Svantevit - historischer Roman (German Edition)
sich die Naturgewalten wieder beruhigt hatten, musste Radik sich zunächst um andere Dinge kümmern und so konnte er erst gegen Mittag aufbrechen, als die Sonne endlich wieder vom blauen Himmel schien.
Ihn begleitete Knuwan, dem er einst das Bogenschießen beigebracht hatte und der jetzt zu den Männern Granzas gehörte, die Kontakt zu den Obodriten im Heer Heinrichs des Löwen hielten. Von seinem Freund hatte Radik auch erfahren, dass es dort ein weißes Pferd gab. Sein Wunsch in dessen Besitz zu gelangen, war Granza Befehl und so organisierte er über Mittelsmänner den Raub des Schimmels. Jetzt warteten sie auf die Überbringung des Diebesguts und da die Zahl der Mitwisser so gering wie möglich gehalten werden sollte, hatte sich Radik persönlich herbegeben.
"Was meinst du, wie weit die Sachsen noch weg sind?", fragte Radik Knuwan.
"Sie sind inzwischen dichter als uns lieb sein kann. Hätten sie durch das Unwetter nicht einen ganzen Tag verloren, brauchten wir ihnen gar nicht mehr entgegen zureiten. Sie ständen dann wohl schon vor Stralow."
"Du meinst sie sind schon so nahe?"
"Ich weiß es!"
"Und die Obodriten, die ihr mit dem kleinen Diebstahl beauftragt habt, sind sie auch zuverlässig?"
"Überhaupt nicht! Einzig der hohe Preis, den wir zahlen, macht sie uns gegenüber loyal."
"Hoffentlich schaffen sie es noch. Wenn du Recht hast, trennt uns morgen schon das Wasser des Sundes von Heinrichs Heer, denn wir werden ihm hier auf dem Festland nicht entgegentreten können. Wo sollen wir das Pferd übernehmen? Habt ihr etwas ausgemacht?"
"Neben dem Wald gibt es nur eine schmale Querung, die von Wasser und Sumpf begrenzt wird. Ein Hain wird uns Deckung bieten und jeder, der Richtung Osten ziehen will, muss dort entlang", erklärte Knuwan.
"Lange werden wir dort aber nicht warten können. Wenn die Sachsen weiterziehen, wird uns gerade noch genug Zeit bleiben, um zusammen mit Mann und Maus aus Stralow auf die Insel zu fliehen."
Keiner der Beiden konnte ahnen, dass sich Heinrich der Löwe in diesem Augenblick dazu entschlossen hatte, den Feldzug abzubrechen, weil einige unerfreuliche Vorkommnisse im Reich sein sofortiges Eingreifen erforderten. Und hätten sie dies gewusst, wären sie womöglich zur Sorglosigkeit verleitet und böse überrascht worden von dem, was noch kommen sollte.
"Wenn sie in diese Richtung weiterreiten, wird der Sumpf sie bald verschlingen. Ehe sie noch bemerken, in welcher Gefahr sie stecken, ist ihr Schicksal besiegelt."
"Nur schade um die Pferde", sagte Radik leise.
Im Mondlicht waren plötzlich die zwei Reiter aus der Richtung des Waldes aufgetaucht und soweit man es erkennen konnte, dürfte es sich um Sachsen handeln. Radik war zunächst unsicher, was zu tun sei, immerhin schienen die Burschen gut bewaffnet, doch dann hatte er sich zu einem Angriff entschlossen. Die Ausrüstung der beiden Feinde war eine lohnende Beute und schien das Risiko wert, zumal man den Vorteil der Überraschung auf seiner Seite hatte. Radik zog den Bogen durch, er wollte den größeren und bei weitem kräftigeren Reiter zuerst erledigen, als sich eine Wolke vor den Mond schob, wodurch die Sicht und ein genaues Zielen erschwert wurden. Radik hatte ihnen schnell nachsetzen wollen, als sein Begleiter ihn am Arm zurückhielt. Letztlich war er ganz froh, als er hörte, dass sich das Problem bald von ganz allein erledigt haben würde.
Sie begaben sich zu der schmalen, von Morast eingegrenzten Landenge, von der Knuwan gesprochen hatte. Ihre Pferde brachten sie vorher zum anderen Ende des Waldes, denn Knuwan hatte es fertiggebracht, auf einer heißen Stute mitzukommen, die sofort jeden Hengst auf sie aufmerksam machen würde. Er hätte halt kein eigenes Pferd und dieses sei ihm in Stralow gegeben worden, verteidigte er sich.
Radik hatte die erste Wache übernommen, während sich Knuwan ein wenig Schlaf gönnen konnte. Durch die Anspannung, welche das Auftauchen der Reiter mit sich gebracht hatte, war jede Müdigkeit verscheucht worden, doch nach einer langen Zeit ergebnislosen, stillen Beobachtens und angestrengten Lauschens wurden die Augenlider schließlich zusehends schwerer. Bald begann es schon zu dämmern, die Sommernächte waren kurz, höchste Zeit also für einen Wachwechsel.
Gerade als er Knuwan geweckt hatte, um sich selbst ein wenig auszuruhen, tauchten aus einer Richtung, von wo man eigentlich niemanden erwarten konnte, da dort nichts als Sumpf war, verdächtige Geräusche auf. Zwei Männer
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