Tate Archer – Im Visier des Feindes: Band 1 (German Edition)
mich einfach bei ihm gelassen und sich getrennt.
Der Schmerz in ihrem Gesicht, als ich schließlich zusammengebrochen bin und sie gefragt habe, war überwältigend.
Es hatte also nicht an mir gelegen. Aber ich habe keine Ahnung, was zum Teufel es dann war. Und ich muss zugeben, dass mir das mehr als nur ein bisschen gegen den Strich ging. Nachdem ich also aufgehört hatte, mir die Schuld zu geben, fing ich an, sie ihr zu geben, weil sie mich bei ihm gelassen und nicht um mich gekämpft hatte.
Ich frage mich, ob sie weiß, wieso er mich wie ein wissenschaftliches Experiment behandelt hat, wie einen Rekruten und nicht wie einen Sohn. Ich frage mich, ob sie über die H2 Bescheid weiß und insbesondere über Race Lavin. Ich frage mich, ob ich mich lieber von ihr fernhalten, sie nicht in die ganze Sache mit hineinziehen sollte.
Aber ich brauche sie. Ich weiß, dass ihr etwas an mir liegt, wenigstens ein bisschen, und das weiß ich von Brayton nicht. Das – und die sehr reelle Möglichkeit, dass Race und Lamb jeden Moment auftauchen könnten – ist der Grund, weshalb wir auf dem Weg zum Stadion an einem Lebensmittelgeschäft stehen bleiben. Ich werde nichts als gegeben annehmen.
»Ich habe noch dreizehn Dollar und ein bisschen Kleingeld, das in meiner Tasche rumfliegt. Hast du Hunger?«, fragt Christina, als wir den Laden betreten.
»Nein.« Tatsächlich bin ich wie betäubt, als würde in meinem Inneren ein riesiges Loch klaffen. Ich hoffe, das Gefühl, oder das fehlende Gefühl, bleibt mir den Tag über erhalten. »Aber ein Saft wär jetzt gut.«
Ich greife mir einen Einkaufswagen und laufe direkt in den Gang mit den Saftflaschen. Christina beobachtet mich dabei, wie ich die Flaschen hochnehme, drücke, umdrehe und wieder zurückstelle. »Hat es einen Zweck zu fragen, was du suchst?«
»Ich brauche die richtige Dicke.«
Sie schnaubt. »Ich hab ein schlechtes Gefühl dabei.«
Ich entscheide mich für Gatorade. Der Fitnessdrink ist in schöne, dicke Plastikflaschen mit breiter Öffnung in genau der richtigen Größe abgefüllt. Ich lege drei davon in den Wagen.
»Du musst ja einen ganz schönen Durst haben.«
Sie folgt mir in den Gang mit den Haushalts-waren. Ich packe Alufolie, zwei Flaschen Flüssiganzünder und einen WC -Reiniger ein und lese mir überall das Schild durch, bevor ich es in den Wagen lege, weil mir die Worte von Sun Zi in Erinnerung kommen: Siegreiche Krieger gewinnen zuerst und gehen dann in den Krieg, während besiegte Krieger zuerst in den Krieg gehen und dann zu gewinnen versuchen.
Christina tritt näher an mich heran. »Was machst du?«
»Ich will auf alles vorbereitet sein«, erkläre ich. »Kannst du mir mal ein Stabfeuerzeug geben?«
Sie erblasst ein bisschen, geht aber den Gang hinunter. Beliebig greife ich nach ein paar anderen Gegenständen: einer Tüte Hamburgerbrötchen, ein paar Chips und einem Sack Orangen. Es ist für alle am besten, wenn der Kassierer denkt, wir wären ein ganz normales Pärchen, das einkauft. Außerdem weiß ich wirklich nicht, wo wir unsere nächste Mahlzeit herbekommen, also schadet es nicht, ein paar Vorräte anzulegen.
Christina wirft das Feuerzeug in den Wagen und betrachtet meine Ausbeute. »Tate, ich weiß nicht, ob wir genügend Bargeld dafür haben …«
Sie hat recht. Das wird mehr als dreizehn Dollar kosten, und wir können keine Debitkarte benutzen, die man zurückverfolgen kann. »Meinst du, du könntest den Kassierer vielleicht … ablenken?«
Christina zieht die Augenbrauen hoch. »Ich hab noch nie …« Sie seufzt. »Okay«, sagt sie mit dünner Stimme.
Während ich den Gang hinunterlaufe, bleibt mein Blick an einer Auslage für Pool- und Strandspielzeug hängen, verlockende Dinge in Vorbereitung auf den Memorial Day, an dem fast alle das Wochenende mit ihren Familien irgendwo draußen verbringen.
Einem Impuls folgend nehme ich eine kompakte kleine Wasserpistole und lasse sie in den Wagen fallen. Augenblicklich fühle ich mich sicherer, denn diese Dinger waren meine zuverlässigen Begleiter auf vielen Abenteuern ins Chaos.
Christina stößt ein verärgertes Lachen aus, als sie die Wasserpistole sieht. »Mit dem Teil hast du letzten Sommer so genervt.«
Das stimmt und ich hatte guten Grund dafür. »Hab ich dir jemals gesagt, wie fantastisch du in einem nassen T-Shirt aussiehst?«
»Danke, aber heute würde ich lieber trocken bleiben.« Augenblicklich verschwindet ihr Lächeln. Wie ein Wassertropfen auf einem heißen Ofen verzischt
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