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Sturmkönige 03 - Glutsand

Sturmkönige 03 - Glutsand

Titel: Sturmkönige 03 - Glutsand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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in einem Anflug von Wahn herausgerissen. Gesehen aber hatte er trotzdem noch damit, und nun fragte sich Tarik, ob es ihm bald genauso ergehen würde. War ihm vorherbestimmt, sich den verdammten Augapfel aus der Höhle zu schälen, nur um ebenso ein Opfer des Fluchs zu bleiben wie vor ihm Amaryllis? Er fand keine Lösung für solche Gedankenspiele, und auch die Stimme des Narbennarren in seinem Inneren gab ihm keine Antwort.
    Die Visionen des Dschinnfürsten, seine Prophezeiungen und Gesichte waren auf ihn übergegangen, und Tarik fragte sich nicht zum ersten Mal, ob Amaryllis damit nicht ans Ziel gelangt war: Der Narbennarr hatte jahrelang versucht, sich einen menschlichen Leib zu erschaffen, hatte sich in geraubte Körperteile gehüllt, in ein Flickenkleid aus fremdem Fleisch. Jetzt aber lebte sein Schatten in Tarik weiter. In den Nächten, während ihrer zweistündigen Verschnaufpausen, hatte Tarik manchmal das Gefühl, dass der Fremde aus den Hinterzimmern seines Verstandes emporkroch, immer stärker an die Oberfläche drängte. Noch nicht allmächtig, nicht bestimmend, aber insgeheim auf der Lauer, um die Macht über Tariks Körper an sich zu reißen und endlich, endlich Mensch zu sein.
     

     

    In seinem Traum floss kochender Schlamm durch die Straßen des gefallenen Skarabapur, schwebten Dschinnschwärme durch die Ruinen wie Aasfliegen über einem Leichnam, war die Vision von dieser Stadt der Legenden zu einem grotesken, verzerrten Nachtmahr geworden.
    Als er aufwachte, blinzelte er mit dem gesunden Auge in die aufgehende Sonne. Sabatea saß neben ihm und hielt seine Hand. Erst nach einem Moment begriff er, dass ihre Rechte auf einem Dolch lag, halb in einer Sandwehe am Rand des Teppichs begraben.
    Sie bemerkte seinen fragenden Blick, zog die Finger eine Spur zu schnell von der Waffe und zuckte die Achseln. »Ich halte Wache«, sagte sie.
    »Du bist nicht an der Reihe.« Er deutete hinauf zu Almarik, der auf seinem Teppich fünfzig Meter über ihnen schwebte und die Wüste beobachtete.
    »Ich wache über dich.«
    »Über mich.«
    Sie nickte, beinahe ein wenig verschämt.
    Er setzte sich auf. War ihm etwas entgangen, als er geschlafen hatte? Als er sich umschaute, sah er Ifranji im Schatten des schnarchenden Nachtgesicht schlafen. Khalis lehnte dösend an der Kristallwand des Honigschreins, weil das so früh am Tag noch möglich war; später würde die Sonne ihn zu sehr aufheizen. Der alte Mann schien das Gefäß so oft wie möglich zu berühren, vor allem nachts, solange es kühl war. Dass die Leichen tagsüber nicht im Honig zerkochten, war ein kleines Wunder, für das der Magier ohne viel Aufhebens sorgte.
    »Also«, flüsterte Tarik, »was ist los?«
    Augenscheinlich war es ihr unangenehm, dass er sie ertappt hatte. »Jemand muss auf dich aufpassen, wenn du schläfst.«
    »Ist das so?« Hatte er im Schlaf gesprochen? Hatte der Narbennarr im Schlaf aus ihm gesprochen? Aber dann folgte er ihrem Blick erneut zu Almarik oben am Himmel, und da verstand er, dass es ihr gar nicht darum ging, ihn vor sich selbst zu schützen.
    »Almarik?«, fragte er leise.
    »Was, wenn er gehört hat, was du dem Ifrit versprochen hast? Dass du ihn umbringen willst.«
    »Dann hätte er längst etwas gesagt. Oder getan.« Plötzlich dämmerte ihm etwas. »Du machst das schon die ganze Zeit? Jedes Mal, wenn ich schlafe? Dann sitzt du mit einem Dolch in der Hand neben mir und passt auf, dass er mir nicht die Kehle durchschneidet?«
    »Ich will dich nicht verlieren. Nicht noch einmal.«
    Er wusste nicht, wie er damit umgehen sollte. Dass sie sein Leben beschützte, ohne dass er davon wusste, war eine Liebeserklärung, die ihn berührte. Und zugleich fühlte er sich auf eine Weise bevormundet, die ihm mehr als nur unangenehm war.
    »Ich kann auf mich selbst aufpassen«, sagte er leise. »Das hab ich jahrelang gemacht.«
    Sie sah ihn eindringlich an, mit einer Spur von Verletztheit im Blick. Er hatte wieder einmal das Falsche gesagt.
    »Es ist mir egal, ob es dir gefällt oder nicht«, gab sie scharf zurück. »Wenn er versucht, dir etwas anzutun, dann werde ich da sein. Dann werde ich ihn töten.«
    Das war ihre Art, ihm zu sagen, wie sehr sie ihn brauchte. Verdammt, er brauchte sie mehr als irgendetwas, irgendjemanden sonst.
    Er beugte sich vor und küsste sie.
    Sie lachte plötzlich. »Du hast Sand auf den Lippen. Und ich jetzt zwischen den Zähnen.« Aber sie lächelte noch breiter und erwiderte den Kuss.
    Khalis murmelte etwas.

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