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Tempel der Unsterblichen

Tempel der Unsterblichen

Titel: Tempel der Unsterblichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vampira VA
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gleichzutun. Hinzugehen und wie er aus dem Aderwerk des Indios zu trinken, um jenen Durst zu stillen, den sie so lange hatte verleugnen können.
    Eine Unmöglichkeit, dachte Lilith wie mit fremdem Geist. Wenn ich tatsächlich eine Vampirin bin, wie konnte ich dann all die Zeit ohne das Elixier meiner Rasse überdauern, ohne Schaden zu nehmen?
    Die Konsequenz des Gedankens vermochte ihr keine Beruhigung zu vermitteln, denn sie schlug sich in einer weiteren Frage nieder: Was um alles in der Welt bin ich nur für eine Kreatur?
    Die Antwort drängte ohne jedes Zutun in ihre Gedanken: Wenn ich bin wie Landru, dann bin ich - eine Bestie ...
    Lilith erwartete den Schock, den ihr diese Antwort versetzen mußte; und er kam - nicht jedoch in der befürchteten Härte .
    Sie hatte alles Zeitgefühl verloren und wußte nicht, wie lange Landru sich am Blut des Indios gelabt hatte, als er plötzlich von ihm abließ. Sein Mund war dunkel verschmiert wie der eines Kindes, das noch Mühe hatte mit ordentlichem Eßgebaren. Sein Gesicht jedoch sprach diesem Vergleich auf grausige Weise Hohn, denn in Landrus Zügen spiegelte sich die pure Lust an seinem widerwärtigen Tun wider.
    Ohne Pepe loszulassen, der schon wie vom Tode schwer in seinem Arm lag, wandte der Vampir sich Lilith zu.
    »Komm«, flüsterte, »komm her zu mir.«
    Sie schüttelte den Kopf und ignorierte den Wunsch, seiner Aufforderung einfach Folge zu leisten.
    »Nein, bitte«, begann sie leise, »erspare mir das. Ich möchte nicht .«
    »Du mußt.«
    Landrus Worte klangen nicht wie ein Befehl, und sie waren es auch nicht; sie waren nur eine Feststellung der Tatsachen. Und Lilith sah sich kaum noch imstande, eben diese Tatsachen zu leugnen.
    Ich muß...
    Landru streckte die freie Hand in ihre Richtung, eine einladende Geste. Sein Nicken war aufmunternd, dann bewegte er die Finger, winkte Lilith zu sich.
    Wieder schüttelte sie den Kopf. Sinnloses kam unverständlich von ihren Lippen. Und sie ging. Wie in Trance näherte sie sich Landru. Und Pepe.
    Lilith wollte es vermeiden, den Jungen anzusehen. Aber wie unter Zwang, gegen den sie nicht ankam, starrte sie doch auf ihn. Die beiden blutigen Male an seinem Hals, daumenbreit voneinander entfernt, schienen sich zu bewegen, flüsternden Mündern gleich, unhörbar ihre Worte und doch eine einzige fürchterliche Lockung.
    »Spürst du es?«
    Landrus Stimme klang heiser. Seine Eckzähne waren wie von dunkler Patina überzogen.
    Lilith schwieg, schluckte hart und trocken, ihre Kehle brannte - - vor Aufregung? Vor Durst?
    Sie spürte Landrus Hand an ihrem Arm. Seine Finger schlossen sich sanft, aber doch auch fest darum und zogen sie zu Pepe hin.
    »Nimm ihn dir«, flüsterte Landru rauh. »Nimm dir, was noch in ihm ist.«
    »Niemals«, erwiderte Lilith zittrig.
    Hastig fuhr ihre Hand hoch an ihre Oberlippe. Dahinter - ein vager Schmerz, gepaart mit einem dumpfen Druck, nicht wirklich un-angenehm, nur überraschend und in seiner Bedeutung erschreckend.
    Zwei Spitzen wie von Nadeln berührten ihre Unterlippe, und das eigenartige Gefühl im Oberkiefer verging.
    Liliths lang gehegte Zweifel an ihrem wahren Wesen verkümmerten binnen einer einzigen Sekunde. Sie brachte ihr Gesicht, immer noch wie gegen unsichtbaren Widerstand ankämpfend, näher an den Hals des Jungen heran.
    Einmal noch verfing sich ihr Blick in seinen Zügen. Sie erinnerte sich der spärlichen Gespräche, die sie auf dem Weg mit Pepe geführt hatte. Jetzt wünschte Lilith, sie hätte es nicht getan. Es war zwar nicht viel, was der Junge ihr erzählt hatte - über sein Leben, sein Zuhause und seine Familie. Aber es war genug, um Mitleid und Skrupel in Lilith zu schüren.
    Ihre Lippen öffneten sich, zögerlich, berührten dann die warme Haut des Halses. Sie schmeckte den salzigen Schweiß, und süß stieg ihr der Duft des Blutes in die Nase.
    Und dann - verbat Lilith sich jedweden Gedanken. Agierte nur noch, ohne zu darüber nachzusinnen, was sie da eigentlich tat. Sie ergab sich ganz und gar ihrem nunmehr unleugbaren Wesen, ihrem wiedererwachenden Ich. Und dieses Erwachen ging nicht zäh und Schritt um Schritt vonstatten, sondern glich einer Explosion, einem befreiten Aufbrüllen ihres tiefsten Inneren. Was dort auch eingekerkert gewesen sein mochte, es war jetzt endlich seiner Fesseln ledig und ließ sich nicht länger bändigen.
    Lilith saugte.
    Trank.
    Bis ihr die Sinne schwanden.
    *
    Lilith kam nicht langsam zu sich, klomm nicht mühsam hervor aus den Trümmern der

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