Sumerki - Daemmerung Roman
Absichten der Kirche zu vereiteln, indem ich die besten Soldaten ebenso wie den zweiten Wegführer, das Halbblut Hernán González, umgebracht hätte.
Dass die Soldaten in ihrer rasenden Wut mich sogleich töten wollten, Fray Joaquín ihnen jedoch Einhalt gebot und sie ermahnte, ein Blutvergießen sei unserem Herrn Jesus Christus nicht wohlgefällig und der Heilige Stuhl fordere in diesem Fall unter den gewöhnlichen Umständen, den Frevler auf dem Scheiterhaufen zu verbrennen, doch angesichts der Eile, mit der man nun nach Yzamal zurückkehren müsse, müsse man mit mir eben anders verfahren. Dass er daraufhin befahl, mich gefesselt in jenen trockenen Brunnen zu werfen, in den die Maya ihre Opfer zu stürzen pflegten.
Dass dieser Befehl sogleich ausgeführt wurde, und obwohl ich schon glaubte, ich werde mich auf dem Boden des Brunnens gewiss zu Tode zu stürzen, so geschah dies nicht, denn ich verzögerte meinen Fall, indem ich mich an die Wände klammerte, und der Boden des Brunnens war weiche Erde. Dass ich mich dabei dennoch schlimm verwundete, da ich mir ein Bein brach, und somit eine Flucht aus dem Brunnen undenkbar geworden war. Dass ich um mich herum viele menschliche Knochen erblickte, ja sogar ganze Skelette, die von den geopferten Indios stammten.
Dass ich schon fürchtete, man werde auch an Juan Nachi Cocom Rache nehmen, dass sie aber den Wegführer nicht töteten, da sie ihn brauchten, um den Weg zurück nach Yzamal zu finden. Dass sie kurze Zeit danach den Tempel ausraubten, was ich an ihren zufriedenen Ausrufen erkannte. Dass sich ihre Stimmen daraufhin zu entfernen
begannen, weshalb ich glaubte, auf ewig an diesem furchtbaren Ort zurückzubleiben, bis ich endlich an Durst und Hunger sterben würde.
Dass die Stimmen der Männer schon fast in der Ferne verklungen waren, als am oberen Rand des Brunnens Fray Joaquín erschien, und ich zuerst dachte, jener sei zurückgekehrt, um mir Gnade zu gewähren oder aber mich umzubringen und sich wenigstens auf diese Art barmherzig zu erweisen. Dass jener jedoch zurückgeblieben war, um mit mir zu sprechen, und dies nicht, um mir die Absolution zu erteilen, sondern um eine letzte Befragung durchzuführen.
Dass er mir berichtete, wie er meine geheimen Unterredungen sowohl mit Hernán González als auch mit Juan Nachi Cocom selbst oder durch Mittelsleute belauscht habe, und lächelnd bekannte, er habe das Halbblut eigenhändig im Schlaf erdrosselt und ihn sodann an jenem Ast aufgeknüpft, um seinen Stammesgenossen und mich zu erschrecken, ich aber hätte die Warnung nicht erkannt. Dass er weiters zugab, auch den umnachteten Felipe Alvarez erdolcht zu haben, nachdem er ihn zuvor umsorgt hatte, damit jener mit seinem Geheul nicht die anderen ängstige und die Abteilung daran hindere, ans Ziel zu gelangen. Von mir aber verlangte Fray Joaquín zu wissen, weshalb ich den Glauben an Jesus Christus und die Liebe des Fray Diego de Landa gegen den Aberglauben der Eingeborenen und die Freundschaft eines ungewaschenen Maya eingetauscht habe.
Dass ich ihm antwortete, ich sei nicht meinem Verstande, sondern dem Herzen gefolgt, und ich sei zu der Überzeugung gelangt, dass die Indio-Schriften, die der Guardian zu erlangen suchte, unberührt und verborgen bleiben sollten, bis ihr Tag gekommen sei, und es sei nicht an mir, ihr Schicksal zu bestimmen. Und dass die ›Chronik des Künftigen‹, nach der es Diego de Landa verlangte, nicht für diesen bestimmt sei.
Dass meine Worte den Mönch in unbeschreibliche Wut versetzten und er mir auf den Kopf spie, mich einen störrischen Esel schimpfte und mir versicherte, dass sich unter den erbeuteten Manuskripten ganz sicher auch das gesuchte befinde, da die vom Guardian ausgesandten Vertrauten ganz Yucatán durchstreiften und sämtliche satanischen Schriften einsammelten, um sie zu vernichten, und ihnen keine einzige entgehen werde. Dass er mich verfluchte und mir einen langen und qualvollen Tod wünschte, den ich seiner Überzeugung nach vollkommen verdient hätte, und er mich sodann allein zurückließ, um mich krepieren zu lassen wie einen Hund.«
FELIZ AÑO NUEVO
M it zitternden Fingern schob ich die soeben mit eiliger Hand beschriebenen Blätter beiseite und rieb mir die vor Anspannung und Müdigkeit tränenden Augen. Der Grund des Opferbrunnens, in den der heimtückische Mönch den Konquistador gestoßen hatte, konnte für uns beide das Ende bedeuten. Das düsterste aller vorstellbaren Szenarien hatte sich mir offenbart: Mit
Weitere Kostenlose Bücher