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Sumerki - Daemmerung Roman

Titel: Sumerki - Daemmerung Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dmitry Glukhovsky
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Rost ließen sie erbärmlich quietschen, und wenn ich die Tür langsam öffnete, fühlte sich das jedes Mal an wie Sandpapier, das über mein Trommelfell rieb. Aber ein Bekannter hatte mir sehr überzeugt erklärt, Sonnenblumenöl mache alles nur noch schlimmer, lediglich Maschinenöl, das ich natürlich nicht vorrätig hatte, sei in diesem Fall geeignet. Also hatte ich mir aus reiner Bequemlichkeit angewöhnt, die Tür beim Öffnen immer erst leicht anzuheben
und sie dann mit einer sicheren, blitzartigen Bewegung, bei der jeder Mungo vor Neid erblasst wäre, aufzuschieben. So war das Quietschen weniger quälend.
    Wären die Türangeln geölt gewesen, ich wäre wohl in diesem hypnotischen Halbschlaf verharrt und hätte das Geschehen erst in dem Moment begriffen, wenn jener Alptraum hinter der Tür bereits lautlos in meine Wohnung eingedrungen wäre. Ich hätte ihn buchstäblich selbst hereingelassen. Doch glücklicherweise gaben die Scharniere ihr übliches lang gezogenes, angestrengtes Knarren von sich. Mit einem Schlag war ich wieder nüchtern.
    In den Sekundenbruchteilen, in denen ich - plötzlich wieder bei Sinnen - die Tür nicht mehr aufschob, sie jedoch auch noch nicht zurückzog, konnte ich deutlich spüren, dass es von der anderen Seite nicht heftig, aber unnachgiebig die Klinke ergriff … Die Scharniere schwiegen entsetzt, doch die Tür setzte unbeirrt ihren Weg fort und öffnete sich immer weiter …
    Ich stemmte meine Füße in den Boden und zog aus aller Kraft mit beiden Händen an der Klinke. Es ging furchtbar schwer. Ich kam mir vor wie einer dieser Muskelmänner aus dem Guinnessbuch der Rekorde, der einen beladenen Eisenbahnwaggon schleppt. Doch schließlich fiel die Tür ins Schloss und rührte sich nicht mehr.
    Ohne auf eine Reaktion von draußen zu warten, ging ich auf Nummer sicher: Binnen einer halben Sekunde verriegelte ich das erste Schloss, löste die Sicherung des zweiten und ließ es einschnappen, hängte die Kette ein und schob donnernd den Riegel vor. Erst dann holte ich wieder Luft. Ich starrte durch das Guckloch. Das dunkle Ungetüm stand
exakt dort, wo es sich zuvor befunden hatte. Es hatte sich nicht einen Zentimeter vom Fleck gerührt.
    Betäubt und verwirrt versuchte ich mein galoppierendes Herz zu bändigen. Noch immer klammerte ich mich an den polierten Knauf des Türriegels und stemmte die Beine in den Boden. Zugleich konnte ich den Blick von der Gestalt da draußen einfach nicht losreißen. Während ich noch überlegte, ob ich mir aus der Küche das Fleischmesser holen sollte, machte es einen Schritt nach vorn.
    Dieser Schritt genügte: Es war dumm und naiv von mir gewesen, für alles eine rationale Erklärung zu suchen. Die Bewegung fiel der Kreatur sichtlich schwer, nur langsam löste sie den Fuß vom Boden. Der untere Teil des Körpers war kaum zu sehen, dafür neigte sich der obere, der fast zur Gänze das Sichtfeld des Türspions einnahm, mir entgegen. Als Nächstes bäumte sich die linke Seite mit monumentaler, geradezu tektonischer Langsamkeit auf und näherte sich dem Guckloch, dann schob das Ungeheuer - niemand hätte mir jetzt einreden können, dass ich einen Menschen vor mir hatte - auch die andere Hälfte seines enormen Körpers vorwärts. Das Grauenvollste daran war die absolute, völlig unwirkliche Lautlosigkeit, mit der es sich fortbewegte. Nun hatte es sich bereits so weit der Tür genähert, dass die dunkle Silhouette den gesamten sichtbaren Raum ausfüllte. Plötzlich ergriff mich etwas und schleuderte mich förmlich nach hinten. Es war naheliegend, diese Bewegung auf eine unbewusste Reaktion meines natürlichen Überlebenstriebs zurückzuführen, doch später, als ich über meine Empfindungen nachdachte, begriff ich, dass es von einem Feld des Schreckens umgeben war, das alles Lebende von sich stieß -
wie ein teuflischer Magnet, nur umgekehrt. Und wieder ertönte das Klopfen, genau wie zuvor: drei langsame, schwere Schläge.
    Meine Kehle war staubtrocken, das Schlucken schmerzte. Dieses Spiel ging eindeutig zu weit, und vor allem waren auf einmal Spieler am Zug, von deren Existenz ich vielleicht etwas geahnt hatte, ohne jedoch wirklich daran zu glauben.
    Zum Glück steht das Telefon bei mir auf einem Tischchen in der Diele - ich würde den Anruf machen können, ohne mich weit von der Tür zu entfernen. Zehn Sekunden, um in die Küche zu hetzen, das Messer zu holen - als ob es mich retten konnte! - und danach hastig alle Schlösser zu befühlen: Ja, sie waren

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