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Tausendstern

Tausendstern

Titel: Tausendstern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Piers Anthony
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Nadel ist? Nein, natürlich nicht. Es ist ein Splitter aus Metall oder etwas, das sich durch Masse hindurchbohrt, dabei eine Leine hinter sich herzieht, und das ist der Faden. In diesem Fall unser Leben - wir fädeln uns also durch das Nadelöhr und bewegen uns in der Zone, wo das Licht in den Schatten übergeht, also in jenem grauen Streifen. O Himmel, dort ist nicht nur Licht, das ist ein Sturm! Ein riesiger Wirbel aus Gas oder Staub oder irgend etwas anderem, wodurch diese Niemandsland-Zone gekennzeichnet wird, und wir müssen dort hindurch, sie markiert unseren Flugkorridor, das ist das zu vernähende Material, es wird uns sicherlich vor der tödlichen Strahlung schützen, hoffe ich zumindest, und wie ich das hoffe...« Heem kostete es und versuchte, das Muster ihrer Sinneseindrücke zu durchdringen. Es gelang ihm nicht.
    »Du wehrst dich, Heem, das fühle ich deutlich«, sagte sie. »Bist du immer noch ungehalten, weil ich eine Frau bin?« »Ja. Ich passe ebensowenig in deinen Geist wie du in meinen.« Aber andererseits, dieser Kuß...
    »Betrachte es doch mal folgendermaßen, Heem: Wie würdest du lieber sterben, als ein einzelnes Individuum oder mit einer neugierigen weiblichen Alien in deinem Geist, die all deine geheimsten, letzten maskulinen Gedanken und Verfehlungen kennt?«
    »Letzteres ist ja bereits der Fall«, düste Heem unwirsch. »Aber noch bist du nicht gestorben. Bist du denn nicht wenigstens daran interessiert, sauber zu sterben, ganz für dich allein?«
    »Das schon.« Doch obwohl sie es sehr treffend ausgedrückt hatte, entsprach es nicht mehr ganz der Wahrheit. Er störte sich an ihrem Geschlecht, doch nun wurde ihm klar, daß darin auch ein durchaus reizvoller Aspekt liegen konnte.
    »Dann mußt du in meinen Geist eindringen, um von ihm befreit zu werden. Ich kann nicht gerade behaupten, daß mir das angenehmer ist als dir, aber vielleicht sind Frauen eher daran gewöhnt, daß Männer ihnen auf die eine oder andere Art nahetreten. Ich will leben - und wenn das bedeutet, daß ich mir eine Manipulation meines Geistes, eine Verletzung meiner Intimsphäre gefallen lassen muß, dann kann ich nichts daran ändern. Wahrscheinlich hatte ich eine ganz andere Einstellung, ehe mir der Tod drohte und ich mir meiner wahren Lage bewußt war. Jetzt komm schon rein und benutze meine Synapsen, meine Wahrnehmungsorgane
    - oder uns droht die allgemeine Vernichtung.«
    Heem konnte dem nichts entgegenhalten. Er versuchte es erneut und zwang sein Wahrnehmungssystem, sich mit dem ihren zu vermischen, und ließ zu, daß sein Geschmackssinn in etwas völlig Fremdes verwandelt wurde. Sein gesamtes System wehrte sich dagegen, doch war die Aussicht auf einen Tod mit besetztem Geist, den sie prophezeit hatte, noch unangenehmer.
    Aber seltsamerweise hatte er den Verdacht, daß er zu einem derartigen Versuch gar nicht fähig gewesen wäre, hätte sie nicht seinen anfänglichen Verrat gutgeheißen. Sie erschreckte ihn weniger als vorher. Daher konnte er sich bemühen, sich von ihr zu befreien, denn das Gefühl der Fremdheit ihr gegenüber hatte abgenommen. So unvorstellbar erschien es ihm nicht mehr, in Gesellschaft zu sterben.
    »Heem, paßt du überhaupt auf?«
    Er richtete seine Aufmerksamkeit auf den diffusen Bereich zwischen den Extremen Stern und Loch, denn dies war schließlich die Region, durch die sie hindurch mußten, wo die beiden Gravitationsfelder sich gegenseitig aufhoben und der Sturm die furchtbare Strahlung dämpfte. Es schmeckte grauenvoll, ein elementarer Sturm, der im gleichen Maß an- und abschwoll, wie die beiden monströsen Ursachen pulsierten.
    »Nein, du schmeckst ja wieder«, protestierte Jessica. »Du mußt es sehen. Hier, mach's mir nach. Ich habe zwei Augen, daher kann ich auch in die Tiefe sehen - zumindest konnte ich das, als ich noch Augen hatte -, aber stör dich nicht daran. Besonders gut kann ich nicht sehen, zugegeben, aber ich weiß, daß es zu schaffen ist. Was letztendlich zähltest das, was ich in meinem Geist habe, nämlich eine bildliche Vorstellung in allen Einzelheiten. Du kannst räumlich sehen - hämmere dir das in deinen Geist. Was weiter entfernt ist, sieht kleiner aus, obwohl du weißt, daß es das in Wirklichkeit nicht ist. Geröll umgibt das Loch, denn es gibt keinen Sonnenwind, der es davonwehen könnte; ein Komet, der dort eindringt, hätte keinen Schweif mehr. Demnach wird eine Unmenge an Gas vom Stern in den Raum geschleudert und ordnet sich rings um das Loch an. Es

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