Sueße Verfuehrung an der Cote d'Azur
Situation.
Wie hypnotisiert saß Michelle da, während er sie anschaute und die Luft zwischen ihnen in Schwingung geriet.
„Du wärst überrascht, wenn du wüsstest, wie ich wirklich bin“, murmelte sie, riss sich von seinem Blick los und schenkte sich Wasser nach. Sie brauchte Kühlung. Alessandro trieb ihre Körpertemperatur hoch. In ihren Ohren rauschte das Blut. Ihre Sinne waren hellwach, sie wartete darauf, dass er die Hand nach ihr ausstreckte. Dann wäre sie verloren, keine Frage.
Ihre Beherrschung wurde auf eine harte Probe gestellt. Sie durfte sich nicht nach seiner Berührung sehnen. Am besten war es, ein harmloses Thema anzuschneiden, bei dem sie nicht gleich wieder ans Küssen dachte.
„Gewiss lädst du viele Besucher hierher ein“, begann sie und hätte sich gern auf die Zunge gebissen. Nun würde er sie mit seinen kultivierten Freunden vergleichen.
„Nur Menschen, die mich wirklich interessieren. Sie kommen in den Kreisen, in denen ich verkehre, ebenso selten vor wie Klugheit. Und Übernachtungsgäste hatte ich hier noch nie.“
Er goss sich nun auch Wasser ein. Michelle verfolgte gespannt jede seiner Bewegungen, betrachtete sein Gesicht und ließ sich von seinen Augen gefangen nehmen. Sie tat alles, was sie lieber hätte lassen sollen. Denn je mehr sie sich in ihn vertiefte, desto stärker wurde ihr Verlangen nach ihm.
Er schien es nicht zu bemerken. Gelassen nahm er sich von dem Gemüse. „Schöne Frauen, Gemälde, Skulpturen. Das interessiert mich. Doch meine Liebe gilt der Kunst selbst.“
„Dann wirst du an deiner Arbeit gewiss viel Freude haben.“ Michelle war sich unsicher, ob sie noch Boden unter den Füßen hatte. Seine Nähe verwirrte sie zunehmend, und das Wissen, dass er selten Besuch hatte und sie die Erste war, die er hier übernachten ließ, stieg ihr zu Kopf wie Champagner.
„Ja, ich mag meine Arbeit. Doch die Leute, mit denen ich es dabei zu tun habe? Das ist ein Kapitel für sich.“ Er aß ein paar Nudeln, dann eine gedünstete Tomate. „Da, wo Geld ist, bleiben Neid und Leid nicht fern.“
„Das kann man wohl sagen“, seufzte sie und dachte an das Auto, auf das sie so lange gespart hatte. Schon in der ersten Nacht war es demoliert und die Räder abmontiert worden.
„Seitdem ich Chef von Castiglione bin, will mich jeder kennenlernen. Leider aus den falschen Gründen.“ Er verzog das Gesicht.
„Das ist bestimmt nicht wahr“, protestierte Michelle.
Er lachte schallend auf. „Nur eine Frau, die niemanden beeindrucken will, kann so etwas behaupten.“
Nach dieser Bemerkung war klar, dass er mehr über sich nicht verraten wollte. Doch sie hätte die Unterhaltung gern fortgesetzt, um noch mehr Gemeinsamkeiten in Erfahrung zu bringen. Aber schon jetzt war ihr bewusst, dass dieser schöne und verschlossene Mann sie bis ans Ende aller Zeiten faszinieren würde. Leider ahnte er das. Er war daran gewöhnt, dass andere ihn eindrucksvoll fanden. Und gegen die Leute, mit denen er verkehrte, war sie ja nur ein kleiner Fisch.
Alessandro hielt alle Karten in der Hand. Er war klug, reich und voller Selbstvertrauen. Wie schade, dass er sich an nichts davon zu erfreuen schien.
9. KAPITEL
Michelle sah Alessandro über den Rand ihres Glases an. „Genießt du dein Leben?“, fragte sie und trank einen Schluck.
Seine Augen verschleierten sich, er antwortete nicht. Dabei wollte sie so viel über ihn wissen. Aber weil sie sich durch das Essen gestärkt fühlte, traute sie sich zu fragen, obwohl er keine Auskunftsbereitschaft zeigte.
„Es ist wunderschön hier“, sagte sie, betrachtete die zartrosafarbenen Alpenveilchen zwischen den Farnen, den Jasmin, die Mimosenbüsche, Zitronenbäumchen und kam sich vor wie in einem lauschigen Garten. „Auf mich wirkt dein Rückzugsgebiet wie ein verschlossenes Paradies, das von modernster Technik bewacht wird. Mit wie vielen Menschen hast du schon hier in diesem Wintergarten gesessen?“
„Noch mit niemandem“, knurrte er.
Das hatte sie hören wollen. „Dann verstehe ich umso weniger, warum du der Presse so bereitwillig Auskünfte über dein Privatleben gegeben hast.“
„Weil es die einfachste Lösung war. Wir werden so rasch wie möglich heiraten. Unser Kind bekommt Vater und Mutter. Damit beruhige ich mein Gewissen. Das Haus Castiglione bekommt seinen Erben, und ich muss keine schlechte Publicity fürchten. Nach der Geburt des Babys werden wir das Bild einer perfekten Familie abgeben.“
Michelle glaubte ihren Ohren nicht
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