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Sturm über Sylt

Sturm über Sylt

Titel: Sturm über Sylt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisa Pauly
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waren. Nicht die vergangenen Jahre, nicht Alettas Lügen, nicht ihr Ruhm als Sängerin hatten plötzlich eine trennende Linie gezogen,sondern eine schwerkranke Frau und ein winziges, noch ungeborenes Leben.
    Aletta wollte versuchen, das Haus durch den Garten zu betreten. Das würde aber nur gelingen, wenn sie es schaffte, unbemerkt den Hauseingang zu passieren. Dann würde Insa nicht bemerken, dass sie zurück war, und sie konnte heimlich auf den Speicher hinaufsteigen, um weiter in den Hinterlassenschaften ihrer Mutter zu suchen. Sie hatte nie wieder mit ihrer Schwester über das Geheimnis geredet, das ihre Mutter ihr auf dem Sterbebett anvertrauen wollte, und hoffte, dass Insa es mittlerweile vergessen hatte. Auf keinen Fall sollte sie erfahren, dass Aletta noch immer auf der Suche war. Insa würde alles tun, um zu verhindern, dass sie hinter das Geheimnis kam. Warum ihr das so wichtig war, würde wohl das nächste Geheimnis sein, dem Aletta auf die Spur kommen musste.
    Sie vermutete Insa in der Küche, denn in den Zimmern der beiden Soldaten brannte kein Licht. Also würden die beiden wohl beim Abendessen sitzen, wo Insa sich ihrer annahm, als handelte es sich um Feriengäste. »Solange sie sich so benehmen«, hatte sie gesagt, »werden sie auch so behandelt.«
    Am Küchenfenster konnte Aletta vorbeihuschen, ohne gesehen und angerufen zu werden. Nun stand sie im Garten, wo es einen weiteren Hauseingang gab, den jedoch normalerweise weder Insa noch Aletta benutzten. Er gehörte den Feriengästen, die dort auf direktem Wege in ihre Zimmer gelangten. Aber natürlich gab es im Innern des Hauses eine Tür, die den Anbau mit dem alten Haus verband. Durch diese Tür wollte Aletta in den Flur gelangen und von dort zur Treppe.
    Die Tür war noch nicht hinter ihr ins Schloss gefallen, als sie stockte. Da war ein Geräusch! Die Tür, die von der Küche in den Garten führte, öffnete sich, eine Stimme war zu hören. Insa? Nein, nicht Insa! Eine andere Frau sprach leise, sehr leise, und dann tuschelte jemand zurück. Ja, das war Insa! Sie sprachmit einer Frau, aber anscheinend wollten die beiden weder gehört noch gesehen werden. Aletta schob den Fuß in den Türspalt und vergrößerte ihn so weit, dass sie hindurchsehen konnte. Die beiden Frauen bewegten sich am Kräutergarten entlang und betraten die Rasenfläche, die für die Hausgäste angelegt worden war. Erschrocken zog Aletta sich zurück, ohne jedoch die Tür zu schließen. Sie hörte die Stimmen, flüsternd, tuschelnd: »Nenn es, wie du willst. Es ist mir egal«, zischte Frauke Lützen.
    »Und was ist, wenn ich auffalle?«
    »Das ist deine Sache. Wenn du nicht willst, dass deine Schwester etwas erfährt, musst du eben aufpassen.«
    »Das könnte ich auch zu dir sagen. Du kannst auch nicht wollen, dass jemand etwas erfährt.«
    »Da siehst du’s! Wir müssen uns gegenseitig helfen.«
    Insa stieß etwas Verächtliches aus, was Aletta nicht verstehen konnte, dann entfernten sich die beiden ums Haus herum. Kurz darauf hörte Aletta Schritte auf der Straße und die Eingangstür ins Schloss fallen. Insa hatte das Haus wieder betreten, und Frauke Lützen ging die Stephanstraße hinab. Was hatte sie von Insa verlangt? Was hatte das mit ihr, Aletta, zu tun? Und warum hatte Insa Heimlichkeiten mit einer Frau, mit der sie eigentlich nichts zu tun haben wollte?
    Sie zog nun die Tür ins Schloss, huschte den Gang entlang, von dem mehrere Türen in die Ferienzimmer führten, bis sie an jener angelangt war, die in den alten Teil des Hauses führte. Leise drückte sie die Klinke herab, lauschte in den Flur, hörte die Stimmen der beiden Soldaten und Insa, die auf ihre Fragen antwortete. Lautlos huschte sie die Treppe hoch und stand kurz darauf wieder auf dem Speicher vor der Korbtruhe.
    Vier Wochen sind wir nun mit der kleinen Aletta wieder zu Hause. Sie macht sich gut, es scheint ihr nichts auszumachen, dass sie mit der Flasche großgezogen wird. Die Nachbarin sagt, ich solle mir keine Gedanken machen. Alte Kühe gäben keine Milch! Eigentlich eineUnverschämtheit, aber ich habe nichts dazu gesagt. Nur Insa macht mir Sorgen. Kaum waren wir wieder zu Hause, ist sie sofort nach Wenningstedt geradelt. Sie meint, ich hätte es nicht gemerkt, aber ich weiß sehr wohl, was sie dort suchte. Zum Glück musste ich mir keine Sorgen machen. Ich wusste längst, dass er nicht mehr auf Sylt ist. Gleich nach unserer Rückkehr habe ich mich erkundigt, und nun bin ich sehr beruhigt. Jetzt muss es

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