Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Sumerki - Daemmerung Roman

Titel: Sumerki - Daemmerung Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dmitry Glukhovsky
Vom Netzwerk:
Geschichte mit dem neugierigen Beschließer des Erzengel-Michael-Klosters Teil seines Plans gewesen war und dass Fray de Landa von der Existenz der Höhle mit Götzenbildern schon früher gewusst hatte, dieses Wissen jedoch für sich behalten hatte, bis die Zeit reif war.
    Da Landa selbst sich in Schweigen hüllte und Jagoniel die Frage offenbar für erschöpft hielt, blieb mir nur eine Möglichkeit, eine Erklärung für diesen Widerspruch zu finden: Ich musste mir das nächste Kapitel des Tagebuchs beschaffen und es übersetzen.
     
    Weder am Vormittag noch im Laufe des Tages gelang es mir noch einmal einzuschlafen, obwohl ich mich mehrmals redlich ins Bett legte und die Augen schloss. Ich weiß nicht, was mich mehr daran hinderte: die Tatsache, dass mein armer Körper sich inzwischen überhaupt nicht mehr auskannte, welche Stunden für den Schlaf vorgesehen waren und welche nicht, oder dass mir ständig Gedanken durch den Kopf rasten wie ein im Laufrad gefangenes Tier.
    Dennoch wollte ich erst gegen Spätnachmittag im Übersetzerbüro vorbeischauen. Wie beim Angeln fürchtete ich, unangebrachte Hektik würde meinen ersehnten Fang nur vertreiben. Lieber noch etwas warten, bevor ich dem eingebildeten Schnösel dort auf die Nerven ging, selbst wenn es mir mit jeder Minute schwerer fiel. Immerhin erhöhte sich jedes Mal die Wahrscheinlichkeit um sechzig Sekunden, dass die Ledermappe mit dem neuen Auftrag dort auf
mich wartete. Um vier Uhr machte ich mich endlich auf, meine Netze einzuholen.
    In den letzten Tagen war es merklich kälter geworden, und es hatte weniger geregnet. Dieser Abend war jedoch trüb und grau: Bleierne Tropfen fielen aus einem bleiernen Himmel, ein Platzregen stand unmittelbar bevor. Einen Schirm hatte ich natürlich nicht mitgenommen.
    Es war vielleicht noch fünfzig Schritt bis zum Büro, als mich plötzlich ein ungutes Gefühl ergriff. Meine Schläfen begannen zu pochen, und in mir stieg die Ahnung auf, dass ich wieder kein neues Kapitel bekäme. Was würde ich heute darum geben, wenn sich das bewahrheitet hätte!
    Als ich die Tür öffnete und das Büro betrat, zuckte der Angestellte zusammen, als würde er einen Geist sehen. Er machte einen verstörten Eindruck: Sein Blick schweifte nervös nach allen Seiten, die Hände fummelten sinnlos in einem Papierhaufen auf dem Tisch herum, seine Haare waren wirr und zerzaust.
    »Was ist denn mit Ihnen los?«, fragte er mich.
    »Mit mir?«, entgegnete ich verdutzt. Soeben hatte ich ihm dieselbe Frage stellen wollen.
    »Haben Sie mal in den Spiegel geschaut? Ohne Witz, ist alles in Ordnung?«
    Seine Stimme klang tatsächlich besorgt, und so ging ich ans Fenster, um mich zu betrachten. Die letzten schlaflosen Nächte hatten nicht gerade vorteilhafte Spuren auf meinem Gesicht hinterlassen: Meine Augen waren eingefallen, Kinn und Wangen von struppigen Borsten überzogen, und mich zu kämmen war mir natürlich auch nicht in den Sinn gekommen.

    »Schlecht geschlafen«, gestand ich und kehrte an seinen Tisch zurück.
    »Verstehe«, erwiderte der Angestellte. »Aber sonst … ist nichts Schlimmes …« Vorsichtig, wie ein Pionier auf Erkundung, suchte er nach den richtigen Worten. Als ich ihn misstrauisch anblickte, verstummte er für einen Augenblick und musste sich sichtlich zusammenreißen, ehe er seinen Satz zu Ende brachte: »Ihnen ist nichts Seltsames passiert in letzter Zeit?«
    »Was meinen Sie?« Ich gab mich jetzt betont ahnungslos, soweit dies mein Dreitagebart und meine entzündeten Augen - wie die eines zur Unzeit geweckten Vampirs - zuließen.
    »Nein? Na, Gott sei Dank. Nichts weiter.« Die umherstreifenden Pupillen hefteten sich auf einen entfernten Punkt im Raum, sein Blick wurde leer, und er verstummte wieder.
    »Ich wollte eigentlich nur fragen, ob Sie schon den nächsten Teil des Auftrags bekommen haben, Sie wissen schon, die Archivunterlagen«, erklärte ich, als das Schweigen zu lang währte.
    Wieder fuhr er zusammen, als hätte er ein offenes Stromkabel berührt, und starrte mich an, als sähe er mich zum ersten Mal.
    »Den nächsten Teil des Auftrags«, wiederholte ich in der Hoffnung, meine Beharrlichkeit würde ihn irgendwann aus seinem halb komatösen Zustand befreien.
    Ganz offensichtlich war ihm erst vor kurzem etwas sehr Unangenehmes widerfahren, aber zwei Dinge dämpften meine eigene Neugier: bleierne Müdigkeit und der Wunsch,
unter allen Umständen an das nächste Kapitel des Buches zu kommen.
    »Nein!«, entgegnete er mit

Weitere Kostenlose Bücher