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Susanne Barden 01 Hinaus ins Leben

Susanne Barden 01 Hinaus ins Leben

Titel: Susanne Barden 01 Hinaus ins Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen D. Boylston
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fragte Connie.
    Susy meinte nachdenklich: »Ist sie wirklich so, wie sie sich gibt? Oder gehört es zur Politik des Krankenhauses, die Probeschwestern in Angst und Schrecken zu versetzen, um zu sehen, wer von ihnen es aushält?«
    Die Schwester lachte. »Ihr armen Dinger! Na, wir haben das alle einmal durchgemacht.« Dann wandte sie sich zu Susy. »Sie irren sich. Das Krankenhaus hat nichts mit Fräulein Camerons Lehrmethode zu tun. Sie gehört nun einmal zu den älteren Lehrerinnen, die der Meinung sind, daß man das Kind verwöhnt, wenn man den Stock schont.«
    »O weh!« rief Susy.
    »Trotz allem - sie ist das Salz der Erde.«
    Kit verzog das Gesicht. »Ich habe Salz nie gemocht.«
    »Sie werden sich daran gewöhnen«, meinte die Schwester lachend. »Fräulein Cameron wird Ihnen das Leben nicht leicht machen, aber Sie werden bald entdecken, daß sie jederzeit fair handelt. Sie ist eine großartige Lehrerin. Was man bei ihr gelernt hat, vergißt man sein Leben lang nicht. Und sie ist eine solch wunderbare Krankenschwester, daß man den Hut vor ihr ziehen muß. In diesem Krankenhaus zieht man seit fünfundzwanzig Jahren den Hut vor ihr.«
    »Aber hatten Sie nicht auch Angst vor ihr?«
    »Natürlich. Ich fürchte sie auch jetzt noch. Jedermann fürchtet sie. Sie ist einzigartig.«
    »Das ist sie bestimmt«, sagte Kit achselzuckend.
    »Ich bin überzeugt, daß Sie später anders über sie denken werden.«
    »Was bedeutet das schwarze Band, das Sie tragen?« fragte Susy.
    Die Schwester errötete. »Es ist das Band der Lernschwestern vom Stabe.«
    »Sind Sie denn Stabsschwester?«
    »Nun ja. Man muß eine Station leiten können, bevor man mit dem Studium fertig ist. Ich bin beinahe soweit. Auch Sie werden eines Tages dieses Band tragen.« Sie machte eine Pause und erklärte dann: »Es gibt noch ein anderes schwarzes Band, das Seniorenband. Es wird >Schnürband< genannt, weil es so schmal ist. Das heißt nun nicht, daß die Schwester, die es trägt, die dienstälteste der Schule ist. Man erkennt an diesem Band vielmehr die Schwestern, die am längsten auf einer Station sind und die Oberschwester vertreten.«
    Die Mädchen bedankten sich für die Auskunft.
    »Bitte sehr, keine Ursache. Ich will Ihnen gern alles erklären, was Sie wissen möchten. Auch ich war einmal Probeschwester und fühlte mich unsicher. Nun müssen Sie sich aber beeilen, sonst kommen Sie zu spät zum theoretischen Unterricht.«
    »Ach Himmel, richtig! Vielen Dank!«
    Sie liefen mit dem Gefühl durch den langen Korridor, soeben äußerst wichtige Dinge erfahren zu haben.

 
     
Ein liebes Mädchen!
    Die Theoriestunde verlief fast genauso wie der Unterricht in der Schule. Der einzige Unterschied bestand darin, daß die Lehrerin Tracht und Haube trug. Sie verteilte Notizhefte und Lehrbücher über Anatomie und Physiologie. Außerdem bekam jedes Mädchen ein Buch über Medikamente und ihre Wirkung, das >Therapeutik< hieß.
    Anfangs wurde die Aufmerksamkeit der Mädchen durch ein menschliches Skelett abgelenkt, das in einer Ecke des Klassenzimmers stand. Aber bald gewöhnten sie sich an den Anblick, und am Schluß der Stunde beachteten sie es überhaupt nicht mehr.
    Ihre erste Hausaufgabe bestand darin, bis zum nächsten Tag die Namen und die Lage aller Knochen des menschlichen Körpers zu lernen. Das wäre nicht weiter schwierig, versicherte die Lehrerin, denn der Mensch hätte nur etwa zweihundert Knochen, die Zähne nicht mitgerechnet.
    Die Schülerinnen schnappten entsetzt nach Luft.
    Als der Unterricht seinem Ende zuging, begann Susy mit wachsender Erregung an ihren Dienst auf der Station zu denken. In einem richtigen Krankensaal mit richtigen Patienten zu arbeiten, stellte sie sich als großes Ereignis vor. Ob sie schlimme Dinge zu sehen bekommen würde, jene Bilder des Jammers, von denen die Menschen hauptsächlich sprachen, wenn vom Schwesternberuf und vom Krankenhaus die Rede war? »Sie werden Furchtbares mit ansehen müssen«, hatten viele zu Susy gesagt.
    Hoffentlich fiel sie nicht in Ohnmacht. Und hoffentlich mochten die Patienten sie gern. Schließlich waren es Menschen wie andere auch, versuchte sie sich selbst zu beruhigen. Sie nahm sich vor, liebenswürdig und sanft und mitfühlend zu sein. Dann würden die Kranken ihre Anwesenheit gewiß als Trost empfinden. Das war ein angenehmer Gedanke.
    Aber auf dem Weg zur Station wurde Susy von bösen Vorahnungen geplagt. Die dicke Hilda Grayson keuchte neben ihr die Treppe hinauf und stieß

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