Sturm und Drang
viele Orks dort liegen, und der General möchte keines der Stadttore öffnen, bis eine Entsatzarmee eingetroffen ist.
»Keine Knappheit in der Bierbranche?«
»Noch nicht«, beruhigt mich Hoffax.
Gut, sehr gut. Wenn das Bier knapp wird, wäre das ein vernichtender, demoralisierender Schlag für die Stadt. Ich persönlich könnte schwerlich weiterkämpfen. Es ist ein milder Wintertag, und Ghurd schwitzt, während er Hoffax hilft, die Fässer in den Keller zu rollen.
»Unterwegs zu den Zinnen?«, erkundigt er sich.
Ich schüttele den Kopf.
»Heute habe ich dienstfrei.«
»Wieso bist du denn so früh schon auf?«
»Ich arbeite an einem Fall.«
Bisher konnte noch niemand Licht in das mysteriöse Verschwinden des Kapitäns bringen, der angeblich den Ozeanischen Orkan nach Turai gebracht hat. Also will ich den Ersten Maat befragen. Er ist in der Mehrjungfrau abgestiegen. Eine sehr interessante Wahl, denn die Mehrjungfrau ist zufällig das Hauptquartier der Bruderschaft. Nicht gerade ein Ort, an dem ein unschuldiger Mann sich eine Bleibe sucht, obwohl das nicht bedeuten muss, dass der Matrose zu einer kriminellen Vereinigung gehört. Vielleicht wollte er auch nur seinen Vorrat an Boah auffrischen. Oder er hatte es satt, ständig verhört zu werden, und hat sich an einem Ort verkrochen, um den das Gesetz einen großen Bogen macht. Er hat sicher bereits unter der Zivilgarde, dem Sicherheitsdienst des Palastes und dem örtlichen Präfekten genug gelitten.
In der Gasse, die zur Mehrjungfrau führt, wimmelt es von Boah-Händlern. Es sind kleine Fische, die in der Einmündung der Gasse lauern, und einige bedeutendere Geschäftsleute, die dicht an der Kaschemme herumlungern. Der Handel floriert, wie immer. Erneut staune ich über die Anzahl von Männern, die eigentlich Kriegsdienst leisten sollten, es aber nicht tun. Es ist sehr lukrativ für die Bruderschaft, aber vielleicht finden sie die Idee nicht mehr so profitabel, wenn die Orks die Mauern einreißen und sie alle köpfen.
Als ich die Kaschemme betreten will, tritt Georgius Drachentöter aus der Tür. Seine großen schwarzen Stiefel, die von einem Meisterschuster aus Juval handgefertigt wurden und vermutlich mehr gekostet haben, als ich in drei Monaten verdiene, sind zerschrammt und schmutzig von der Gosse. Wenn ich so schöne Stiefel hätte, würde ich sie in der Mehrjungfrau nicht tragen. Außerdem überrascht es mich, ihn hier zu treffen. Soweit ich weiß, nimmt Georgius kein Boah. Als ich um ihn herumgehen will, versperrt er mir den Weg.
»Ich freue mich schon auf unser Spielchen«, erklärt er.
»Ich auch. Und jetzt macht Platz, ich bin beschäftigt.«
»Also sagst du es nicht ab?« Georgius stellt die Frage so laut, dass die Leute, die an der Tür herumlungern, jedes Wort verstehen können. »Aus Geldmangel?«
»Ich werde Euch erwarten.«
»Dann sehen wir uns bald«, sagt er und schreitet davon. Sein langer Regenbogenumhang schleift hinter ihm durch den Schlamm. Einen Zauberer in dieser Gasse zu sehen, finde ich höchst ungewöhnlich, aber bei den Boah-Händlern und ihren Kunden erregt er nur wenig Aufsehen. Sie sind vollkommen in ihre eigenen Geschäfte vertieft.
In der Kaschemme stoße ich zuerst auf Donax, den örtlichen Vorsitzenden der Bruderschaft.
»Sieh an, sieh an«, erklärt Donax. »Zwei Zauberer in zwei Minuten.«
Er hat wirklich einen seltsamen Humor. Mein Versagen, Zauberei betreffend, ist allgemein bekannt. Und seine Anspielung hebt meine Laune nicht gerade.
Donax hat einen glatt rasierten Schädel, eine finstere Miene und in jedem Ohr einen goldenen Ring. Er ist intelligent und, wenn nötig, rücksichtslos. Er ist ein kräftiger Mann und ziemlich groß, wenn auch nicht so hünenhaft wie Conax, sein Vollstrecker, der zu seiner Rechten steht. Neben Conax sieht jeder wie ein Zwerg aus, einschließlich mir, und das will schon einiges heißen.
»Du hast mir gar nicht gesagt, dass du ein besonderes Raffspiel angesetzt hast«, erklärt Donax.
»Was für ein besonderes Raffspiel?«
»Mit Georgius und General Akarius. Wie hast du es geschafft, den General in die Rächende Axt zu locken?«
»Ich wusste nicht, dass er kommen würde«, gebe ich zu. »Und Georgius hat sich selbst eingeladen.«
»Wie ich höre, hat der wiederum Akarius eingeladen. Normalerweise spielen die beiden mit Prätor Raffius. Sollte der Prätor ebenfalls daran teilnehmen, dürfte es das lukrativste Spiel werden, das ZwölfSeen jemals gesehen hat.«
Er sieht mich an,
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