Ein Stück weiter blieb er stehen, drehte sich um und tat, als betrachtete er die Stadt. In Wahrheit galt seine Aufmerksamkeit etwas anderem.
    Dem an das Cottage angebauten, offenen Stall. Es stand kein Pferd darin.
    Malcolm fluchte. Er erwog aufzugeben, aber angesichts Jennings’ letzter Aktion musste er den Mann unbedingt auftreiben.
    Er schaute noch einmal um sich, ging dann noch etwas weiter nach oben, bog vom Weg ab und näherte sich der Hütte von der Rückseite. Die Hintertür war unverschlossen.
    Es ging ihm gegen den Strich, doch er hatte keine andere Möglichkeit, als eine Nachricht zu hinterlassen. Also riss er ein Blatt von dem Block, den er stets bei sich trug, und schrieb in Großbuchstaben, um ein Erkennen seiner Schrift zu erschweren: »Kommen Sie heute Nacht zu mir.«
    Er legte den Zettel auf den Tisch und beschwerte ihn mit einem Glas. Ein Fremder könnte den Worten nichts entnehmen, aber Jennings würde wissen, was sie zu bedeuten hatten.
    Im schwindenden Tageslicht betrat Malcolm Finley House und ging in sein Allerheiligstes, den einzigen Raum, den er außer dem Schlafzimmer im Obergeschoss benutzte.
    Innerlich den Kopf schüttelnd, ließ er sich in dem Armlehnstuhl am Feuer nieder und dachte über die Entwicklung nach, die die Dinge genommen hatten. Als er auf die Kaminuhr schaute, fiel sein Blick auf die Karte, die er davor gestellt hatte - eine Einladung von Lady Conningham, mit ihrer Familie und anderen Gästen heute Abend zu dinieren.
    Der Anblick erinnerte ihn an alles, was - gänzlich unbeabsichtigt von ihm - durch sein Vorhaben in Gefahr geraten war: Charlie und Sarah und ihr gemeinsames Leben hier in der friedlichen, idyllischhügeligen Landschaft.
    Er hatte nicht gewusst, wie kostbar so etwas war, bis er es mit eigenen Augen gesehen hatte. Davor hatte er nicht geahnt, dass er sich tief in seiner Seele nach genau dieser Art Leben sehnte. Jetzt wusste er es und beneidete Charlie darum, ohne ihm sein Glück jedoch zu missgönnen. Vielleicht, weil Charlie ihm so ähnlich war, nicht nur, was seine Erscheinung anging, sondern auch die intellektuellen Fähigkeiten, den Scharfsinn und die Begeisterung für die Finanzwelt und die Freude daran, Geld zu machen.
    Zugegeben, Charlie wandelte auf den Pfaden von Recht und Gesetz, während er, Malcolm, die finsteren Gassen bevorzugte, doch dieser Unterschied war eher den Umständen und Einflüssen zuzuschreiben, unter denen sie aufgewachsen waren, als einer unterschiedlichen Natur. Charlie hatte seine Familie gehabt und die Cynsters. Er, Malcolm, hatte niemand gehabt - abgesehen von seinem verstorbenen und unbetrauerten Vormund Lowther, der sich eine Kugel in den Kopf gejagt hatte, um sich nicht wegen Sklavenhandels mit Weißen verantworten zu müssen.
    Mit einem selbstverachtenden Lächeln starrte er in die Flammen, die über die Scheite leckten, die seine Haushälterin vorsorglich aufgeschichtet und angezündet hatte, bevor sie ging. So sehr er es sich auch wünschen mochte, er wusste, dass er nie haben könnte, was Charlie in Reichweite hatte. Was ihn jedoch ernstlich verärgerte, war Charlies Weigerung wertzuschätzen, was das Schicksal ihm zugedacht hatte, zuzugreifen und sich angemessen dankbar zu zeigen.
    Vielleicht lag es an den fünf Jahren Altersunterschied zwischen ihnen und der Einsamkeit, die er, Malcolm, mit jedem Tag, an dem er sah, was Charlie hatte, deutlicher gewahrte, lag es an der Erkenntnis, Chancen verpasst und außer Geld nichts vorzuweisen zu haben, dass er entschlossen war, Charlie dazu zu bringen, seine Chance zu ergreifen.
    Gewissermaßen stellvertretend für ihn.
    Ein Leben aus zweiter Hand, gewiss, aber da Charlie ihm so ähnlich war, könnte er sich damit zufriedengeben.
    Was bedeutete, dass Jennings die Finger von dem Waisenhaus lassen musste. Es frustrierte Malcolm, dass er den Mann nicht hatte

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