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Sueße Prophezeiung

Sueße Prophezeiung

Titel: Sueße Prophezeiung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shana Abe
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hinter den Blättern, sondern direkt aus ihnen heraus; denn plötzlich kauerte der Fremde, den sie in der letzten Nacht in der Gastwirtschaft getroffen hatte, vor ihr.
    Sie starrte auf ihn hinab. Irgendwie erschien es ihr vollkommen normal, einen Mann zu entdecken, der sich in der Abenddämmerung in einem Garten versteckte.
    Im dämmrigen Licht sah er anders aus. Sein Haar fiel offen bis auf seine Schultern, die schöne Tunika, die er letzte Nacht getragen hatte, war durch eine schlichtere ersetzt worden, über der ein Tartan in den Farben Schwarz, Gold, Rot und Lila lag.
    Dieser Tartan. Sie kannte ihn gut, denn sie hatte ihn selbst sieben Jahre ihres Lebens getragen.
    Jetzt begegneten sich ihre Blicke. Beide waren vollkommen erstarrt, gefangen im seltsamen Moment einer gewaltigen Sekunde, nach der nichts wieder so sein würde wie bisher.
    Der Ausdruck auf seinem Gesicht wandelte sich in Wildheit und dann in Triumph.
    »Rosalind!« Gott stehe ihr bei, doch sie konnte immer noch keinen schottischen Akzent heraushören.
    Natürlich nicht, denn Marcus Kincardine hatte fast sein ganzes Leben fern der Heimat verbracht. Er sprach eben so wie sein Ritter.
    Es gab keinen Ausweg für sie. Doch, sie konnte natürlich einen Schritt zurücktreten und abwehrend eine Hand hochhalten.
    Marcus erhob sich und überragte sie mit seiner Gestalt. Den Schritt, den sie zurückgetan hatte, holte er umgehend auf. Seine Zähne blitzten in der Dunkelheit.
    »Oder vielleicht sollte ich lieber Lady Avalon sagen?«
    Und dann griffen sie nach ihr.

3
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    Gefesselt und geknebelt schmuggelten sie sie begraben unter feuchtem Heu auf einem Karren, in einen Beutel aus Sackleinen gehüllt, hinaus.
    Es waren mindestens acht zusammen mit dem Sohn von Hanoch, der ihr persönlich die Hände gefesselt und den Mund verbunden hatte. Aber erst nachdem sie ihm einen mächtigen Hieb ans Kinn verpasst hatte. Sie hatte wie eine Löwin gekämpft: Aber acht waren zu viel, und sie zwangen sie fast ohne einen Laut zu Boden.
    Marcus hatte über ihr gestanden und sich das Blut von den Lippen getupft, während er ihr wieder jenes wilde Lächeln zuwarf, als er sich nach unten beugte, um ihr die Fesseln anzulegen.
    »Ich sehe, dass Hanoch dir einiges beigebracht hat«, sagte er und klang dabei überhaupt nicht wie sein Vater.
    Der Sack war tausend Mal rauer als Elfriedas Umhang. Er stank nach faulen Äpfeln und Staub, sodass ihr Tränen in die Augen stiegen. Jemand lag auf dem Heukarren fast auf ihr drauf, damit sie sich nicht bewegen konnte.
    Sie brauchte seine Stimme gar nicht erst zu hören, um zu wissen, dass er es war.
    »Das machst du sehr gut«, flüsterte Marcus dicht an ihrem Ohr. »Rosalind!«
    Unter dem Heu vernahm sie Stimmen aus dem Burghof. Die Leute unterhielten sich über den Tag, die Feier, das Wetter. Das musste das Gesinde sein, das wieder heimkehrte ins Dorf. Bryce’ Wachen empörten sich immer noch über die Gäste des Herrn und winkten den Heukarren und die Mitfahrer vorbei, ohne dabei ihr Lamento über den Schlafmangel der letzten Nacht in den Stallungen zu unterbrechen.
    Die Räder knackten und wühlten sich ihren Weg über die Straße hinab aus dem Ort heraus. Nur der Gesang der Grillen begleitete sie jetzt.
    Avalon bewegte sich im Heu und prüfte das Seil, das ihre Handgelenke zusammenband. Marcus rückte näher und hielt ihre Hände durch den Sack hindurch fest.
    »Noch nicht«, raunte er.
    Das Heu bohrte sich durch das grobe Gewebe und piekste sie am ganzen Körper. Der Knebel war sauber, doch ihr Mund trocknete allmählich aus, sodass sie sich danach sehnte, etwas zu trinken.
    Plötzlich hatte sie eine Vision von Warner, wie er erstaunt mit einem gefüllten Kelch in jeder Hand mitten in der großen Halle stand. Ein Lachen reinster Freude stieg in ihr auf, drang jedoch nicht nach draußen.
    Sie hatte fliehen wollen.
    Nun, sie hatte es tatsächlich geschafft.
    Die Fahrt im Karren schien eine Ewigkeit zu währen. Doch bis auf die gelegentlichen Piekser war es eigentlich recht bequem im Heu, welches sie gegen die schlimmsten Schlaglöcher auf der Straße polsterte. Aber die Luft war staubig und stickig. Marcus ließ seine Hände mit festem Griff auf ihren ruhen, was ihr zeigte, dass er die völlige Kontrolle über sie hatte.
    Endlich hielten sie an: Jetzt erst bekam sie mit, wie die anderen abgehackt und leise Befehle murmelnd sprachen. Auch Marcus bewegte sich. Sie spürte, dass sich das Heu hob und leichter wurde, dann zog er sie hoch und hob

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