Sündenheilerin 03 - Die Reise der Sündenheilerin: Historischer Roman (Sündenheilerin-Reihe) (German Edition)
nicht denken?«
»Hat Thea dich gekränkt?«
»Thea kann mich gar nicht kränken.«
»Warum bist du dann so wütend geworden?«
Sie atmete tief durch. »Hast du dich eigentlich nie gefragt, warum ich noch nicht guter Hoffnung bin?«
»Ehrlich gesagt, bin ich ganz froh, dass unser Nachwuchs noch auf sich warten lässt. Eine Schwangerschaft oder gar ein Säugling hätten unsere Unternehmung sehr erschwert oder gar unmöglich gemacht.«
»Es mag sein, dass unsere Kinderlosigkeit dir derzeit gelegen kommt. Aber woher willst du wissen, dass sich das jemals ändert?«
Er ließ sie los.
»Das ist es also? Du hast Angst, unfruchtbar zu sein?«
Sie nickte stumm.
»Dass ihr Frauen immer gleich vom Schlimmsten ausgeht!« Er lachte und machte sie nur noch wütender.
»Was sollte denn sonst der Grund sein?«
»Weiß ich es? Da gäbe es viele Möglichkeiten. Du wärst übrigens nicht die Erste, die erst im zweiten oder dritten Jahr ein Kind bekommt. Meine Eltern waren bereits zwei Jahre verheiratet, als ich geboren wurde. Und meine Schwester kam acht Jahre nach mir. Aber es lag ganz sicher nicht daran, dass meine Eltern sich gemieden hätten.«
Lena schwieg.
»Und vielleicht ist die Ursache auch bei mir und gar nicht bei dir zu suchen«, fuhr er fort.
»Bei dir? Das glaubst du doch selbst nicht.«
»Wissen wir’s? Aber wie auch immer, Lena, ich liebe dich, und daran ändert sich nichts. Ganz gleich, ob du zehn Kindern oder keinem das Leben schenkst. Außerdem haben wir Rudolf.«
Er gab ihr einen Kuss auf die Wange, und Lena wusste nicht, ob sie sich getröstet oder völlig unverstanden fühlen sollte …
Niemals hätte Lena gedacht, dass sie sich einmal nach ihrer kleinen, engen Koje an Bord der Windsbraut zurücksehnen würde. Auf der Al-Kabîr stand ihnen nur ein Winkel im Laderaum zur Verfügung. Zwar teilten sie ihre Schlafecke mit einem Vorhang aus Pferdedecken ab, dennoch blieb das Gefühl, in aller Öffentlichkeit zu leben. Zumal die Seeleute ebenfalls im Laderaum schliefen und die ganze Nacht über nichts als lautes Schnarchen und Stöhnen zu hören war. Auch die Pferde waren oft unruhig, schnaubten, wieherten, rissen an den Halfterstricken. Und zu allem Überfluss schwirrten ständig Bertrams Gebete um Vergebung durch den Laderaum.
Am folgenden Morgen fragte Lena Mustafa, wie lange die Überfahrt bis nach Alexandria noch dauern werde.
»Wenn es Allah gefällt, eine Woche. Vielleicht gefallen ihm aber auch zwei Wochen.« Mustafa hob die Schultern. »Inschallah.«
Lena seufzte. Sie sehnte sich nach Godfryds eindeutigen Erklärungen zurück. Der hatte ihr fast immer auf den Tag genau die richtigen Auskünfte erteilt.
»Gibt es in diesen Gewässern auch Piraten?«, fragte sie weiter.
»Piraten, o ja, und Meeresungeheuer. Monster mit riesigen Mäulern, die ein ganzes Schiff verschlingen können.« Er zeigte es ihr lebhaft mit Händen und Grimassen. Vermutlich sollte es furchterregend wirken, aber Lena konnte sich nur mit Mühe das Lachen verbeißen.
Schritte, eine Hand, die sich sanft auf ihre Schulter legte.
»Mustafa, du sollst meiner Frau keine Schauermärchen erzählen.«
»Das sind keine Märchen. Jeder kennt die Gefahren der Tiefe. Die vielarmigen Kraken, die Schiffe in den Abgrund reißen, dreiköpfige Seeschlangen und natürlich blutrünstige Piraten, die mit dem Dscheitan im Bunde stehen.«
Philip lachte. »Diese Märchen erzähle ich auch immer gern.«
»Seht her!«, rief Witold vom Bug aus. »Hier schwimmen große Fische mit uns um die Wette!«
»Vermutlich Delfine.« Philip ergriff Lenas Hand. »Komm, das musst du dir ansehen. Man sagt, sie bringen Glück.« Er zog sie mit sich, bis sie neben Witold standen. Tatsächlich, drei Fische, die Lena beim ersten Anblick mit ihren Rückenflossen an die Haie erinnerten, die sie bei den Überresten der Venezianer gesehen hatten, begleiteten das Schiff. Doch bei genauerem Hinsehen erkannte sie den Unterschied. Die Tiere sprangen in hohem Bogen aus dem Wasser, und sie schienen zu lachen.
»Sind das Delfine?«
Philip nickte. »Ja. Man nennt sie auch die guten Geister des Meeres. Es gibt sogar Geschichten, denen zufolge sie Haie vertreiben und Schiffbrüchige retten.«
Mustafa hatte sich zu ihnen gesellt.
»Wenn uns Delfine begleiten, sind uns die Winde gewogen«, bemerkte er. »Eine Woche, dann schauen wir die Herrlichkeiten Alexandrias. Inschallah.«
10. Kapitel
A lexandria empfing die Ankömmlinge bei strahlendem
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