Svantevit - historischer Roman (German Edition)
zurückgreifen", erklärte Zambor und blickte besorgt zum Himmel, "Leider können wir die Sache nicht verschieben. Ich vertraue also voll und ganz auf dich", sagte er streng, während er Radik musterte.
Ugov nickte Radik zu, was dieser richtig als Aufforderung zu einer Erwiderung verstand.
"Ich werde mein Bestes geben. Ihr könnt euch auf mich verlassen", versicherte Radik daher mit fester Stimme.
"Gut zu hören", meinte Zambor, nun mit freundlicher Miene, "Man wird dich zu dem Steg bringen, wo du weitere Erklärungen erhältst."
Wenig später saß Radik am Steuerruder in einem von drei Booten, in denen sich jeweils sechs Soldaten befanden, obwohl gut die doppelte Anzahl hineingepasst hätte. Radik war angewiesen worden, den beiden anderen zu folgen, was nicht sonderlich schwer war. Er wunderte sich, warum man gerade ihm diese Aufgabe übertragen hatte, denn er meinte, selbst seine kleine Schwester würde wohl in der Lage sein, mit dem Ruder Kurs zu halten. Sicher hat sein Onkel irgendetwas hiermit zu tun.
Vor dem Ablegen hatte man ihm noch den Zweck der Unternehmung mitgeteilt. Man wollte auf einer vorgelagerten dänischen Insel, auf welcher Obodriten Pachtland besaßen, Gefangene machen, um diese als Sklaven zu verkaufen. Daher war auch der zunächst freie Platz in den Booten vonnöten.
Die Männer legten sich in die Ruder. Sie steuerten gegen die Windrichtung an, aber der Sturm blieb zum Glück bisher aus. Auf dem Rückweg würde man die Segel nutzen können, was von Vorteil war, falls man sich eilig davonmachen musste.
Endlich tauchte Land auf, welches man seitlich umschiffte, um an einer etwas abseits gelegenen Stelle ans Ufer zu gelangen. Offenbar kannten sich die beiden anderen Bootsführer hier bestens aus, während Radik ihnen blind folgte.
"Junge, kräftige Männer bringen bei den Arabern erfahrungsgemäß am sichersten gutes Geld ein. Ein hübsches Mädchen, gut entwickelt und zudem noch Jungfrau, wäre natürlich noch besser", meinte ein Mann namens Bojomir, der den Trupp anführte.
"Wie soll ich ihre Unberührtheit feststellen?", fragte ein anderer.
"Ich weiß da eine sichere Methode. Doch danach ist das gute Kind die längste Zeit Jungfrau gewesen", antwortete der nächste, was mit Gelächter bedacht wurde.
"Ruhe!", herrschte Bojomir die Männer an, "Jetzt ist keine Zeit für solche Albernheiten. Ihr wisst, was zu tun ist!"
Den Bootsführern wurde geheißen, bei den Booten zu warten und diese für eine schnelle Flucht bereitzuhalten. Bojomir winkte Radik heran und forderte ihn zum Folgen auf.
Wie Strauchdiebe schlugen sich die Männer durch Büsche und kleine Bewaldungen, peinlich darauf bedacht, von niemandem entdeckt zu werden. Bald erreichten sie ein Gehöft, dass von Ackerfläche umgeben war. Da der Roggen bereits abgeerntet war, lag die letzte Wegstrecke auf freiem Feld. Alles musste jetzt sehr schnell geschehen, um den Bewohnern keine Zeit zur Flucht zu geben.
Gerade als Bojomir das Zeichen zur Stürmung des Gehöftes geben wollte, bemerkte man einen älteren Mann, der, mit einem Stock in der Hand, am Ackerrand entlang ging und genau auf sie zukam. Sie wichen zurück. Er hatte wohl ein Geräusch wahrgenommen, denn er trat langsam, aufmerksam lauschend genau vor ihnen in das kleine Waldstück hinein und hielt auf vier der Männer zu, die sich hinter einem Busch verbargen. Der Stock in der Hand entpuppte sich als kleiner Speer, den der Alte jetzt langsam in Wurfposition brachte.
Es war ausgeschlossen, dass er hier Feinde vermutete und angreifen wollte. Vielmehr meinte er wohl, einem Kleinwild hinterherzustellen. Dem Alten entging allerdings, dass sich hinter den vorderen, größeren Bäumen, an denen er vorbeigeschlichen war, zwei Ranenkrieger versteckten. Einer von ihnen zog langsam sein Messer und schritt dann dem Alten hinterher, nicht darauf bedacht, leise zu Werke zu gehen, denn ehe der Alte sich überhaupt umdrehen konnte, hatte ihm der Rane das Messer seitlich in den Hals gerammt und mit einer schnellen Drehung und kraftvollem Schnitt die Gurgel durchtrennt.
Der Anblick des stoßweise hervortretenden Blutes erinnerte Radik an das Weingefäß, welches er im Wirtshaus nahe Breslau am Tisch des Peter Wlast umgeworfen hatte. Auch dort war die rote Flüssigkeit in derselben Weise ausgelaufen, aber die entsetzlichen röchelnden Laute erinnerten Radik deutlich daran, dass hier kein Wein floss.
Sicher war es notwendig gewesen, den Alten schnell zur Ruhe zu bringen, damit dieser
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