Suesse Versuchung
sie im Arm gehalten, seine Finger über die weiche Haut
wandern lassen.
Nein, Schluss, so hatte das keinen Sinn. Edward hielt den Kopf über die
Waschschüssel und goss sich den Rest des kalten Wassers über den Kopf. Vielleicht
sollte er das Wasser auch noch über andere Körperteile schütten? Mit Erleichterung
bemerkte er, dass er schon wieder über sich selbst grinsen konnte. Jetzt war der Traum
endgültig vorbei.
Er griff nach seinem Morgenmantel, zog ihn über und sah dabei zu der
Verbindungstür. Dahinter befand sich ein weiteres Schlafzimmer, jenes, das der
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Hausherrin vorbehalten war. Der zukünftigen Hausherrin in seinem Fall. Als er sich
nach dem Krieg in das ruhige Eastbourne zurückgezogen hatte, um schlechte
Erinnerungen hinter sich zu lassen, hatte er das Haus von einer Familie gekauft, die
sich in Brighton ansiedeln wollte, um näher beim Prinzregenten zu sein, und dieses
Domizil daher aufgegeben hatte.
Er ging zur Tür und öffnete sie. Der Raum wurde nicht benutzt. Die Vorhänge waren
zurückgezogen, und das erste Licht des Morgens tauchte alles in ein sanftes Grau.
Tücher waren über das Bett, das kleine Sofa und den Lehnsessel gebreitet, damit
nichts verstaubte. Der Boden war aber sauber, und auf dem Tischchen und der
Kommode war kein Staubkörnchen zu sehen. Mrs. Drarey war eine hervorragende
Haushälterin, die es nicht einmal unbenutzten Räumen erlaubte, Staub anzusetzen.
Edward schlenderte durch das Zimmer. Er war nur einmal hier drinnen gewesen, als
er das Haus gekauft und einen Rundgang gemacht hatte. Solange er keine Ehefrau
hatte, war dieses Zimmer nicht interessant. Jetzt jedoch war zum ersten Mal in ihm der
Wunsch entstanden, hier eine Frau zu sehen, zu wissen, dass sie in seiner Nähe war.
Ihren Geruch zu spüren, wenn er eintrat, ihre Wärme zu fühlen. Er ließ sich in den
Lehnsessel fallen, legte die Füße auf das Tischchen und sah sich nachdenklich um.
Eine Frau, die nicht nur dieses Zimmer erwärmte, sondern auch sein Bett. Die weich
und lebendig war, die lachte, ihn anlächelte, ihn küsste. Keine Geliebte, die er am
Morgen wieder verließ oder sie nach einigen Monaten gegen eine andere eintauschte,
weil sie zu kapriziös wurde oder ihn langweilte, sondern eine Frau, die er Nacht für
Nacht in sein Bett holte.
Sophie McIntosh bot tatsächlich so manchen Grund, genauer über sie nachzudenken.
Über sie und die Gefühle, die sie bei ihm auslöste. Und das nicht erst seit heute Nacht.
Edward hatte Sophie mit jedem Treffen bezaubernder, erheiternder, reizvoller
gefunden, aber die Erkenntnis, dass er weitaus mehr in ihr sah als ein lohnendes Ziel
für seinen Körper, war ihm schlagartig gekommen. Und zwar in dem Moment, als
Jonathan sie mit diesem lächerlichen Fetzen um den Kopf mitten unter diese Lüstlinge
gestoßen hatte, die mit geilen Fingern nach ihr gegriffen hatten. Edward war so
unverhältnismäßig zornig geworden, dass er sich hatte beherrschen müssen, um nicht
etliche dieser Kerle niederzuschlagen. Was war ihr nur dabei eingefallen, dort hin zu
gehen!
Aber die Krone hatte sie dem Ganzen wohl aufgesetzt, als sie sich mitten in der Nacht
an die Schmuggler herangepirscht hatte. Die Kerle hätten sie entweder umgebracht
oder gefangen genommen, und nicht einmal Jonathan hätte ihr helfen können. Er selbst
war nur dorthin geritten, weil er angenommen hatte, dass seine Schwester sich wieder
einmal bei Jonathan aufhielt. Aber dann hatte er bemerkt, dass das Haus voller
Schmuggler war, und diese einen Wagen beluden. Er hatte seinen Augen und Ohren
kaum getraut, als plötzlich nur einen halben Meter von ihm entfernt eine schlanke
Gestalt vorbeikroch, um sich hinter einen Busch zu hocken und die Männer zu
beobachten. Sophie McIntosh. Wer sonst.
Er war ihr dann nachgegangen, hatte sie erschrecken und ihr zur Strafe einen Kuss
abringen wollen. Aber dabei war etwas mit ihm durchgegangen. Ihr weicher Körper,
ihr Atem, ihre Lippen hatte ihn fast um den Verstand gebracht. Er hatte sich nicht von
ihr lösen können und viel hätte nicht gefehlt, und er wäre dort auf der Stelle über sie
hergefallen. Nicht, um ein erotisches Spiel auszukosten, und um sie zu lehren, in
Zukunft in der Nacht daheimzubleiben, sondern weil er sie so leidenschaftlich begehrt
hatte, dass er drauf und dran gewesen war, ihr die Kleider vom Leib zu reißen und sie
dort, an den Baum gepresst, zu nehmen. Er war über sich selbst entsetzt gewesen
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