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Sturmjahre

Sturmjahre

Titel: Sturmjahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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enthält?«
    »Wenn ich nicht irre, sagte
ich
das eben.«
    »Aber auf dem Etikett steht’s nicht.«
    »Aber, Sir. Sie und ich, wir wissen doch, wie das mit den Etiketten ist. Es überrascht mich nur, daß Sie wissentlich ein schädliches Produkt verkaufen.«
    »Dieses Mittel enthält kein Opium.«
    »Das würde ich mir gern vom Hersteller persönlich bestätigen lassen. Können Sie mir die Adresse geben?«
    »Nein, das kann ich nicht.«
    »Ich habe ein Recht zu wissen, was ich einnehme. Bitte geben Sie mir die Adresse.«
    Er maß sie mit kaltem Blick. »Meine Dame, wenn Ihnen nicht paßt, was die Medizin enthält, dann kaufen Sie sie nicht.«
    »Woher soll ich wissen, was sie enthält, wenn auf dem Etikett nicht darauf hingewiesen wird, und Sie es entweder nicht sagen können oder nicht sagen wollen. Ich weiß zufällig, daß dieses Mittel ein gefährliches Betäubungsmittel enthält. Eine Freundin von mir wäre beinahe daran gestorben. Dieses sogenannte Medikament macht arglose Frauen, die es einnehmen, suchtkrank. Ich bin der Meinung, Sir, daß es Ihre Pflicht ist, entweder Ihre Kunden zu warnen oder die Flaschen aus Ihrem Regal zu nehmen.«
    {360} Einen Moment lang starrte er sie schweigend an, dann sagte er leise und wütend: »Im Augenblick habe ich nur die Pflicht, Verehrteste, Sie zu bitten, mein Geschäft zu verlassen. Mir gefallen Ihre Unterstellungen nicht.«
    Samantha erwiderte seinen Blick kühl, dann warf sie einen Blick auf die anderen Kunden im Laden, nahm ihre Flasche und ging.
     
    »Und was hast du dann getan?«
    »Ich habe hier im Krankenhaus eine Analyse gemacht. Farmers Frauenfreund enthält mehr Opium als Laudanum.«
    »Samantha, würdest du bitte mal eine Weile aufhören, im Zimmer hin und her zu laufen?« sagte Stanton Weatherby.
    Samantha machte vor dem Fenster halt und sah hinaus. Die Stadt war in abendliche Nebelschwaden gehüllt. Auf der Kearny Street hingen die Lichter der Straßenlampen wie Lampions im Dunst.
    Stanton, Mitglied des Verwaltungsrats und zugleich Rechtsberater des Krankenhauses, kam einmal in der Woche vorbei, um Geschäftliches mit Samantha zu besprechen. Aber an diesem Nachmittag hatte ihn nicht wie gewohnt ein gemütlicher Plausch bei einer Tasse Tee erwartet. Samantha hatte ihn erregt und aufgebracht empfangen und hatte den Tee völlig vergessen.
    Sie begann wieder, im Zimmer auf und ab zu gehen. »Ich war entsetzt, Stanton, was in den Drugstores so alles an Elixieren verkauft wird. Und die Apotheker scheint es überhaupt nicht zu kümmern, oder aber sie wissen es wirklich nicht. Aber die Leidtragenden sind die Frauen!«
    »Es ist nicht verboten.«
    Sie blieb stehen. »Nein, aber es sollte verboten sein! Jeder Quacksalber kann die Leute mit einer Flasche gefärbtem Wasser und einem verlockend aufgemachten Etikett betrügen. Und ihnen vielleicht sogar Schaden antun.«
    »Gefärbtes Wasser schadet nicht.«
    »Doch, Stanton. Diese Wundermittel halten die Leute davon ab, zum Arzt zu gehen, wo sie richtig behandelt werden würden.«
    Er betrachtete ihr erhitztes Gesicht und bedauerte es wie schon so oft, daß sie sich nicht hatte entschließen können, seine Frau zu werden. »Dagegen kann man nichts tun, Samantha.«
    »Aber die Öffentlichkeit hat ein Recht auf Aufklärung, Stanton. Die Leute haben ein Recht darauf zu erfahren, was diese sogenannten Medikamente enthalten. Und wenn die Öffentlichkeit aufgeklärt wird, dann entsteht vielleicht genug Druck, um Änderungen in der Gesetzgebung {361} durchzusetzen – ein Gesetz zum Beispiel, das vorschreibt, daß auf dem Etikett sämtliche Bestandteile eines Mittels angegeben werden müssen.«
    Stanton schüttelte den Kopf. »Das würde ein harter Kampf werden, Samantha«, meinte er skeptisch. »Die pharmazeutische Industrie ist mächtig. Jedes Jahr werden beim Kongreß Gesetzesvorlagen eingebracht, und jedes Jahr sterben sie einen lautlosen Tod.«
    »Wir können zu den Zeitungen gehen.«
    »Von denen bekommst du keine Schützenhilfe. Die verdienen doch an der Werbung der Arzneimittelhersteller.«
    »Aber es muß doch einen Weg geben!«
    Wieder schüttelte er den Kopf. »Hast du mal von Harvey Wiley gehört, Samantha?«
    »Ja, ich glaube. Ist er nicht der Leiter der Abteilung für chemische Produkte am Landwirtschaftsministerium?«
    »Richtig. Wiley bemüht sich seit Jahren um ein Gesetz, das Lebensmittelherstellern und -händlern verbietet, aus Gründen des Profits Nahrungsmittel zu verfälschen oder zu strecken. Alaun im

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