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Sturm ueber roten Wassern

Sturm ueber roten Wassern

Titel: Sturm ueber roten Wassern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Lynch
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enthüllt hätte, bevor Sie mir Ihre Kartentricks zeigten, Sie also gewusst hätten, wen Sie verraten wollten – wären Sie mit Ihrem Ansinnen dann trotzdem zu mir gekommen?«
    »Nun ja …« Locke tat so, als würde er sich die Antwort gut überlegen. »Ich kann nicht sagen, wie ich mich verhalten würde, wenn ich ihn tatsächlich sympathisch gefunden oder ihm vertraut hätte. Vielleicht hätte ich Jerome einfach ein Messer in den Rücken gerammt und weiter für ihn gearbeitet. Aber … für Stragos sind wir bloß Ratten, nicht wahr? Lästige Insekten. Stragos ist ein aufgeblasener Dreckskerl. Er denkt, Jerome und ich seien sein Eigentum. Ich mag ihn ganz einfach nicht … unabhängig davon, dass er uns vergiftet hat.«
    »Er muss sich ja ausführlich mit Ihnen unterhalten haben, wenn Sie ihn so sehr verabscheuen«, meinte Requin schmunzelnd. »Wie auch immer. Wenn Sie sich einen Platz in meiner Organisation erkaufen wollen, müssen Sie einen Preis bezahlen. Und dieser Preis ist Stragos.«
    »Große Götter. Was zur Hölle soll das denn heißen?«
    »Wenn Stragos nachweislich tot ist oder sich in meinem Gewahrsam befindet, bekommen Sie von mir, was Sie verlangen. Eine Anstellung im Sündenturm, wo Sie Aufsicht über die Spieltische führen. Ein festes Gehalt. Jede nur erdenkliche Hilfe, die ich Ihnen anbieten kann, um dieses Gift in Ihrem Körper unschädlich zu machen. Und obendrein liefere ich Ihnen Jerome de Ferra ans Messer. Sind Sie einverstanden?«
    »Und wie soll ich das anstellen?«
    »Ich erwarte nicht, dass Sie die ganze Arbeit allein machen. Aber Maxilan hat eindeutig lange genug regiert. Unterstützen Sie mich in meinen Bestrebungen, ihn in den Ruhestand zu schicken, mit sämtlichen Ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln, oder mit den Methoden, die ich Ihnen an die Hand gebe. Dann haben wir sicher bald einen neuen Kasinomanager.«
    »Das ist das Beste, was ich seit Langem gehört habe. Und das … äh … Geld, das ich auf meinem Konto habe, wird das gesperrt?«
    »Allerdings, und das bleibt auch so. Das haben Sie sich selbst zuzuschreiben. Ich bin kein gnädiger Mensch, Leocanto. Bedenken Sie das, wenn Sie in meine Dienste treten.«
    »Natürlich, natürlich. Darf ich Ihnen jetzt vielleicht eine Frage stellen? Haben Sie denn gar keine Angst, ich könnte Sie an Stragos verraten? Zu ihm laufen und ihm alles erzählen?«
    »Was macht Sie so sicher, dass ich kein doppeltes Spiel mit Ihnen treibe? Genauso gut könnte ich Sie an Stragos ausliefern.« Requin lächelte breit; die Vorstellung schien ihn aufrichtig zu amüsieren.
    »All diese Möglichkeiten bereiten mir Kopfschmerzen«, seufzte Locke. »Ich ziehe Kartentricks einer Intrige vor. Wenn Sie nicht ehrlich zu mir waren, dann kann ich gleich nach Hause gehen und mich noch heute Nacht aufhängen, das ist doch wohl klar.«
    »Ja. Aber ich gebe Ihnen eine bessere Antwort. Was könnten Sie Stragos denn schon über mich berichten? Dass ich ihn nicht mag, dass ich das Vermögen seiner Gegner bei mir einlagere und ihm den Tod wünsche? Damit er für meine feindselige Einstellung eine Bestätigung bekommt? Das wäre witzlos. All das ist ihm seit Langem bekannt. Er weiß, dass die Unterwelt von Tal Verrar ihn daran hindern wird, wenn er danach trachtet, seine Machtbefugnisse noch stärker auszuweiten. Meine felantozzi lassen sich lieber von den Gilden regieren, als sich Uniformen und Speeren zu unterwerfen; in einer Militärdiktatur, die ihre Waffen sprechen lässt, kann man nur schwer Geschäfte machen.«
    Felantozzi war ein Begriff aus dem Thron-Therin und bedeutete Fußsoldaten; schon früher hatte Locke ein paar Mal gehört, dass man damit Kriminelle bezeichnete, doch ihm war noch nie zu Ohren gekommen, dass sie sich untereinander so nannten.
    »Jetzt bleibt nur noch abzuwarten«, fuhr Requin fort, »was Ihr anderer Richter sagt … ob er beschließt, dass es sich immer noch lohnt, Ihretwegen ein Risiko einzugehen.«
    »Mein anderer Richter?«
    Requin deutete auf Selendri. »Du hast alles mit angehört, meine Liebe. Werfen wir Leocanto aus dem Fenster, oder schicken wir ihn wieder dorthin zurück, wo du ihn aufgegabelt hast?«
    Locke hielt ihrem Blick stand, verschränkte die Arme vor der Brust und legte ein argloses, treuherziges Lächeln in seine Züge – jedenfalls hoffte er, dass ihm dies gelang.
    Eine Weile sah sie ihn mit finsterer, undeutbarer Miene an, dann seufzte sie.
    »Ich traue ihm noch immer nicht. Es gibt da immer noch vieles, was mir

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