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bestimmt zum Palast bringen, wenn ihre Göttin es wünscht.«
Shanija wischte sich verlegen übers Gesicht. »Bringen wir die Sache zu Ende.«
Aridas Balderas wartete stolz auf der Spitze der goldenen Palastkuppel, unter dem Adler, der die Schlange gepackt hatte. Die runde Plattform, auf der er stand, wurde von gut hundert Fiogan überwacht. Hin und wieder schlugen Pfeile neben dem Präfekten ein, aber der Mann regte sich nicht, salnur erhaben hinunter auf Khatasta, die goldene Stadt.
Seit einer guten Stunde tobten auf den Straßen die Menschen. Sie schlugen Stuckarbeiten und Blattgold von den Wänden, die Villen im Präfektenviertel wurden belagert. Einige brannten. Auch vor dem Palast versammelten sich aufgebrachte Bürger, Männer wie Frauen, die ihrem gerechten Zorn Luft machten und Steine warfen. Es war vorbei. Das Geheimnis der Gründerväter, der Jahrhunderte währende Pakt, mit Flüchen und Blut besiegelt, war gebrochen. Nicht durch die Fiogan. O nein. Die Vogelwesen interessierten sich nicht weiter für die Menschen. Es gab nur zwei von ihnen, die überhaupt die Sprache der Nachbarn beherrschten. Nein, es war
seine eigene Tochter
, die das Geheimnis hervorgezerrt und ihn verraten hatte. Dabei hatte er im Gegensatz zu seinen Vätern Nachsicht gezeigt und sie nur zu den Fiogan bringen lassen, anstatt sie und den Schmied gleich zu töten, wie es der
Kodex Tioganus
vorsah.
Als Aridas Schritte hinter sich auf der Treppe hörte, drehte er sich nicht um. Das Klirren von Waffen hatte er erwartet. Stur blickte er weiter auf
seine
Stadt. Er hatte sein Leben gelebt und bereute nichts.
Die helle Stimme seiner Tochter erklang hinter ihm. »Willst du mich nicht willkommen heißen, Vater?«
Aridas drehte sich langsam zu Jasmina um. Sie war von zwölf Wachen umgeben, angeführt von ihrem Bruder Maltes. Zusätzlich hatte sie die drei fremden Frauen bei sich. Nachdenklich betrachtete Aridas die Mandeläugige in der Mitte. Er hätte das Unglück spüren müssen, das von der Frau mit dem unbeugsamen Blick ausging, aber er hatte es nicht wahrhaben wollen.
»Braucht ihr so viele Krieger, um einen alten, waffenlosen Mann zu stellen?«
Maltes trat vor. »Warum hast du Jasmina fortschaffen lassen, Vater? Als sie die Wahrheit erfuhr, hättest du endlich ein Einsehen haben müssen. Du hättest auf sie hören und diesen Wahnsinn beenden sollen!«
Aridas lächelte versonnen. »Du kamst schon immer mehr nach deiner Mutter, Maltes. Auch sie war egomanisch. Ich dagegen habe es vorgezogen, für das Wohl von Vielen einige Wenige zu opfern.«
Maltes’ Züge verhärteten sich. »Dann wirst du dein eigenes Opfer sicher mit Freuden tragen. Ich verhafte dich wegen Landesverrats, Entführung, Beihilfe zum Mord ...«
»Erspar es mir, Sohn.« Aridas wich seinem Blick nicht aus. »Ich verabscheue Theatralik.«
»Die Glasaale werden deine Meinung vielleicht ändern.«
»Gewalt hat mich noch nie beeindruckt. Nur der Verstand. Das solltest du eigentlich wissen. Denn ob du willst oder nicht, du hast viel von mir gelernt. Es war mein Fehler, dass es soweit kam. Ich bin alt und nachlässig geworden, habe mich zu sicher gefühlt.« Aridas sah Maltes unergründlich aus blassblauen Augen an. »Du trägst da etwas am Gürtel, was du niemals hättest finden dürfen. Ich hatte nie vor, dich in Khatastas Geheimnisse einzuweihen, mein Sohn. Ich wusste, du würdest es nicht verstehen.«
»Meinst du das hier?« Maltes hielt seinem Vater die Papyrusrolle entgegen, die As’mala gefunden hatte.
Aridas blickte darauf. »Wie konntest du die geheime Kammer öffnen? Es war ein magisches Schloss, eines, zu dem es keinen Schlüssel gibt ...« Er verstummte und blickte auf die drei Frauen. As’mala hob die Hand und bewegte grinsend ihre schlanken Finger. »Ich verstehe«, sagte er leise. Dann reckte er das Kinn hoch.
Maltes und er sahen einander schweigend an. Es fiel kein Wort, keine Bitte um Gnade, keine Frage nach dem Warum. Beide Männer fochten einen lautlosen Kampf. Die Stille unter dem mit Fiogan übersäten Himmel war gespenstisch.
Es war Jasminas kühle Stimme, die das Schweigen brach. »Führt ihn ab.«
Die Drei verabschiedeten sich von Maltes und Jasmina. Maltes ließ zwei Greifen vorbereiten, auf denen sie weiterfliegen konnten. Er hatte sie mit Geschenken überhäuft und zu Ehrenbürgern Khatastas erklärt. As’malas Finger spielten unentwegt an einer goldenen Kette mit Diamantanhänger. Es war ein gekaufter Stein, der nicht bei den Fiogan
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