Superdaddy: Roman (German Edition)
aufgetaucht!«
»Ich schlafe im Flur.«
Sie sah mich ungläubig an. Und blieb sitzen.
»Charlotte, steh auf!«
Endlich erhob sie sich wie eine Schlafwandlerin. Ich zerrte meine Decke aus der viel zu engen Schublade.
»Äh, Philipp, alles okay?« Sie blickte mich an, als hätte ich verkündet, auf der Straße schlafen zu wollen.
»Charlotte, du bist kein frei flottierendes Elektron«, sagte ich sehr langsam, »sondern die Mutter unserer drei Kinder. Und meine Frau.«
Meine Predigt wurde leider dadurch vermasselt, dass ich es nicht schaffte, Laken, Decke und Kissen gleichzeitig unter meine Arme zu klemmen. Das Kissen fiel zu Boden, und als ich mich danach bückte, fiel mir auch noch das Laken runter.
»Kommst du klar?«, fragte sie mit leisem Spott.
Ich raffte alles zusammen, warf die Sachen in den Flur und holte noch die Matratze.
»Der Auszug des Odysseus!«, kommentierte sie.
Die Matratze war groß, schwer und biegsam zugleich. Der hintere Teil klappte zur Seite weg, während ich sie mühsam zur Tür schleppte. Ein souveräner Befreiungsschlag sah anders aus. Aber ich blieb dabei. Zum ersten Mal, seit wir das gelbe Schlafsofa hatten, schlief ich nicht mit ihr zusammen darauf. Ich holte noch den Schlafanzug aus dem Wohnzimmer und wunderte mich, dass sie The Wire nicht wieder eingeschaltet hatte. Sie hatte das Kinn in die Hände gestützt und guckte leicht bekümmert. Wie der Leser eines Dostojewski-Romans, der mit aller Macht auf ein Happy End hofft. Nur dass Dostojewski keine Happy Ends geschrieben hat.
»Gute Nacht«, sagte ich tonlos, schloss die Tür hinter mir und schlüpfte unter meine Decke. Und freute mich plötzlich über meine Freiheit. Allein auf dieser Matratze. Und dachte an Trennung. Wie könnte das denn überhaupt gehen, mit den Kindern? Gar nicht. Es war nicht vorstellbar. Und auch nicht wünschbar. Die Kinder hatten sich vor unsere Beziehung geschoben, aber Charlotte schien das nicht mal was auszumachen. Sie war stolz auf meinen Erfolg, in einer naiven und fröhlichen Art und Weise, aber alles, was er ihr abverlangte, war ihr lästig, weil sie nach wie vor nur um sich selbst kreiste, um ihr nächstes Buch und ihre nächste Vorlesung. In Wahrheit waren wir längst getrennt. Wir waren uns abhandengekommen. Wir sahen uns kaum noch, hatten kaum noch Sex, und selbst wenn wir welchen hatten, wirkte sie dabei seltsam abwesend. Dachte sie wirklich über Männlichkeitskonzepte in der Moderne nach, während sie mit mir schlief? Ich suchte mein iPhone und tippte.
charlotte unerwartet zu Hause. schlaf süß. dein superlover
In dem Moment stand Charlotte in der Tür. »An wen simst du um zwei Uhr nachts?«
Ich wurde rot. Aber das war im Dunkeln zum Glück nicht zu erkennen. »An den Gott der deutschen Fernsehunterhaltung.«
»War der etwa da?« Sie tappte langsam auf mich zu, setzte Fuß vor Fuß, immer in der Angst, ich könnte sie umgehend ins Wohnzimmer zurückbeordern. So behutsam hatte sie noch nie etwas getan, seit wir uns kannten. Sie ging auf die Knie, suchte meinen Blick. Ich hatte längst auf Senden gedrückt und das Gerät unter der Decke verschwinden lassen.
»Philipp?« fragte sie leise.
»Ja.«
»Philipp.« Ganz langsam streckte sie die Hand nach mir aus, in Zeitlupe, sie suchte mein Gesicht, strich über meine Schläfe, über die Wange, über den Hals. »Kommst du ins Bett?«
Ich atmete tief ein. Und wieder aus. »Wir haben kein Bett.«
Sie schwieg. Und überlegte. Völlig unbekannte Seiten an ihr. »Kann ich zu dir kommen?«
Ich schloss die Augen. Sie würde mich niemals loslassen. Und ich wusste auch warum. Auf merkwürdige Weise fühlte sie sich bei mir zu Hause. Ich war ihre Höhle, ihr Nest, von dem sie aufbrach, die Welt zu erobern. Aber hatte sie auch etwas begriffen?
Sie kroch unter meine Decke, schmiegte sich an mich, legte den Kopf auf meine Brust und atmete. Ich wusste, dass sie die Augen geöffnet hatte. Und wartete.
»Was hältst du davon«, flüsterte sie nach einer Minute, »wenn wir beide mal nach New York fahren? Nur wir beide, vier Tage?«
Es war schwer, nicht loszulachen. Charlotte und Hotte. Das reimte sich. Wahrscheinlich hatten beide denselben Ratgeber gelesen: 1000 Tipps für Menschen mit Jammerpartner. Nein, nicht das ganze Buch. Nur die Besprechung im Hamburger Abendblatt .
»Du meinst, mal so richtig hemmungslos shoppen?«, flüsterte ich. »Auf der Fifth Avenue? Und in Greenwich Village?«
Ich spürte ihr Strahlen in der Dunkelheit. »Total
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