Svantevit - historischer Roman (German Edition)
glaube ich auch, denn eigentlich hatte er wohl auf meinen Hals gezielt!", sagte Radik und genoss die einsetzende gespannte Stille.
Er entwand dem vor ihm liegenden Täubchen mit kurzer kraftvoller Drehung eine Keule.
"Mit jenem unglücklichen Schützen, wie Ihr ihn nennt, geriet ich bereits des Öfteren aneinander. Uns eint eine innige Feindschaft, die wohl kein gutes Ende nehmen wird – für ihn."
Die Männer begannen zu murmeln und ein anerkennendes Nicken setzte sich fort. Große Taten, Mut, Kraft und Intrigen! Dieser junge Mann war nach ihrem Geschmack und zweifellos ein edler Herr.
Radik fühlte sich hier über alle Maßen wohl. Selbst wenn er in einigen Wochen diesen Ort verlassen würde und der gesamte restliche Weg nur aus dem einerlei des täglichen Fortkommens des Handelstrosses bestehen sollte, hätte sich die Reise doch gelohnt. Die Einblicke, die er hier erhielt, den Umgang, den er hier pflegen konnte, all dies wäre doch noch vor kurzem für ihn undenkbar gewesen und nun war ihm, als könnte er es nie mehr missen.
Das Einzige, was ihn betrübte, war die Sehnsucht nach Kaila, seiner grünäugige Bienenkönigin. Manchmal stellte er sich vor, wie es wohl gewesen wäre, wenn sie mit auf diese Reise gekommen wäre. Alles wäre ganz sicher noch viel interessanter, noch viel bunter, noch viel schöner. Warum hatte er sie nicht gefragt? Wäre sie überhaupt mitgekommen? Pritzbur hätte dies sicher abgelehnt, denn im Tross gab es nur Männer, viele von der rauen Sorte und ein junges Mädchen würde bei diesen Spießgesellen für Unruhe sorgen.
Radik hätte ihr alle körperlichen Strapazen ohne weiteres zugetraut, aber letztlich mochte sie es gar nicht, längere Zeit unter einer solchen Anzahl von Menschen zu weilen. Sie brauchte ihre Rückzugsmöglichkeiten und daher glaubte Radik fest, dass sie das Angebot, auf diese Reise mitzukommen, ohnehin abgelehnt hätte.
Was Radik mit Kaila vermisste, war nicht nur ihr Lächeln, ihr kluger Kopf und ihr betörendes Wesen. Das junge Mädchen, welchem Radik nach seinem Erwachen in der Burg als erstes begegnet war, sorgte sich beständig um die Herrichtung des Zimmers und der Kleidung des jungen Gastes. Es war zu vermuten, dass der Markgraf dies so angeordnet hatte, der die Situation am ersten Morgen missverstanden haben mochte, denn obwohl es eine Vielzahl an Dienstmädchen in der Burg gab, war immer jene zur Stelle, wenn Radik einen Wunsch hatte. Ob Radik dies gut oder schlecht finden sollte, war ihm zunächst nicht klar, denn dass er in solch einem jungen hübschen Mädchen stets mehr sah als nur einen dienstbaren Menschen, der Feuerholz nachlegte und die Kleidung bürstete, war ihm eigentlich am Anfang gar nicht recht. Warum konnte ihm kein älteres, gar fettes Weib die Aufwartungen besorgen?
Ihr Name war Doliga und nur langsam legte sie ihre schüchterne Verlegenheit ab. Es war gerade diese Zurückhaltung, die Radik dazu brachte, sich ihr in besonderer Art und Weise zu nähern. Bei einem burschikosen Charakter hätte er die Distanz wohl eher wahren können.
"Deine Hand ist kalt. Zitterst du?"
"Mir geht es gut. Vielleicht habe ich mich ein wenig verkühlt?"
"Wovor fürchtest du dich? Ich bin ein Mensch aus Fleisch und Blut und gebe doch wohl keinen Anlass zur Sorge. Nur, weil ich ein Freund des Markgrafen bin und im Bette des Königs nächtige, bin ich doch niemand, vor dessen Launen du bangen musst", sagte Radik sanft und begann, langsam ihre Hand zu streicheln, "Hast du in den Tagen, in denen ich nun hier schon Weile, mich jemals ein böses Wort gegen jemanden richten hören?"
"Nein, mein Herr. Ihr seid stets freundlich und höflich. Aber man hat mich vor den Herren gewarnt, bevor ich auf die Burg kam und auch hier weiß man manch üble Geschichte zu berichten", antwortete Doliga scheu.
"Die Weiber wollen sich wichtig tun!", meinte Radik geringschätzig, "Hast du einen älteren Bruder?"
"Ja und einige jüngere."
"Fürchtest du diesen Bruder?"
"Nein. Wir verstehen uns gut", antwortete sie etwas verblüfft.
"Dann sieh mich als diesen Bruder an. Du weißt, dass man vor älteren Brüdern Respekt haben soll, aber doch keine Angst!", sagte er mit bemühter Strenge.
Sie guckt ihn an, ein zaghaftes Lächeln huschte über ihr Gesicht und er entließ sie fürs Erste.
Dieses kurze Gespräch hatte das Verhältnis sehr entspannt und bald hielt Radik ihre Hand mehr zu seinem Vergnügen, als um ihr etwas Gutes zu tun. Sie ließ es geschehen, auch, als
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