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Susan Price

Susan Price

Titel: Susan Price Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Elfling Saga
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spürte, wie Wut und Angst ihr Kraft gaben. Godwin eilte an ihre Seite, stocksteif, mit der Hand am Heft seines Dolchs. Kendidra griff nach Godhilda und zog sie zu sich heran, und dann deutete sie Godhelm hektisch herbeizukommen, bis er an die Seite seiner Schwester rannte.
    Niemand schlug an die Tür, was ihr noch mehr Angst bereitete. Der Riegel wurde hochgehoben und die Tür aufgeschoben. Im Türrahmen zeichnete sich der Umriss eines großen, schlanken Mannes ab, ein Schattenspiel zwischen dem schwachen Licht des großen Saals und dem heller erleuchteten Raum Kendidras. Sein Haar fiel ihm lang über die Schultern, und das Licht hinter ihm ließ die Spitzen seiner Haare zu einem hellen Feuer werden. Er war ihr fremd.
    Sie öffnete den Mund, um ihn zu fragen, wie er es wagen konnte, ihren Raum ohne Erlaubnis zu betreten, doch die Stimme versagte ihr den Dienst.
    »Darf ich hereinkommen, Herrin?« Der Fremde trat durch die Tür. Kendidras Kammermädchen erhoben sich von ihren Schemeln und eilten hinter sie. Als der Fremde in das volle Licht ihres Zimmers trat, bewegte sich sein Haar anmutig über seine Schultern und verlor seinen grellen Schein, bis es einen wärmeren Blondton annahm. Ihre Angst ließ ihre Gedanken blitzschnell rasen, sodass unzählige Überlegungen durch ihren Kopf jagten, zurückkehrten, wie Fische in ihrem Becken, die man aufgescheucht hatte. Er war wunderschön – sie kannte ihn. Seine Kleidung war nicht angemessen genug, um ihr seine Aufwartung zu machen – sie kannte ihn, und er war wunderschön. Er trug das schwarze stumpfe Schwert, doch er wirkte, als ob er gerade von der Arbeit käme – sie kannte ihn …
    »Wulfweard?«, fragte sie mit heller, hoffnungsvoller Stimme. Sie hatten gehört, dass Wulfweard tot sei, aber nichts war gewiss, und Wulfweard war immer ein ansehnlicher Junge gewesen, mit genau diesem langen blonden Haar. Das Gesicht erinnerte sie an ihren Ehemann, doch mit weniger Härte in seinen Zügen, in jeder Hinsicht sanfter, die Augen größer, die Nase gerader, der Mund voller und mit mehr Lachfalten. Aber in den letzten Jahren hatte sie Wulfweard so selten gesehen, dass sie sich nicht sicher sein konnte. »Bist du es … Wulfweard?«
    Er lächelte und schüttelte kaum merklich den Kopf. Feine Zöpfe zu beiden Seiten seines Gesichts folgten seiner Bewegung, und die offenen Haare fielen ihm über die Schultern. Er schritt in den Raum hinein. Er trug nur schlichte Reitstiefel, eine Hose und ein Hemd, die Ärmel aufgerollt, am Hals offen, obwohl es recht kühl war. Einen solchen Mann, der so schlichte Kleidung trug, mit einem Schwert am Gürtel zu sehen, war seltsam, aber das Schwert wirkte ebenso schlicht. Sein Heft war in einem stumpfen grauschwarzen Ton gehalten, wie bei einer Axtschneide, sodass es fast schon wieder passte. Der schwache Duft von Schweiß erreichte Kendidra, auch eine Note von Heu und eine merkwürdige Wärme.
    »Ich bin Elfling Eadmundssohn«, sagte er und schien Scheu zu haben, es auszusprechen.
    Sie war verblüfft, wenn auch das Gesagte Sinn machte. Darum ähnelte er Wulfweard und Unwin so sehr, natürlich – sie hatten denselben Vater. Und die Elfen hatten ihm ihre Schönheit geschenkt. Aber er, der den Königstitel für sich beanspruchte, war wie ein Landarbeiter gekleidet gekommen – wenn man von Kleidung sprechen konnte –, ohne jede Zeremonie. Seine Eskorte schien aus nicht mehr als ein paar bewaffneten Männern und einem Haufen Neugieriger zu bestehen, die sich auf dem Absatz vor der Tür drängten und hineinstarrten – ihn anschauten, ihn anstarrten.
    Kurz blitzte der Gedanke in ihr auf, das er beabsichtigen könnte, ihren Kindern eigenhändig die Kehle durchzuschneiden. Darum war er ohne Begleitung erschienen, ohne Männer von Bedeutung. Nun, war dieser Bastard nicht als Bauer erzogen worden, daran gewöhnt seinen Hühnern die Hälse umzudrehen und seinen Ferkeln die Kehle durchzutrennen? Mit einer Hand versuchte sie Godwin hinter sich zu schieben, doch er bewegte sich nicht und erwiderte den Druck.
    »Ja, Ihr habt Wulfweard Eadmundssohn getötet«, sagte sie. »Das haben wir vernommen.«
    Er wirkte verwirrt, hob aber dann das Kinn und nickte. »Oh, ja. Ich habe ihn getötet, ich bedaure es. Mein Schwert schrie und sprang in meine Hand, durchbohrte ihn, und er brach vor meinen Füßen zusammen.« Während er sprach, wanderte sein Blick zu Godwin, aber er lächelte nicht. Godwin versuchte, den finsteren Blick zu erwidern, aber er konnte seine

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