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Super-Brain - angewandte Neurowissenschaften gegen Alzheimer, Depression, Übergewicht und Angst

Super-Brain - angewandte Neurowissenschaften gegen Alzheimer, Depression, Übergewicht und Angst

Titel: Super-Brain - angewandte Neurowissenschaften gegen Alzheimer, Depression, Übergewicht und Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: nymphenburger Verlag
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Dieser vertrat bereits Mitte des 18. Jahrhunderts die Auffassung: Weder befinde die Natur sich jemals im Stillstand noch gleiche sie einer Maschine, vielmehr sei sie lebendig und dynamisch. Und abhängig davon, welche Erfahrungen wir machen, so seine nächste These, werde das Gehirn ständig neu organisiert. Darum solle der Mensch sich in geistigen Belangen genauso üben, wie man seinen Körper durch Training fit hält. Hier hat wohl erstmals jemand zum Ausdruck gebracht, dass unser Gehirn flexibel, formbar und dazu fähig ist, sich auf die in unserem Umfeld stattfindenden Veränderungen einzustellen.
    Viel später, Mitte des 20.Jahrhunderts, lieferte der amerikanische Psychologe Karl Lashley den Beweis, dass es sich tatsächlich so verhält. Lashley trainierte Ratten darauf, in einem Labyrinth Futter ausfindig zu machen, woraufhin die Ratte das Futter als Belohnung erhielt. Anschließend entfernte er den Tieren nach und nach große Teile der Hirnrinde (des zerebralen Kortex), um herauszufinden, wann die Tiere das zuvor Erlernte vergessen würden. Da Hirngewebe höchst empfindlich und ein Lebewesen vollkommen von seinem Gehirn abhängig ist, ging er davon aus, selbst wenn er bloß einen kleinen Teil entfernen würde, habe dies bereits einen tief greifenden Gedächtnisverlust zur Folge.
    Zu seiner eigenen Bestürzung musste Karl Lashley erkennen, dass er einer Ratte 90Prozent des Kortex entnehmen konnte und das Tier sich in dem Labyrinth nach wie vor gut zurechtfand. Wie sich herausstellte, erzeugen die Ratten, wenn sie sich den Verlauf des Labyrinths einprägen, unterschiedlich geartete Synapsen in großer Zahl, die auf sämtlichen Sinneserfahrungen der Tiere basieren. Viele verschiedene Teile des Rattenhirns treten hier in Interaktion, um ein ganzes Spektrum von einander teils überschneidenden Sinnesassoziationen entstehen zu lassen. Die Ratten haben, mit anderen Worten, den Weg zum Futter im Labyrinth nicht nur gesehen, sondern ihn zugleich gefühlt und gewittert. Als ihnen dann Teile der Hirnrinde entfernt wurden, brachte das Gehirn neue Nervenzellen-Ausläufer (Axone) hervor und bildete neue Synapsen, um die anderen Sinne nutzen zu können, indem es die verbliebenen Anhaltspunkte, und mochten sie auch noch so winzig sein, verwertete.
    Hier haben wir den ersten klaren Hinweis, dass wir der Vorstellung von vorgegebenen Schaltmustern im Gehirn mit Skepsis begegnen sollten. Das Gehirn ist vernetzt, kennt jedoch keine starr vorgegebenen Kommunikationswege, keine » fest verdrahteten Schaltungen « . Die das Netzwerk ergebenden Schaltungen bestehen aus lebendigem Gewebe. Noch wichtiger: Gedanken, Erinnerungen, Wünsche und Erfahrungen führen jeweils zu einer Umgestaltung des Schaltplans.
    Deepak erinnert sich gut an einen polemisch zugespitzten medizinischen Fachbeitrag aus dem Jahr 1980. Die Überschrift, halb im Scherz, lautete: » Ist das Gehirn wirklich notwendig? « Anlass für den Artikel war die Arbeit des britischen Neurologen John Lorber, der sich mit Menschen beschäftigt hat, die an einer als Hydrocephalus ( » Wasserkopf « ) bezeichneten Funktionsstörung des Gehirns litten. Bei einem Hydrocephalus-Patienten sammelt sich enorm viel Flüssigkeit im Gehirn an. Durch den so entstehenden Druck wird das Leben regelrecht aus den Gehirnzellen herausgequetscht. Ein Hydrocephalus bewirkt nicht nur, dass die daran erkrankten Menschen in ihrer Entwicklung zurückbleiben, sondern zieht auch weitere gravierende Behinderungen nach sich und führt letztlich zum Tod.
    Lorber hatte zuvor eine Abhandlung über zwei Kleinkinder publiziert, die ohne Großhirnrinde zur Welt gekommen waren. Ungeachtet dieses seltenen und ebenfalls todbringenden Gebrechens schienen sie sich jedoch normal zu entwickeln. Äußere Anzeichen einer Schädigung waren nicht erkennbar. Das eine Kind überlebte drei Monate, das zweite ein Jahr lang. Als seien diese beiden Fälle nicht schon bemerkenswert genug, schickte ein Kollege von der Sheffield University einen jungen Mann mit vergrößertem Schädel zu John Lorber. Der junge Mann hatte einen sehr guten Hochschulabschluss (Examen mit Auszeichnung) in Mathematik und einen Intelligenzquotienten von 126. Abgesehen von der Schädelvergrößerung wies er keine Hydrocephalus-Symptome auf und führte ein normales Leben. Eine Computertomografie förderte dann allerdings zutage, dass der junge Mann, in Lorbers Worten, praktisch kein Gehirn hatte. Der Schädel war nur mit einer dünnen, ungefähr einen

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