Szenen aus dem Landleben - Die Bauern (German Edition)
Herausforderung entgegnend, fort. »Gern würd' ich zehn Prozent Verlust auf den Reingewinnsten von Les Aigues dulden. Wie die Dinge nun aber mal stehen, verlieren Sie dreißig Prozent, mein General; und wenn Monsieur Sibilet prozentualiter an den Einnahmen beteiligt ist, so begreif ich seine Duldung nicht, denn er verzichtet ziemlich leichten Herzens auf tausend oder zwölfhundert Franken im Jahre!«
»Mein lieber Monsieur Michaud,« antwortete Sibilet in einem grämlichen Tone, »ich hab' dem Herrn Grafen gesagt, ich wolle lieber zwölfhundert Franken als mein Leben verlieren. Ueberlegen Sie sich das allen Ernstes; in dieser Hinsicht erspare ich Ihnen keine Ratschläge.«
»Das Leben?« rief die Gräfin, »handelt es sich dabei um jemandes Leben?«
»Wir dürfen hier keine Staatsgeschäfte diskutieren,« sagte der Graf lachend. – »Alles dies zeigt an, Madame, daß Sibilet in seiner Eigenschaft als Finanzmann furchtsam und feige, während mein Kriegsminister tapfer ist und wie sein General nichts fürchtet.«
»Sagen Sie, klug ist, Herr Graf!« rief Sibilet.
»Ei, wir sind hier also wie die Cooperschen Helden in den Wäldern Amerikas, umgeben von den Fallen der Wilden?« fragte Blondet voller Spott.
»Gehen Sie, meine Herren, Ihre Sache ist's, so zu verwalten, daß wir nicht durch das Geräusch des Räderwerks der Verwaltung erschreckt werden,« sagte Madame de Montcornet.
»Ach, vielleicht ist's notwendig, Frau Gräfin, daß Sie genau wissen, was eine der reizenden Hauben, die Sie tragen, hier an Schweißtropfen kostet,« sagte der Pfarrer.
»Nein; ich könnte sonst darauf verzichten wollen, vor einem Zwanzigfrankenstücke Respekt bekommen und geizig werden wie alle Landleute. Und dabei würde ich zuviel verlieren,« erwiderte lachend die Gräfin. – »Nun, mein lieber Abbé, reichen Sie mir den Arm, lassen wir den General bei seinen Ministern und besuchen wir Madame Michaud, der ich seit meiner Ankunft keinen Besuch gemacht habe, am Avonnetor; es ist Zeit, daß ich mich mit meinem kleinen Schützling beschäftige.«
Und die hübsche Frau, die bereits Mouches und Fourchons Lumpen, ihre haßerfüllten Blicke und Sibilets Schreckensreden vergessen hatte, ließ sich Schuhe anziehen und den Hut aufsetzen.
Abbé Brossette und Blondet gehorchten der Aufforderung der Hausherrin, folgten ihr und erwarteten sie auf der Terrasse vor dem Schloß.
»Was halten Sie von alledem?« fragte Blondet den Abbé.
»Ich bin ein Paria; man belauert mich wie einen gemeinsamen Feind; fortgesetzt sehe ich mich gezwungen, die Augen und Ohren der Klugheit offen zu halten, um den Schlingen aus dem Wege zu gehen, die man mir legt, um sich meiner zu entledigen.« sagte der Vikar. »Ich bin – unter uns gesagt – so weit, mich zu fragen, ob sie mich nicht mit einem Büchsenschuß beseitigen werden.«
»Und Sie bleiben?« fragte Blondet.
»Gottes Fahnen verläßt man doch nicht früher als die eines Kaisers!« antwortete der Priester mit einer Einfachheit, die Blondet frappierte.
Der Schriftsteller griff nach des Priesters Hand und drückte sie ihm herzlich.
»Daraus können Sie abnehmen,« fuhr Abbé Brossette fort, »daß ich nichts von dem wissen kann, was sich hier anspinnt. Nichtsdestoweniger scheint es mir, daß der General von dem bedroht wird, was man im Artois und in Belgien den ›bösen Willen‹ nennt!«
Hier werden einige Einzelheiten über den Pfarrer von Blangy notwendig.
Der Abbé, der vierte Sohn einer guten Bürgerfamilie aus Autun, war ein geistvoller Mann, der seine Bäffchen sehr stolz trug. Klein und schmächtig machte er seine armselige Figur durch jene starrköpfige Miene vergessen, die den Burgundern eigentümlich ist. Aus Aufopferung hatte er einen so sekundären Posten angenommen, denn seine religiöse Ueberzeugung wurde verdoppelt durch seine politische Ueberzeugung. Er hatte etwas vom Priester der alten Zeiten an sich; hielt leidenschaftlich zur Kirche und zum Klerus; er sah die Dinge in ihrer Gesamtheit und Egoismus befleckte seinen Ehrgeiz nicht. Seine Devise lautete: dienen, der Kirche und der Monarchie auf dem gefährlichsten Posten dienen; auf der untersten Stufe wie ein Soldat dienen, der sich früher oder später durch sein Verlangen, Gutes zu leisten, und durch seinen Mut zum Generalsposten berufen fühlt. Er fand sich nicht mit seinen Keuschheits-, Armuts- und Gehorsamsgelübden ab, er erfüllte sie wie alle anderen Pflichten seiner Stellung mit jener Einfachheit und Biederkeit, die
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