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Sturm ueber roten Wassern

Sturm ueber roten Wassern

Titel: Sturm ueber roten Wassern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Lynch
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Glückssträhne … doch wie war das beim Billard? Ihr berühmter Sieg gegen Lord Landreval war in aller Munde. Wie konnten Sie da betrügen? Mein Haus stellt die Kugeln, die Queues und sorgt für die Handhabung.«
    »Ja, und deshalb mussten wir woanders ansetzen. Ich bestach Lord Landrevals Hausarzt mit zehn Solari, damit er mir Einblick in seine Krankengeschichte verschaffte.
    Wie sich herausstellte, reagiert der Lord allergisch auf Zitronen. Jeden Abend, bevor wir mit Lord Landreval spielten, rieben Jerome und ich unsere Wangen, den Hals und die Hände mit Zitronenscheiben ab, dann überdeckten wir mit anderen Ölen den größten Teil des Aromas. Nach einer halben Stunde in unserer Gegenwart schwoll Landrevals Gesicht so an, dass er kaum noch etwas sehen konnte. Ich bin mir nicht sicher, ob er jemals herausgefunden hat, was seine gesundheitlichen Probleme verursachte.«
    »Sie sagen, Sie hätten tausend Solari mit ein paar Zitronenscheiben gewonnen?
    Blödsinn!«
    »Sie haben recht. Ich bat Lord Landreval höflich, ob er mir nicht tausend Solari borgen könnte. Und er in seiner Großherzigkeit bot uns an, ihn öffentlich bei seinem Lieblingsspiel zu demütigen.«
    »Hmmmpf.«
    »Wie oft hat Landreval verloren, bevor er Jerome und mich kennenlernte? Eines von fünfzig Spielen?« »Zitronen. Verdammt will ich sein!«
    »Ja. Wenn man beim Spiel nicht tricksen kann, dann muss man sich an den Spieler heranmachen. Mit den richtigen Informationen und einer gründlichen Vorbereitung führen Jerome und ich jeden einzigen Gast in Ihrem Sündenturm an der Nase herum.
    Verflucht noch mal, jemand mit meinem Talent, der nur genug über mich in Erfahrung bringt, könnte mich vermutlich genauso anschmieren.«
    »Das ist eine tolle Geschichte, Meister Kosta.« Requin griff über den Schreibtisch und nahm einen Schluck von seinem Wein. »Ich denke, zumindest einiges von dem, was Sie mir erzählt haben, kann ich für bare Münze nehmen. Ich vermute, Sie und Ihr Freund sind genauso wenig Warenspekulanten, wie ich es bin, aber in meinem Turm dürfen Sie sich als Herzog oder als Drache mit drei Köpfen ausgeben – es interessiert mich nicht, solange Sie kreditwürdig sind. Und das waren Sie eindeutig, bevor Sie heute Abend mein Büro betraten. Womit wir gleich bei der allerwichtigsten Frage wären – warum zur Hölle erzählen Sie mir das alles?«
    »Ich wollte Sie auf mich aufmerksam machen.«
    »Das war Ihnen bereits gelungen.«
    »Aber ich wollte mehr als Ihr Interesse. Sie sollten wissen, wozu ich fähig bin und was ich erreichen kann, wenn ich will.«
    »Nun, jetzt weiß ich über Sie Bescheid, vorausgesetzt, ich akzeptiere Ihre Geschichte. Was genau versprechen Sie sich von diesem Auftritt?«
    »Eine Chance, dass das, was ich Ihnen gleich sagen werde, nicht auf taube Ohren stößt.«
    »Oh?«
    »Im Grunde ist mir nicht daran gelegen, Ihre Gäste hier und da um ein paar tausend Solari zu erleichtern, Requin. Es hat Spaß gemacht, ist für mein eigentliches Ziel aber von nebensächlicher Bedeutung.« Locke spreizte die Hände und lächelte geziert. »Man hat mich angeheuert, um in Ihren Tresor einzubrechen, und zwar sobald ich einen Weg gefunden habe, alles, was sich darin befindet, direkt unter Ihrer Nase fortzuschaffen.«

3
     
     
    Requin blinzelte. »Unmöglich!« »Unvermeidlich.«
    »Wir sprechen hier nicht über Taschenspielertricks oder Zitronen, Meister Kosta. Ich verlange eine Erklärung.«
    »Langsam tun mir die Füße weh«, erwiderte Locke. »Und meine Kehle ist ein bisschen trocken.«
    Requin glotzte ihn an, dann zuckte er mit den Schultern. »Selendri. Einen Stuhl für Meister Kosta. Und ein Glas.«
    Stirnrunzelnd drehte Selendri sich um und holte einen Stuhl aus filigran gedrechseltem dunklem Holz mit einem dünnen Lederkissen herbei, der an der Wand gestanden hatte. Hinter Locke stellte sie ihn ab, und er ließ sich lächelnd darauf nieder. Danach hantierte Selendri ein Weilchen hinter Lockes Rücken herum und kam mit einem Pokal aus Kristall zurück, den sie Requin gab. Der nahm die Weinflasche und goss eine großzügige Menge einer roten Flüssigkeit hinein. Eine rote Flüssigkeit? Locke zwinkerte nervös – und entspannte sich wieder. Kameleona, der Wein, der seine Farbe veränderte, natürlich. Eine von mehreren hundert alchemischen Weinsorten, für die Tal Verrar berühmt war. Requin reichte ihm den Pokal, dann hockte er sich auf die Kante des Schreibtischs und verschränkte die Arme. »Auf Ihre

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