Tausendundeine Nacht mit dir
davongelaufen. Unter den Blicken dieses Mannes fühlte sie sich nackt und verletzlich. Sicherlich hatte er auch die Kampagne verfolgt, in der sie Werbung für Dessous machte und in deren Rahmen die entsprechenden Fotos von ihr in ganz Italien zu sehen waren.
„Ich kann Sie nicht leiden!“
„Und dabei habe ich mir so viel Mühe gegeben, Ihnen eine Einladung zu diesem Empfang zu verschaffen!“
Estrella fühlte sich wie in Eiswasser getaucht. „Sie haben mir die Einladung geschickt? Wer sind Sie?“
Er lächelte. „Ich gab Ihnen meine Karte.“
Sie blickte auf das verknüllte Etwas in ihrer Hand. Dann strich sie die Visitenkarte glatt: ein Name und eine Telefonnummer – sonst nichts. Dann sah sie genauer hin. Der Name lautete Carlo Gabellini. Das konnte nicht sein!
„Stimmt etwas nicht, Miss Galván?“
Ungläubig sah sie ihn an. Ihr Mund fühlte sich so trocken an, als hätte sie einen Marsch durch die Wüste hinter sich. Carlo Gabellini war leitender Direktor der Bank, die als Hauptsponsor für Andre fungierte. Allein im vergangenen Jahr hatte der durch seine Rennen mehrere Millionen verdient.
Man hätte Carlos Lächeln beinah als wohlwollend bezeichnen können. „Waren Sie denn noch mit Andre befreundet, als Sie sein Konto geplündert haben, oder war das schon nach seinem Schicksalsschlag?“
2. KAPITEL
Estrella strich mit den Händen über ihre nackten Arme, so als wolle sie auf diese Weise das unbehagliche Gefühl, das sie erfüllte, vertreiben. Alles nur Erdenkliche war schiefgelaufen. Auf der renommiertesten Party von Cannes wurde sie von dem reichen und mächtigen Carlo Gabellini beleidigt und lächerlich gemacht.
„Ich habe Andres Bankkonto niemals angerührt!“
„Wohin ist sein Geld dann entschwunden?“
Ungeduldig zuckte sie mit den Schultern. „Wahrscheinlich hat er es in Drogen investiert, sie waren auch die Ursache für seinen Schlaganfall.“
„Aber Sie haben ihn verlassen!“
„Wir trennten uns in beiderseitigem Einverständnis.“ Warum nur unterhielt sie sich mit diesem Mann, der offensichtlich eine völlig falsche Meinung von ihr hatte, über so persönliche Dinge?
Estrella fühlte sich elend, bekämpfte diese Empfindung jedoch tapfer. „Wenn Sie mich so sehr verabscheuen, Mr. Gabellini, warum haben Sie sich dann die Mühe gemacht, mir eine Einladung zu diesem Empfang zu verschaffen?“
„Aus Neugier.“ Carlo straffte seine breiten Schultern. „Außerdem wollte ich verhindern, dass Sie sich hier in Cannes an einen reichen Mann heranmachen, um ihn anschließend auszunehmen.“
„Das war nie meine Absicht!“ Sie konnte ihren Blick nicht von Carlo Gabellinis Gesicht abwenden. Die markanten Linien schienen von einem Künstler geschaffen worden zu sein. „Ich bin wegen des Filmfestivals hier. Ich stelle hier einen Film vor.“
Carlo stieß einen leisen Pfiff aus. „Ein Film. Zuerst arbeiten Sie als Model, nun als Filmschauspielerin. Sie scheinen viele verborgene Talente zu besitzen!“
Er betrachtete sie als billige und käufliche Frau, und sie hasste ihn dafür! Sie arbeitete viel und hart und hatte sich nichts vorzuwerfen. „Wie viele andere Leute, die heute Abend auf der Party sind, versuche ich die Rechte an meinem Film zu verkaufen.“
Er ließ sie nicht aus den Augen, sogar als er einen Schluck Champagner trank, wandte er den Blick nicht ab. „Ich war mir sicher,dass Sie auf der Suche nach Geld sind.“
Seine beleidigenden Worte wirkten wie ein Schlag ins Gesicht, aber Estrella konnte es sich nicht erlauben, ihm an diesem Ort eine Szene zu machen. Dafür waren die hier versammelten Menschen zu wichtig für ihr Projekt.
„Ich suche einen Investor für meinen Film, und wenn ich keinen finde, muss ich ihn selbst in die Kinos bringen. Aber wie alles in dieser Branche kostet das eine Menge Geld!“
„Nun, es ist doch ganz einfach. Sie benötigen Geld – ich habe genug davon. Betrachten Sie das Geschäft als abgeschlossen.“
Estrella konnte ein Schaudern nicht unterdrücken. Carlo Gabellini respektierte sie in keiner Weise. In seinen Augen war sie nichts als eine Frau, die für Geld bereit war, beinahe alles zu tun. „Was wollen Sie, Mr. Gabellini?“
„Das ist ganz einfach zu erklären.“ Obwohl ein Lächeln seinen gut geschnittenen Mund umspielte, blickten seine Augen kalt wie Eis. „Ich will Sie.“
Ungläubig sah sie ihn an, während in ihrem Kopf ein Durcheinander der unterschiedlichsten Empfindungen herrschte. „Mich?“
Er nickte.
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