Sven Larsson Bd. 1 - Rebell unter Segeln
schon!«
Sven war noch nicht ganz klar. Er hatte von seinem Großvater geträumt, der am Ruder stand. Etwas taumelnd stieg er den Niedergang hoch. Die Sonne war kaum am Horizont zu sehen. Es wehte ein frischer Wind. Ringsum war nur Wasser. Kein Land! Nichts! Und der Opa stand nicht am Ruder.
»Nun komm schon, du Schlafmütze!«, rief Adam vom Achterdeck.
Sven rannte hin.
»Los, ich zeig dir jetzt, wie man das Deck reinigt. Aber erst kremple dir die Hosen hoch! Was denkst du, warum die unten so weit sind? Damit du sie gut umkrempeln kannst. Los! Der Paul spritzt gleich mit der Deckspumpe alles nass. Wenn er dir die Hosen begießen kann, tut er es. Pass auf!«
Und schon kam der Pumpenstrahl auf sie zu. Sie sprangen zur Seite. Dann nahm Adam Sand aus einem Eimer und streute ihn aufs Deck.
»So«, sagte er zu Sven. »Jetzt nimm hier das Tauende!«
Das Tau führte zu einem großen Stein, an dem zwei Ringe mit je einem Tau angebracht waren. Adam nahm das zweite Tau.
»Dieses Ding hier, der ›holy-stone‹, hat eine glatte, weiche Unterseite wie Bimsstein. Er ist etwas über hundert Pfund schwer. Wenn wir ihn mit den Seilen hin und her ziehen, schmirgelt er das Deck blendend weiß.« Und er fing an zu ziehen.
Sie zogen den Stein von einer Seite zur anderen und gingen dabei immer ein Stück weiter zur Reling, sodass sie das ganze Deck säuberten.
»Und was wird hier mit den Ecken?«, fragte Sven.
»Da gehst du auf die Knie, junger Bursche, und nimmst die kleinen Bimssteine. Sie heißen ›Bibel‹, weil sie etwa die Größe haben. Damit scheuerst du mit der Hand die Ecken aus.«
Sven kniete sich hin und rieb mit dem Bimsstein die Planken ab.
»Drück kräftiger auf!«, mahnte Adam.
Aber da stieß Sven mit der Bibel an einen Eckbalken und klemmte sich die Hand. »Au!«, stöhnte er unterdrückt und hob die Hand an den Mund.
»Weiter da!«, brüllte der Bootsmannsmaat. »Niemand hat etwas von Pause gesagt!«
Sven riss sich zusammen und schrubbte weiter. Immer wieder stieß er mit den Fingern irgendwo an, und die Knie taten auch schon weh.
»Gut jetzt!«, sagte Adam. »Steh auf! Jetzt wird das Deck abgespült.«
Bin ich gemeint?, dachte Sven und sah auf. Aber da kam schon der Wasserstrahl auf ihn zu. Hastig sprang er hoch, stolperte und bekam den Strahl voll auf das rechte Hosenbein. Die umstehenden Matrosen lachten schadenfroh. Sven sah sich wütend um. Hände und Knie taten ihm weh, kalt war es sowieso, und jetzt das nasse Hosenbein!
»Los, hol dir schnell eine neue Hose aus deinem Spind, und bring die andere zum Smutje. Vielleicht hängt er sie in der Kombüse zum Trocknen auf«, wies ihn Adam an. »Komm dann schnell wieder ins Logis, sonst ist kein Frühstück mehr da.«
Zum Frühstück gab es frisches Brot, dicke Scheiben kaltes Fleisch, Porridge und Tee oder Kaffee. Zucker stand reichlich auf den Holztischen herum, und die Matrosen langten kräftig zu.
»Ja, wir sind Süßmäuler«, lachte Adam, der seinen Blick gesehen hatte. »Iss ordentlich. Heute gibt es noch viel zu tun.«
Das kalte Fleisch am frühen Morgen war ungewohnt für Sven, aber das Brot schmeckte frisch und gut. Er goss sich Kaffee ein und aß. Doch er hatte noch nicht viel gegessen, als die Pfeifen schon wieder schrillten.
Adam schaute ihn an. »Hier musst du dich aber mehr beeilen. Los, nimm den Rest Brot, und hoch mit dir!«
Sven stopfte sich den Mund voll, rannte zum Niedergang, stieß mit einem anderen Matrossen zusammen und prellte sich die Hüfte am Handlauf. Er fluchte unterdrückt und sah sich nach Adam um. Der stieg schon die Wanten am Großmast empor.
»Nun komm schon, du Schnecke! Ordentlich festhalten!«
In Sven stieg die Wut hoch. Verdammt! Wollten ihn hier alle schikanieren? Er raste förmlich die Wanten hoch, aber wenn er dabei war, Adam zu überholen, war der auf einmal wieder vor ihm. Sven kletterte so hoch wie nie zuvor.
»So, hier sitzt sonst der Ausguck«, erklärte Adam. »Ich hab ihn für einen Augenblick abgelöst. Schau, jetzt macht er auf den Püttingswanten Pause. Wenn du Ausguck hast, bindest du dich zur Sicherheit mit einem Seil an, damit du nicht immer ans Festhalten denken musst. Vor allem musst du dich nämlich umschauen und immer wieder die See rund ums Schiff absuchen. Wenn du am Horizont etwas siehst und nicht klar erkennen kannst, starre nicht zu lange drauf. Lass deine Augen zu einem anderen Fleck im Meer wandern und geh dann wieder an die Stelle zurück, die dir verdächtig erschien. Schau
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