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Sweetgrass - das Herz der Erde

Sweetgrass - das Herz der Erde

Titel: Sweetgrass - das Herz der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Alice Monroe
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ihre Gefühle so offen wie lange nicht mehr gezeigt hatte. Sie küsste seinen Handrücken und steckte seinen Arm unter die Bettdecke. “Am besten lasse ich jetzt Kristina ihre Arbeit machen.”
    Mit einem Mal änderte sich sein Gesichtsausdruck.
    “Was ist?”, fragte sie und beugte sich zu ihm. “Du willst nicht, dass ich gehe?”
    Er blinzelte.
    “Kristina ist eine wunderbare Frau. Und sie sieht gut aus, was du sicher schon bemerkt hast.”
    Preston blinzelte zweimal, so langsam, dass es ihr auffiel.
    “Ich schwöre, wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, dass du mir etwas sagen willst.” Sie überlegte kurz und fragte dann: “Willst du etwa eine Art … Kommunikationssystem einführen?”
    Er blinzelte zweimal.
    Sie kam noch ein Stückchen näher und betrachtete ihn aufmerksam. “Bedeutet zweimal Blinzeln
Ja?”
    Er blinzelte zweimal.
    “Tatsächlich!” Ein glückliches Lächeln erstrahlte auf ihrem Gesicht. “Mein lieber, kluger Mann”, flüsterte sie und lachte leise. “Irgendwie glaube ich, dass wir es trotz allem zusammen schaffen werden.”

7. KAPITEL
    “B ei gewundenen Körben wird die Form durch den Boden vorgegeben, über den der Korb Reihe um Reihe wächst. Diese Technik verlangt viel Zeit und Können und eine besondere Sorgfalt, die beständig durchgehalten werden muss.”
    (Row Upon Row)
    Die Wochen gingen dahin. Das Lowcountry begann zu blühen, je wärmer die Tage wurden, aber niemand kümmerte sich allzu sehr um die Veränderungen außerhalb des Hauses. Im Haus drehte sich Tag für Tag alles um Prestons Pflege, und alle richteten ihren Alltag danach aus.
    Kristina übernahm Prestons Pflege mit einer Leichtigkeit, die Mama June fast beschämend fand. Die Therapeuten, die von außerhalb kamen, hatten jeweils ganz spezielle Aufgaben und Ziele. Nona organisierte, seit dem Moment, in dem sie nach Sweetgrass zurückgekehrt war, den Haushalt mit gewohnter Kraft und Leidenschaft. Und Mama June half hier und dort aus und machte sich bei den Therapiestunden nützlich, wo es nur ging.
    Für sie war es eine körperliche Anstrengung, an Prestons Bett zu stehen, wenn der Sprachtrainer mit ihm arbeitete. Sie bewegte ihre eigenen Lippen, während sie ihm zusah, wie er um jede einzelne Silbe kämpfte.
    Mit den anderen Therapien sah es nicht viel anders aus. Wenn der Physiotherapeut nacheinander die täglichen Übungen durchging, knetete sie mitfühlend ihre Hände, weil Preston nicht einmal einen einzelnen Finger seiner rechten Hand bewegen konnte. Wenn der Beschäftigungstherapeut Preston half, seine ungeschickte linke Hand auf einen großen Knopf zu bewegen, um seine Linke als Ersatz für die Rechte zu trainieren, nestelte sie nervös an den Knöpfen ihrer Bluse.
    Als sie ihn nun im Dämmerlicht betrachtete, erschien Preston ihr nur noch wie ein Schatten des Mannes, den sie einstmals gekannt hatte. Sie senkte den Kopf und schloss müde die Augen. Sie fühlte sich so erschöpft, dass sie kaum mehr stehen konnte. Doch so müde sie auch war, wusste sie, dass ihre Verzweiflung nicht vergleichbar war mit der Verzweiflung, die er empfinden musste.
    “Sind Sie in Ordnung?”
    Mama June wandte sich um. Kristina stand neben ihr und sah sie mitfühlend an.
    “Ja, meine Liebe, mir geht es gut”, antwortete Mama June und straffte die Schultern. Sie räusperte sich. “Es war ein anstrengender Tag, das ist alles.”
    “Nun, Sie sehen nicht gerade gut aus. Eher erschöpft.”
    Mama June wollte es abstreiten, besann sich jedoch. Kristina hatte die Gabe, hinter jede Fassade zu schauen. Sie schenkte der jungen Frau ein schwaches Lächeln und gab schließlich zu: “Ja, ich bin wirklich ein bisschen müde.”
    “Warum gehen Sie heute nicht mal früher ins Bett? Ich kann Ihnen etwas zu essen raufbringen.”
    “Du lieber Himmel! Noch einen Patienten können Sie am allerwenigsten gebrauchen! Mir geht es bestens, und ich werde mit Ihnen in der Küche zu Abend essen.” Sie unterdrückte ein Gähnen. “Aber Sie haben Recht, ich werde heute ein wenig früher schlafen gehen.”
    “Ich will wirklich nicht neugierig sein … gibt es vielleicht noch etwas, das Ihnen Sorgen macht?”
    Mama June wandte sich ab. Sie war hin- und hergerissen – einerseits wollte sie über ihre Sorgen sprechen, andererseits wollte sie ihre Angst, überflüssig zu sein, lieber verschweigen. “Ich will mich wirklich nicht beschweren oder Mitleid erregen”, begann sie zögernd, “es ist nur …” Sie seufzte. “Ich komme mir

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