Tai-Pan
richtigen Methoden, um Veränderungen herbeizuführen.«
»Was steht sonst noch in dem Brief, Vater?«
Struan betrachtete einen Augenblick den Rücken seines Sohnes. Es war ihm, als habe er den Klang von Ronaldas Stimme vernommen. Er nahm sich vor, sich in Zukunft eingehender mit den Angelegenheiten der Chartisten zu befassen. Dann las er weiter: »Noch immer treffen täglich Leute aus dem Hochland in Glasgow ein; im Hochland zäunen die Grundherren weiterhin die Ländereien der Clans ein und nehmen den Männern der Clans die ihnen zustehenden Rechte. Dieser schwarzherzige Unhold, der Earl of Struan, möge der Herr ihn tot niederstrecken, stellt ein Regiment zusammen, das in den indischen Kolonien kämpfen soll. Die Männer strömen zu seiner Fahne, angelockt von den Versprechungen auf Beute und Land. Es geht das Gerücht, daß wir wegen der kanadischen Kolonie erneut mit den verfluchten Amerikanern werden Krieg führen müssen, und es wird auch berichtet, Krieg sei wegen der ottomanischen Türken zwischen den Franzosen, diesen Teufeln, und den Russen ausgebrochen. Diese verfluchten Franzosen. Als hätten wir nicht schon genug unter diesem Erzbösewicht Bonaparte gelitten.
Es ist eine traurige Welt, in der wir leben, mein Junge. Ach, ich vergaß zu erwähnen, daß man Pläne für eine Eisenbahn gemacht hat, die in fünf Jahren Glasgow mit Edinburgh verbinden soll. Wäre das nicht großartig? Dann könnten wir Schotten uns vielleicht zusammentun, die teuflischen Engländer hinauswerfen und unseren eigenen König haben. Ich drücke Dich und Deinen Bruder an mich, und umarm auch Culum von mir. Mit Hochachtung, Dein Vater, Parlan Struan.«
Struan blickte mit einem etwas verzerrten Lächeln auf. »Noch ebenso blutrünstig wie früher.«
»Wenn der Earl ein Regiment für Indien auf die Beine stellt, kommt es vielleicht hierher«, sagte Robb.
»Ja. Mir ist der gleiche Gedanke gekommen. Na schön, mein Junge, wenn er jemals in das Herrschaftsgebiet von Noble House vordringt, wird dieses Regiment, so wahr mir Gott helfe, ohne Köpfe nach Hause abziehen.«
»So wahr mir Gott helfe«, wiederholte Culum.
Es klopfte an die Tür. Der Steward kam mit dem Champagner, den Gläsern und dem Tee herein. »Käpt'n Orlow spricht Ihnen im Namen der Mannschaft seinen Dank aus, Sir.«
»Bitten Sie ihn und Mauss, uns am Ende der Wache Gesellschaft zu leisten.«
»Jawohl, Sir.«
Nachdem Champagner und Tee eingeschenkt waren, hob Struan sein Glas. »Trinken wir auf Winifred, die von den Toten zurückgekehrt ist!«
Sie tranken, und Robb sagte: »Bringen wir noch einen Trinkspruch aus. Auf Noble House. Vielleicht werden wir niemals mehr etwas Böses über einander denken und niemals mehr etwas Böses einander antun.«
»Ganz recht.«
Wieder tranken sie.
»Sobald wir in Hongkong sind, Robb, schreibst du an unsere Vertreter. Bitte sie, festzustellen, wer die verantwortlichen Direktoren unserer Bank waren und wer für die Ausweitung des Kredits zur Rechenschaft zu ziehen ist.«
»Gut, Dirk.«
»Und dann, Vater?« fragte Culum.
»Dann vernichten wir die Männer, die dafür verantwortlich sind«, antwortete Struan. »Und Ihre Familien dazu.«
Culum fühlte sich von der Unerbittlichkeit und Endgültigkeit dieser Worte abgestoßen. »Warum denn ihre Familien?«
»Was hat denn ihre Habgier mit den unseren gemacht? Mit uns selber? Unserer Zukunft? Jahrelang werden wir für ihre Habgier bezahlen müssen. Und darum zahlen wir ihnen mit gleicher Münze heim.«
Culum erhob sich und ging zur Tür.
»Wohin willst du, mein Junge?«
»Zur Latrine.«
Die Tür schloß sich hinter ihm.
»Tut mir leid, daß ich das gesagt habe.« Struan seufzte auf. »Aber anders ging es nicht.«
»Ich weiß. Mir tut's auch leid. Aber mit dem, was du über das Parlament gesagt hast, hast du recht. Das Parlament wird immer mehr an Macht gewinnen, und dort werden in Zukunft die großen Geschäfte entschieden. Ich werde mich um die Finanzierung kümmern, und wir beide wollen Culum beobachten und ihm helfen. Was sagst du zu Winifred – ist es nicht wie ein Wunder?«
»Ja.«
»Culum hat sehr bestimmte Ansichten über gewisse Dinge, findest du nicht?«
»Er ist noch sehr jung. Ronalda hat die Kinder erzogen – sie hat die Heilige Schrift sehr wörtlich genommen, wie du ja selber weißt. Auch Culum wird eines Tages erwachsen werden müssen.«
»Was wirst du mit Gordon Tschen tun?«
»Du meinst, mit ihm und Culum?« Struan blickte den kreischenden Möwen
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