Tage des letzten Schnees: Ein Kimmo-Joentaa-Roman (German Edition)
eine Weile bei Ville sitzen, an Villes Bett, und dachte nach, ohne dem Gedanken, den er suchte, näherzukommen.
Schließlich stand er auf, vorsichtig, um Ville nicht zu wecken, und ging ins Wohnzimmer. Taina hatte den Fernseher eingeschaltet, Nachrichten liefen, und sie saß entspannt im Sessel, ein Glas Rotwein in der Hand.
»Und?«, fragte sie.
»Ville ist tatsächlich schon eingeschlafen«, sagte er. »Und … ich muss noch mal weg. Bergenheim hat angerufen und mich gebeten, doch zu dem Essen mit den Japanern dazuzustoßen …«
Taina schwieg und schien sich auf eine der Nachrichten im Fernsehen zu konzentrieren.
»Ich fahre mal hin und stehle mich wieder weg, sobald es geht …«
»Mach das«, sagte sie.
Er nickte, ging in den Flur und griff nach seinem Mantel.
»Markus?«
»Ja?«
Sie hatte sich umgedreht, seinen Blick suchend, auf dem Bildschirm flimmerten Bilder einer Sintflut, aus einem anderen Teil der Welt.
»Heute, das Zusammensein, war schön. Lass uns das öfter machen.«
»Ja«, sagte er.
Dann lief er durch die Dunkelheit und den Schnee zu seinem Wagen und fuhr einige Minuten lang, bevor er die Kraft aufbrachte, einen Parkplatz anzusteuern, das Telefon zu nehmen und die Nummer zu wählen. Die Stimme, die sich nach langem Warten meldete, klang fremd und vertraut und wütend.
»Was ist?!«, fragte sie.
»Markus hier«, sagte er.
»Das sehe ich. Ich kenne deine Nummer.«
»Ich … wollte mich nur mal melden. Hören, wie es dir geht.«
»Gut geht’s.«
»Ok«, sagte er.
Er zögerte, suchte nach dem Impuls, die Frage zu stellen. Schloss die Augen.
»Wo bist du denn?«, fragte er.
Sie schwieg.
»Hallo?«
»Was meinst du?«
»Nichts. Ich frage einfach, wo du bist.«
»Zu Hause«, sagte sie.
»Ja«, sagte er.
»Was ist denn los, Markus?«
»Nichts. Es schneit sehr stark. Siehst du das?«
»Ja.«
»Ich bin … irgendwie traurig, dass ich nicht bei dir sein kann … aber heute Abend habe ich diesen Termin … mit den Japanern …«
»Ja, das hast du gesagt …«
»Ja … egal. Ich wollte dir einfach nur … einen schönen Abend und … später … eine gute Nacht wünschen. Schlaf schön.«
»Du auch«, sagte sie.
Dann saß er in der Stille und fuhr durch die Dunkelheit. Bewegte sich vorwärts, ohne es wahrzunehmen. Unmerklich glitten die Kilometer vorüber, er hatte das Gefühl, in die falsche Richtung zu fahren, an einen Ort, der kein Ziel war.
Während er fuhr, loggte er sich ins Internet ein, suchte und fand die richtige Adresse. Ein Firmengelände neben einem großen Supermarkt, einige Autos der teuren Kategorie standen auf einer weiten, verschneiten Fläche, und in einem Gebäude, das nach Büros aussah, flackerte Licht.
Er lief darauf zu und dachte, dass die Fahrt recht lange gedauert hatte, und er fragte sich, wie sie täglich diese Strecke hatte zurücklegen können. Ohne Auto. Er spürte die Ahnung einer Antwort und hatte das Gefühl, klarzusehen, ohne das Geringste zu begreifen.
Die Tür wurde von einer kleinen älteren Frau geöffnet, die ihn wortlos hereinbat, durch einen langen Flur in ein dunkles, von einem breiten Bett dominiertes Zimmer führte und sagte, die Damen würden gleich kommen und sich vorstellen. Er stand am Rand des Raums und schüttelte Hände.
Réka kam als Vierte. Sie kam, lächelte, schüttelte ihm die Hand und ging.
Er stand allein in einem mit Nichts angefüllten Raum. Irgendwo, vermutlich in seinen Gedanken, glaubte er, leise das Lachen der Japaner zu hören. Die kleine Empfangsdame kam und fragte ihn, bei welcher Dame er bleiben wolle. Er hatte den Namen vergessen, mit dem Réka sich vorgestellt hatte.
»Die … die Vierte.«
»Was?«
»Die Dame, die … als Vierte reinkam.«
»Oh«, sagte die Frau. »Ich bin nicht ganz sicher, wer das war, Schatzi. Kannst du sie … beschreiben?«
Ein Strich über dem e, dachte Sedin.
»Schatzi?«
»Ziemlich klein, ziemlich dünn, dunkle Haare, Piercing im Nabel«, sagte er.
»Ok … ah ja, das ist vielleicht Dragana.«
Vielleicht, dachte er.
»Ich sag ihr Bescheid.«
»Danke.«
Sie ging, und er wartete. Die Schafe waren stehen geblieben. Gemeinsam mit der Zeit. Irgendwo lief Musik, die keine Melodie fand.
Réka suchte seine Augen, als sie hereinkam, er wich aus.
»Markus«, sagte sie.
»Ja.«
»Warum bist du hier?«, fragte sie.
Er schwieg. Dachte vage, dass eigentlich er vorgehabt hatte, diese Frage zu stellen.
»Ich weiß … der Mann, dein Kollege … ich dachte irgendwie gleich,
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