Suzannah und der Bodyguard
doch hoffentlich nicht sagen … Ich meine, Sie werden doch nicht …“
„Ich werde was nicht? Ihr vorschlagen, dass sie ihren Liebhaber anrufen soll, damit sie sich bei ihm ausweinen kann?“ Ray richtete sich zur vollen Größe auf und setzte seine ausdruckslose Miene auf, die auf andere erfahrungsgemäß einschüchternd wirkte. Böser Bulle mutiert zu noch böserem Bullen . „Warum sollte ich nicht? Sie hat sich doch für ihn entschieden.“
Dr. Greenfield ließ sich kein bisschen beeindrucken, zweifelsohne hatte er schon den weichen Kern unter Rays rauer Schale erkannt.
Verdammt noch mal, Grace, warum tust du mir das an?
„Tatsache ist, dass sie im Moment Sie braucht. Sie ist ziemlich verstört und sollte sich auf keinen Fall noch mehr aufregen. Sollte sich die Diagnose der retrograden Amnesie bestätigen, würde ich ihr gerne die Chance geben, ihre Erinnerungen selbst wiederzufinden.“ Dr. Greenfields Blick bohrte sich in Rays. „Kann ich mich auf Sie verlassen?“
Ohne zu blinzeln, erwiderte Ray den eindringlichen Blick des Arztes. „Ich habe verstanden, Doc. Dann mal los, bringen Sie mich zu ihr.“
***
Grace Morgan fühlte sich, als sei sie von einem Bus überfahren worden.
Trotz der Medikamente , die sie von der Schwester bekommen hatte, schien ihr ganzer Körper nur aus Schmerzen zu bestehen, wenn sich diese auch mehr im Hintergrund hielten. Außerdem plagte sie ein hartnäckiger Kopfschmerz. Doch trotz allem hatte sie nicht geweint.
Es schien sogar, als könne sie gar nicht mehr weinen. Statt der Tränen fühlte sie sich einfach nur elend, irgendetwas drückte wie eine schwere Last auf ihre Brust. Wenn doch bloß Ray endlich hier wäre. Mit ihm an ihrer Seite würden die Tränen endlich fließen können.
Sie würde um ihren geliebten roten Mustang weinen, der schockierenderweise jetzt nur noch ein Klumpen verbeultes Metall war, den man wie eine Sardinenbüchse hatte aufschneiden müssen, um sie zu bergen. Wie war sie da nur lebend herausgekommen?
Sie würde weinen wegen ihrer Fahrlässigkeit.
Sie würde weinen, weil sie Ray und auch sich selbst in Angst versetzt hatte.
Ray . Er würde sie eng an sich drücken und sie wiegen, während sie ihre Schmerzen herausweinte und dabei feuchte Flecken auf seinem Hemd hinterließ. Sie könnte sich an seine starken Schultern lehnen und wäre sicher bei ihm. Er würde sie vorsichtig und sanft küssen …
Fast wären ihr allein bei dem Gedanken die Tränen gekommen. Fast.
Ray, wo bist du nur?
Wie aufs Stichwort ging die Tür auf, und ihr Ehemann kam ins Zimmer. Bei seinem Anblick machte ihr Herz einen Satz, so viel Stärke und Sicherheit strahlte er aus. Mit seinen breiten Schultern schien er gerade noch so durch den eigentlich mehr als ausreichend breiten Türrahmen zu passen.
Auch wenn sie sich schlecht fühlte, er sah definitiv schlechter aus. Verhärmt. Und zum ersten Mal in den sechs Jahren, die sie ihn nun schon kannte, war seine Kleidung vollkommen zerknittert. Außerdem sah es aus, als hätte er die zweite tägliche Rasur ausgelassen.
Der Ärmste. Er musste furchtbare Angst um sie gehabt haben.
„Ray.“ Über ihren Körper hinweg streckte sie ihm den linken Arm entgegen, da sie den rechten wegen der Infusionsschläuche nicht richtig bewegen konnte. Zwar nahm er ihre Hand, doch irgendetwas stimmte nicht. Er wirkte … komisch. Auf der Hut. Als wäre etwas ganz und gar nicht in Ordnung.
Oh Gott, musste sie doch sterben? Hatte sie einen irreparablen Gehirnschaden erlitten, von dem ihr niemand etwas gesagt hatte? Vielleicht hatte sie eine Hirnblutung, die ihr Gehirn extrem anschwellen ließ. Vielleicht tat ihr der Kopf deshalb so weh. Vielleicht …
Ray berührte ihre Stirn und schob eine Haarsträhne beiseite, die unter der Bandage um ihren Kopf hervorlugte. Seine zärtliche Geste vertrieb alle verrückten Gedanken.
„Alles in Ordnung?“
Jetzt schon. „Ja, alles in Ordnung. Außer du weißt etwas, das ich nicht weiß.“
Plötzlich war da wieder dieser Ausdruck auf seinem Gesicht. „Was meinst du damit?“
„Sie haben dich nicht zu mir geschickt, damit du mir erzählst, sie hätten die Untersuchungsergebnisse vertauscht? Dass mein Gehirn eigentlich nur noch Wackelpudding ist?“
Sein Lächeln beruhigte sie, doch es erreichte seine Augen nicht. „Nein, soweit sie es sagen können, geht es deinem Kopf gut.“
Sie zog seine Hand an ihre Wange und drückte sie an ihr Gesicht. Die Schmerzen ließen etwas nach.
„Das haben sie
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