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Tante Inge haut ab

Tante Inge haut ab

Titel: Tante Inge haut ab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dora Heldt
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Augenblick erschien Walter humpelnd auf dem Flur. Kleine Zweige und Hortensienblätter hingen noch an seiner Strickjacke.
    »So«, sagte er mit leidender Stimme, »wir können los.«
    Der Arzt schaute ihn fragend an. »Wie gesagt, Herr Müller, wenn Sie sich schlecht fühlen, können wir Sie auch für eine Nacht zur Beobachtung hierbehalten.« »Nein, nein«, Walter räusperte sich und straffte seine Haltung, »alles gut. Ein Indianer kennt keinen Schmerz. Vielen Dank, Herr Doktor, das Rezept...?«
    »... habe ich Ihrem Schwager gegeben. Das können Sie auf dem Nachhauseweg noch einlösen. Also dann, gute Besserung.« Er schüttelte ihm die Hand und nickte den beiden anderen zu. Nach zwei Schritten blieb er stehen. »Ach, da fällt mir noch was ein«, sagte er zu Heinz. »Ich habe die Handynummer Ihrer Schwester verloren. Wenn Sie sie sehen, sagen Sie ihr bitte, sie möge mich noch mal anrufen?«
    »Was wollen Sie denn mit der Handynummer meiner Frau?«, fragte Walter irritiert.
    Dr. Keller guckte verwundert. »Ach, Inge Müller ist Ihre Frau? Ja, klar, da hätte ich auch selbst drauf kommen können. Aber dann kann ich es ja auch Ihnen sagen. Ich bin sehr interessiert an ihrem Angebot. Ich komme am Sonntag mal bei ihr vorbei und ...«
    Eine blecherne Stimme aus dem Lautsprecher unterbrach ihn. »Dr. Keller, bitte sofort in den OP, Dr. Keller bitte ...«
    »Oh, ich muss ... Also dann, und schöne Grüße an Frau Müller.«
    Mit wehendem Kittel verschwand er. Walter starrte ihm nach und drehte langsam seinen Kopf zu Heinz.
    »Weißt du was von einem Angebot?«
    Sein Schwager schüttelte den Kopf. »Und wieso will er Sonntag bei ihr vorbeikommen? Mit wem hat Inge eigentlich alles Verabredungen? Sag mal, Walter, geht das schon länger so?«
    Verwundert zupfte Walter ein paar Blätter von seiner Jacke und ließ sie auf den Boden segeln.
    »Ihr werdet es mir nicht glauben, Jungs, aber ich habe nichts davon gemerkt.« Inge stand bereits an der Tür, als Christine und Johann aus dem Wagen stiegen.
      »Hallo, ihr beiden, ihr seid ja pünktlich.«
    »Natürlich.« Verwundert sah Christine in das ernste Gesicht ihrer Tante und küsste sie flüchtig auf die Wange. »Wir sind ja auch gespannt, um was es geht.«
    Inge reichte Johann die Hand und trat einen Schritt zur Seite. »Dann kommt mal rein.«
    »Sollen wir nicht was essen gehen?« Johann blieb unsicher stehen. »Oder habt ihr keinen Hunger?«
    Inge bemühte sich um ein Lächeln. »Ich würde lieber erst etwas mit euch besprechen. Dann können wir ja immer noch los. Ich gehe mal vor.«
    Christine und Johann wechselten einen verständnislosen Blick, dann folgten sie ihr langsam die Treppe hinauf ins Apartment.
    »Setzt euch«, Inge deutete auf das Sofa und nahm gegenüber in einem Sessel Platz. Sie sah beide einen Moment an und atmete tief durch. »Unterbrecht mich bitte nicht, sonst verliere ich den Faden. Also: Ich habe vor ein paar Wochen Post bekommen ...«
    Sie erzählte eine halbe Stunde lang, dann sah sie erschöpft hoch. »So, das war es. Jetzt könnt ihr was sagen.«
    Johann schlug langsam seine Beine übereinander und warf einen Seitenblick auf Christine. »Hol mal Luft. Du erstickst sonst.«
    Hörbar atmete sie ein und wieder aus und starrte ihre Tante an. »Meine Güte«, sie rieb sich konzentriert die Schläfen, »das ist ja wie im Film!«
    Inge blickte hilfesuchend Johann an. »Das weiß ich auch. Ich habe nur keine Ahnung, wie der jetzt weitergeht. Was würdet ihr denn an meiner Stelle tun?«
    Johann zog seinen Pullover aus und krempelte die Hemdsärmel sorgfältig hoch. »Haben Sie die Kopie von dem Testament noch?«
    »Du kannst mich ruhig duzen, Johann«, Inge stand auf und ging zur Garderobe, um ihre Handtasche zu holen, »das ist mir lieber. Warte, wo ... ach, hier. Das ist die Kopie, die mir der nette Herr vom Gericht gemacht hat.«
    Johann überflog das Blatt und reichte es dann Christine.
    »Stimmt, ohne Erbschein gilt das nicht. Wer hat dir eigentlich das Testament geschickt?«
    »Das haben die mich in Niebüll auch gefragt. Die Post kam aus Flensburg, von einer Kanzlei. Allerdings ohne Anschreiben. Ich habe mich nicht weiter darum gekümmert. Da fällt mir ein, ich wollte doch gucken, ob ich den Umschlag noch habe. Wartet mal.«
    Sie verschwand im Badezimmer und kam mit ihrem Kulturbeutel zurück. Verlegen setzte sie sich wieder. »Als die Post damals kam, packte ich gerade meinen Koffer aus der Kur aus. Und dann stand ich im Flur und habe das

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