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Sturm ueber roten Wassern

Sturm ueber roten Wassern

Titel: Sturm ueber roten Wassern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Lynch
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Kopfzerbrechen«, flüsterte Selendri heiser.
    »Wieso hat Stragos mit Ihnen persönlich verhandelt? Ihm muss doch klar sein, dass Sie ihn jetzt schwer belasten können, wenn man Sie … unter Druck setzt.«
    »Eines hatte ich bis jetzt noch nicht erwähnt«, entgegnete Locke, beschämt dreinblickend. »Diese Sache ist Jerome und mir sehr … peinlich. Während unseres Treffens kredenzte Stragos uns einen Wein. Da wir es nicht riskieren wollten, unhöflich zu erscheinen, tranken wir kräftig. Danach behauptete er, der Wein sei mit einem Gift versetzt gewesen, einer tückischen Substanz, die sich im Körper ausbreitet, ohne sofort ihre Wirkung zu entfalten. Ab jetzt müssen Jerome und ich ständig in bestimmten Abständen ein Gegenmittel von ihm bekommen, wenn wir nicht elend krepieren wollen. Er hat uns an die Kette genommen, und das Gegengift kriegen wir nur, wenn wir brav parieren.«
    »Ein alter Trick«, kommentierte Requin. »Alt und erprobt.«
    »Ich sagte ja schon, dass es uns peinlich ist. Wie Sie sehen, verfügt er bereits über eine Methode, uns loszuwerden, nach dem wir unseren Zweck erfüllt haben. Ich bin mir sicher, dass er zurzeit keine Ängste hegt, wir könnten ihn verraten.«
    »Und dennoch wollen Sie ihn betrügen?«
    »Seien Sie ehrlich, Requin. Wenn Sie Stragos wären, würden Sie uns das Gegenmittel in die Hand drücken und uns fröhlich unseres Weges ziehen lassen? Für ihn sind wir bereits tot. Und bevor ich sterbe, werde ich meine Rache bekommen. Selbst wenn ich an dem verfluchten Wein zugrunde gehe, will ich vorher Hand an Jerome legen. Und ich will den Archonten leiden sehen. Sie sind derjenige, der mir in beiden Fällen behilflich sein kann.«
    »Ihre Logik kann ich nachvollziehen«, schnurrte Requin, der ein wenig aufzutauen schien.
    »Ich bin froh, dass Sie so denken, denn offenbar kenne ich mich mit der hiesigen Politik nicht so gut aus, wie ich dachte. Was zur Hölle geht hier eigentlich vor, Requin?«
    »Der Archont und die Priori zeigen sich mal wieder die Zähne. Nun ja, die Hälfte der Priori verwahren große Mengen ihrer Privatvermögen in meinem Tresor, und dadurch machen sie es den Spitzeln des Archonten unmöglich, den wahren Umfang ihres Kapitals herauszufinden. Wenn der Tresor ausgeplündert würde, verlören diese Leute nicht nur ihr Geld, sondern er brächte sie auch noch gegen mich auf. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt könnte Stragos mich niemals aus dem Geschäft verdrängen, ohne die Priori zu verprellen und einen Bürgerkrieg zu riskieren. Wenn er jedoch eine dritte Partei anstiftet, meinen Tresor zu plündern … oh ja, sollte ihm das gelingen, hätte er in jeder Hinsicht gesiegt. Ich würde Ihnen und Jerome hinterher jagen, die Priori würden fordern, dass man mich streckt und vierteilt, und danach hätte Stragos leichtes Spiel …«
    Requin führte eine Pantomime auf, was der Archont dann mit der Stadt und den Priori anstellen würde – er legte die geballte Faust in die offene Hand und drückte fest zu.
    »Ich hatte angenommen«, mutmaßte Locke scheinheilig, »dass der Archont den Räten der Priori unterstellt ist.«
    »Juristisch gesehen ist er das auch. Die Priori besitzen ein wunderbares Stück Pergament, auf dem diese Klausel steht. Aber Stragos verfügt über ein Heer und eine Marine, die es ihm ermöglichen, eine abweichende Meinung zu kultivieren.« »Großartig. Und was machen wir jetzt?«
    »Gute Frage. Sind Ihnen die Vorschläge ausgegangen, Meister Kosta? Fällt Ihnen keine Intrige und kein Kartentrick mehr ein?«
    Locke fand, es sei ein günstiger Augenblick, um Leocanto Kosta ein bisschen menschlicher erscheinen zu lassen. »Wissen Sie«, begann er, »als mein Auftraggeber nur ein anonymer Jemand war, der mir jeden Monat einen Beutel voller Münzen zukommen ließ, war mir völlig klar, was ich tun musste. Aber jetzt hat sich die Situation verändert, Messer werden gezückt, und Sie sind in Dinge eingeweiht, die mir nicht zugänglich sind. Sagen Sie mir, was ich tun muss, und ich werde es tun.« »Hmmmm. Stragos. Fragte er Sie nach der Unterredung, die wir beide hatten?« »Er erwähnte sie mit keiner Silbe. Ich glaube nicht, dass er davon weiß. Wahrscheinlich hatte er ohnehin vorgehabt, mich und Jerome in jener Nacht einzukassieren und zu sich bringen zu lassen, ohne dass unser Gespräch irgendeine Rolle spielte.«
    »Sind Sie sicher?«
    »So sicher, wie ich sein kann.«
    »Verraten Sie mir eines, Leocanto. Wenn Stragos sich Ihnen als Ihr Auftraggeber

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