Süß wie die Sünde: Roman (German Edition)
in keiner unmittelbaren Gefahr mehr schwebte, denn er straffte seine Schultern und zupfte geziert an seinen Ärmeln. »Ja, habe ich. Leben Sie wohl, Miss York. Ich bedaure sehr, dass meine Absichten missverstanden wurden, und wünsche Ihnen das Beste für Ihre baldige Vermählung.«
Zwar hätte Jude liebend gern zugeschlagen, doch er beherrschte sich. White drehte sich um und schritt davon.
Marissa stieß einen langen Seufzer aus. »Bei Gott, Jude, wütend flößen Sie fürwahr Angst ein.«
»Ich kann Männer wie ihn nicht ertragen.«
Sie zog eine Braue hoch.
»Und nicht nur wegen meiner Mutter«, murmelte er.
»Waren Männer grausam zu ihr?«
»Nein. Meine Mutter verfügt über eine gute Menschenkenntnis, aber vielen ihrer Freundinnen wurde übel mitgespielt. Oft kommen sie auf die Weise erst in dieses Gewerbe. Sie wurden von einem Gentleman verführt und dann wie Abfall beiseite geworfen.«
Marissa nahm seinen Arm, und nachdem sie einige Schritte gegangen waren, fragte sie sehr leise: »Ist es das, was mein Bruder tut?«
»Wer? Aidan?«
Ohne ihn anzusehen, nickte sie.
»Nein. Ich würde ihn nicht meinen Freund nennen, wenn es so wäre. Aidan mag kühl sein, aber er ist durch und durch ehrlich. Er liebt die Frauen nicht, mit denen er sich einlässt, und er sagt es ihnen offen.«
»Aber sie lieben ihn?«
»Einzig die närrischen, Marissa.«
»Er ist so schrecklich distanziert. Und die Geschichten, die ich höre, bereiten mir Sorge.«
Unterdes hatte Jude sich so weit beruhigt, dass er das Zittern ihrer Hand auf seinem Arm wahrnahm und abrupt stehen blieb. »Sie zittern. Geht es Ihnen gut?«
»Ja, ich fühle mich bloß ein wenig … erschöpft. Ich hätte nicht erwartet, Peter White auch nur ein Wort zu glauben.«
»Doch Sie haben?«
»Ja! Und das macht mir Angst. Mir ist der Gedanke unangenehm, dass er mich aus aufrichtiger Zuneigung gegen meinen Willen nötigen wollte, ihn zu heiraten.«
Jude gab einen zustimmenden Laut von sich und nahm sie in seine Arme. Gleichzeitig regte sich ein stechender Schmerz in seiner Brust. Dachte Marissa dasselbe von ihm?
»Jude«, seufzte sie, »Sie sind so gut zu mir.«
Er schloss die Augen und atmete den Duft ihres Haars ein. Sein ganzer Körper spannte sich vor Erregung an, als er sie an sich drückte. In der Hoffnung, sie und sich selbst zu beruhigen, hielt er sie einfach fest. Falls er sie gehen lassen musste, würde er es mit Fassung tun. Oder zumindest mit vorgetäuschter.
»Sie sind warm«, flüsterte sie, knöpfte seine Jacke auf und strich mit den Händen über sein Hemd. Für einen Moment schien es dem unschuldigen Wunsch nach Wärme geschuldet. Dann aber streichelte sie seine Brust mit kreisenden Bewegungen und presste ihre Lippen auf die Stelle über seinem Herzen.
»Marissa«, sagte er. Eigentlich wollte er sie warnen, dass man ihr Fehlen bemerken würde, doch sie flüsterte: »Küssen Sie mich, bitte?«, und die Worte erstarben in seiner Kehle.
Er küsste sie, wie sie es wünschte, und Marissa sank weich an ihn, was ihm einen Seufzer entlockte, den sie sogleich erwiderte. Marissa genügte es allerdings nicht mehr, geküsst zu werden. Deutlich wie einen zweiten Pulsschlag unter ihrer Haut spürte Jude die tobenden Gefühle in ihr. Sie küsste ihn ungeduldig, glitt mit den Händen an seiner Taille entlang und zerrte an seinem Hemd. Ihre Berührung auf seiner nackten Haut durchfuhr ihn wie ein Schlag.
Schluss , ermahnte sein Verstand ihn, wohingegen sein Körper noch angeheizt von der Konfrontation mit White war. Und seine Lippen weigerten sich, den Kuss zu lösen. Ebenso weigerte sich seine Kehle, eine Warnung auszusprechen. Stattdessen stöhnte er ermutigend, als sie sein Hemd weiter nach oben schob und die Hände spreizte.
Ja, dies war es, was er von ihr wollte: ihre Arme, die ihn hielten, ihre Fingernägel, die sich in seine Haut drückten, um ihn noch näher zu ihr zu ziehen.
Sie hatten gerade eine kleine Laube passiert, einen abseits gelegenen Gartenpavillon, der ideal für eine Verführung war. Allerdings konnte Jude nicht sagen, wer hier verführt wurde – er, sie oder sie beide.
Jude hob Marissa in seine Arme, wie er es sich schon so oft ausgemalt hatte, und trug sie in die Laube. Derweil küsste sie seinen Hals, und ihr Mund war unbeschreiblich heiß auf seiner Haut. Seine Krawatte hinderte sie an weiteren Erkundungen, und er wollte sie dringend herunterreißen, seinen Abendrock und das Hemd abwerfen, auf dass Marissa ihn nach
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