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Lothos.«
Shanija stemmte die Arme in die Hüfte. »Und?«
Er räusperte sich und beugte sich nach vorn, um die Hand auf die Sitzfläche ihres Platzes zu legen. Winzige fingerartige Tentakel krochen aus dem Material und schmiegten sich an die Kanten seiner Hand. »Sie massieren alles, was sie berühren.«
»Ein Massagesitz?« Sie hob die linke Augenbraue.
»Exakt. Sie dringen durch jedes Gewebe und kümmern sich direkt um deine Haut.«
»Daran habe ich mit Sicherheit bei der Gestaltung des Abteils nicht gedacht!«
Er lachte. »Das ist im Fahrkartenpreis inbegriffen.«
»Ich geb's auf«, murmelte sie und setzte sich vorsichtig. Sofort spürte sie die tastenden Fühler auf ihrem Gesäß, auf den Oberschenkeln und am Rücken. »Tut mir den Gefallen und warnt mich nächstes Mal vor solchen Kleinigkeiten!«, bat sie.
As’mala grinste breit. Mun hingegen … wirkte noch schweigsamer als sonst, geradezu düster. Seit Seiyas Entführung war er so, und Shanija konnte sich denken, worum seine Gedanken kreisten. Kaum zu glauben, wo er doch so sehr betonte, dass die Angehörigen der Gilde der Wissensträger rein objektiv waren, biologische Computer ohne jegliche soziale Bindung oder Emotion. Aber schließlich war er auch der erste menschliche Adept, und Menschen waren … eben anders.
»Wir werden sie finden«, sagte sie beruhigend zu ihm. »Zuerst müssen wir von hier weg, und unterwegs werden wir dann die Spur aufnehmen. Niemand verschwindet spurlos, Mun. Bis dahin sollten wir unsere Kräfte sammeln, wer weiß, wann es die nächste Erholung gibt.«
Er bedachte sie mit einem langen Blick aus seinen schwarzen Augen. »Du sprichst wie ein Adept.«
»Auch beim Militär sind Gefühle verboten, es zählt nur der kühle Verstand«, entgegnete sie. »Ab einer gewissen Ebene finden sich immer Übereinstimmungen, auch wenn deine Gilde und das Militär sonst keine Gemeinsamkeiten haben.«
Langsam nickte er. Anerkennend.
Shanija lehnte sich zurück und entspannte sich. Nach all der Aufregung und körperlichen Anstrengung war eine Massage keine schlechte Idee. Sie rutschte im Sitz umher und fand die optimale Position, während sie die kleinen Tentakel unablässig kneteten. Ein wohliges Gefühl überflutete ihren Körper. Die Geräusche der anderen Fahrgäste wurden leiser und verhallten irgendwann völlig. Alle Last fiel von ihr ab. Es gab nur ihren Körper und die einfühlsamen Finger, die sie massierten. Sie tauchte ein in einen Kosmos der Entspannung und des Friedens – der in einer Explosion eines Schreis zerbarst.
»Shanija!«
Sofort war sie hellwach und nahm mit allen Sinnen blitzartig die Umgebung in sich auf.
Die Kakteen, der Becher samt Kiste und der Nilpferdköpfige stürmten an ihr vorbei. Ihr gegenüber am anderen Ende des Abteils standen vier Männer und vier Frauen mit gezückten Messern und Schwertern. Sie trugen lederartige, feste Kleidung.
Bitte, nicht schon wieder
, dachte Shanija.
Reicht es nicht, dass Seiya meinetwegen entführt wurde und wir nicht wissen, wo sie ist?
»Lasst uns reden!«, versuchte sie es mit Vernunft. Diese Menschen waren fehlgeleitet, keine wirklichen Feinde.
»Karem Dur!«, brüllten die Menschen simultan als Antwort.
»Das sind Warner!«, rief Mun.
Also gut. Shanija trat in die Gangmitte und machte sich kampfbereit. In einer solchen Situation steigerte sich ihre Auffassungsgabe und ermöglichte ihr, in kürzester Zeit mehr Informationen als ein durchschnittlicher Kämpfer aufzunehmen. Und sie könnte bereits jetzt, nicht einmal eine halbe Minute, nachdem sie aufgeschreckt worden war, zwei von ihnen getötet haben.
Während sich zwei Gegner über den Gang näherten, stiegen die restlichen sechs über die Bänke. Die Geschmeidigkeit, mit der sie ihre Füße auf den Boden setzten, zeugte von Körperbeherrschung. Allesamt wirkten sie wie Raubtiere.
Diese Leute waren kampferprobt und verstanden ihr Handwerk. Ihre zweischneidigen Kampfmesser hielten sie, als wären sie eine Verlängerung ihrer Arme. Trotzdem wunderte sich Shanija über die Wahl der Waffen. Damit drückten die Attentäter zwar ihr hohes Vertrauen in ihre Fähigkeiten als Kämpfer aus, verschenkten aber das Überraschungsmoment.
Shanija dankte ihnen für diese Überheblichkeit.
Sie hörte, wie As’mala ihr Schwert zog. Aus dem Augenwinkel sah sie, wie Mun einen kleinen Stab aus seinem Lederbeutel fischte, der sich nach dem Aufklappen versteifte. Anfangs eignete sich diese Waffe sicher, um Gegner in der Distanz
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